Das weltweit beliebte Computerspiel "Minecraft" nutzte ein 21-jähriger Pädophiler, um Kontakte zu Buben zu knüpfen. Und sie danach dazu zu bringen, ihm pornografische Selbstbilder zu schicken.

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Wien – Am 24. Jänner 2020 wurde David H. vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. In dem er wegen sexuellen Missbrauchs von mindestens sieben Buben und Kinderpornografie das unbedingte Jahr seiner dreijährigen Haftstrafe absitzen musste. Am 26. und 27. Jänner 2020, also nach zwei Tagen in Freiheit, griff der 21-Jährige auf sein Dropbox-Konto zu, auf dem hundert kinderpornografische Bilder und Videos abgespeichert waren. Und ab Mai 2020 begann er, via Computerspiel "Minecraft" im Internet zwei zwölfjährige Buben zu ködern, die ihm einschlägige Fotos von sich schickten. Also sitzt er nun wieder vor einem Schöffensenat, der von Martina Hahn geleitet wird.

Eigentlich hatte der Angeklagte Auflagen: Er wurde in einer betreuten Wohnung untergebracht und bekam eine Therapie, die er auch besuchte. Den psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann interessiert, wie es dennoch zu dem raschen Rückfall kommen konnte: "Sie wissen, dass man für den Besitz von Kinderpornografie ins Gefängnis kommt und es illegal ist. Wie funktioniert das bei Ihnen? War es Ihnen egal?", will er von A. wissen.

Beschwerden über Betreuung

Der Angeklagte schiebt es zunächst auf den Verein, der ihn nach der Haftentlassung betreut hat: "Der war eine ziemliche Katastrophe. Betreut wurde ich nicht, einmal pro Woche kam jemand vorbei", sieht er sich als Opfer. Hofmann lässt das nicht gelten und fragt nochmals. Diesmal lautet die Antwort: "Ich habe es verdrängt. Dass ich auf Bewährung heraußen bin. Dass es illegal ist." Zuvor hat der junge Mann der Vorsitzenden auch erklärt, der Verein habe ihm Laptop und Handy nicht abgenommen, daher habe er Zugriff auf die Kinderpornos gehabt.

Mit der Psychotherapie war er ebenso nicht einverstanden, wie A. auf eine entsprechende Nachfrage von Beisitzer Andreas Hautz sagt. "Die war auf jeden Fall nicht das Richtige für mich. Die jetzige Therapie bei der Männerberatung ist strenger", zeigt er sich zufrieden. "Ich bin gerade dabei zu lernen, dass ich das unterdrücken muss. Und bin meiner Meinung nach auf einem guten Weg", sagt der Angeklagte an anderer Stelle.

Die Staatsanwältin interessiert das: "Was reicht, Ihrer Meinung nach, um Sie von weiteren Straftaten abzuhalten?", fragt sie. "Therapie und Beschäftigung. Ich hatte ein Bewerbungsgespräch, das ist ganz gut gelaufen." – "Das reicht?" – "Und mein eigener Wille." – "Und den hatten Sie im Jänner 2020 nicht?" – "Ich habe mich selbst nicht wertgeschätzt", erläutert der Angeklagte. Und sagt auch, wie sich das gewandelt hat: Eines der beiden aktuellen Opfer, ein zwölf Jahre alter Deutscher, "hat mir gezeigt, dass man mich lieben kann".

Überzeugt von Beziehung zu Zwölfjährigem

Denn A. ist überzeugt, mit dem Kind in einer Beziehung gewesen zu sein – und dass dieses auch in ihn verliebt gewesen sei. Was er als Druckmittel einsetzte. Als er den Buben das erste Mal um Aktbilder bat, lehnte der erst einmal ab. "Das habe ich zunächst akzeptiert. Ein paar Tage später habe ich ihm gesagt, dass das dazugehört und es sonst für mich nicht funktioniert." – "Die Beziehung?", fragt die Vorsitzende. "Ja."

Wie Sachverständiger Hofmann in seinem Gutachten ausführt, sei A. manipulativ sehr geschickt und auch "sehr gescheit". Die Prognose sei schlecht, in Freiheit würde A. "mit großer Wahrscheinlichkeit weitere schwere Delikte" begehen. Die Hoffnung von Verteidigerin Julia Kolda, die eine nur bedingte Einweisung ihres Mandanten erreichen möchte, zerstört Hofmann recht unverblümt. "Ich wüsste kein Setting, um ihn extramural zu führen."

Kolda plädiert dennoch dafür, A. "noch ein letztes Mal eine Chance zu geben", die Anklägerin sagt dagegen, der Angeklagte "hat schon alle Chancen bekommen und sie leider nicht genutzt". Auch das Gericht sieht das so und verurteilt den 21-Jährigen bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis fünf Jahre Haft zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft und beschließt die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Nach längerer Beratung mit seiner Verteidigerin nimmt der Angeklagte sich drei Tage Bedenkzeit, auch die Staatsanwältin gibt keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 30.3.2021)