Die "Kronen Zeitung" und krone.at wurden vom Presserat für Berichte über die Justizanstalt Asten gerügt.

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Wien – Der Presserat hat die "Kronen Zeitung" und krone.at für Berichte über die Justizanstalt Asten gerügt. In den Artikeln "Chaos hinter Gefängnismauern" vom 10. Oktober 2020 ("Kronen Zeitung") und "Es herrscht Chaos hinter Gefängnismauern in Asten" vom Folgetag (krone.at) werden Vorwürfe gegen den interimistischen Leiter der Strafvollzugsanstalt erhoben, ohne ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen. Die Beiträge verletzen zudem seinen Persönlichkeitsschutz.

Die oberösterreichische Justizanstalt werde immer mehr zum "Chaos-Häfn", steht in den Artikeln. Insider würden von vier verletzten Bediensteten innerhalb von drei Wochen berichten. Eine anonyme Person erzählt von einer Attacke mit einem Sessel auf einen Angestellten, andere hätten Faustschläge und Fußtritte einstecken müssen. Auch ein Beamter sei im Einsatz verletzt worden. In den Monaten davor habe es Brandstiftungen und einen Suizid gegeben. All das führen "Insider" auf den Führungsstil des interimistischen Leiters zurück, der auch mehrmals namentlich genannt wird. Gegen ihn würden zudem staatsanwaltliche Ermittlungen laufen und seine Nachbesetzung lasse auf sich warten. Aus einer eingeholten Stellungnahme des Justizministeriums geht hervor, dass man die Vorfälle gelassen nehme.

Keine Stellungnahme eingeholt

Ein Leser wandte sich an den Presserat und kritisierte die Beiträge als Pamphlete gegen den Anstaltsleiter. Der Senat 1 des Selbstkontrollorgans nahm sich der Sache an und stellte zunächst fest, dass mögliche Missstände in einer Justizanstalt von großem Interesse für die Allgemeinheit seien. Daher könne man auch anonym zitieren. Dennoch müsse Beschuldigten die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt werden. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen, womit die "Kronen Zeitung" und krone.at gegen Punkt 2.3 (Pflicht zur Einholung einer Stellungnahme) des Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen haben, entschied der Presserat. Eine Stellungnahme des Justizministeriums könne nicht als Ersatz fungieren.

Das Selbstkontrollorgan sah auch den Persönlichkeitsschutz (Punk 5 des Ehrenkodex) des interimistischen Leiters verletzt. Die geschilderten Vorkommnisse in der Justizanstalt werden lediglich auf seinen Führungsstil zurückgeführt. Er werde in ein schlechtes Licht gerückt, was sich negativ auf sein weiteres berufliches Fortkommen auswirken könnte, so der Presserat.

Die "Kronen Zeitung" erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht an. Die Medieninhaber nahmen auch nicht am Verfahren teil. Sie werden dennoch aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. (APA, 31.3.2012)