Das grüne U-Ausschuss-Duo, Nina Tomaselli und David Stögmüller, fordert vehement den Abgang von Öbag-Chef Schmid – die ÖVP revanchiert sich mit Gegenangriffen.

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Der Ton zwischen Türkis und Grün gemahnt längst an die alten Zeiten von Rot-Schwarz – und das ist es eigentlich, was Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) immer vermeiden wollte. Doch seit Publikwerden der verräterischen türkisen Chatprotokolle rund um die Beförderung von Thomas Schmid zum Chef der Staatsholding Öbag kennen die Grünen kein Pardon mehr – von der Parteispitze abwärts bis zum Parlamentsklub fordern sie den Rückzug des engen Vertrauten von Kurz und Finanzminister Gernot Blümel.

Das Ende der Schonfrist für die türkise Regierungstruppe und ihre "Familie" leiteten Vizekanzler und Parteichef Werner Kogler sowie Klubchefin Sigrid Maurer schon am Dienstag ein – sie legten Schmid als Erste den Rücktritt nahe.

Schamlose SMS

Zur Wochenmitte verschärfen nun aber die grünen Aufdeckerzwillinge im Ibiza-U-Ausschuss, Nina Tomaselli und David Stögmüller, die Tonlage – und zwar auch in Richtung Kurz und Blümel. Stögmüller sagt zum STANDARD: "Die Schamlosigkeit, die in den SMS zutage tritt, zeigt, dass sich Schmid den Job selbst gebastelt hat." Und er meint: "Auch von den Leuten, die Schmid eingesetzt haben, erwarte ich mir, dass sie Schmid von der Funktion abziehen." Gemeint sind damit unmissverständlich auch der Kanzler und sein Finanzminister höchstpersönlich.

Auch die grüne Abgeordnete und Historikerin Eva Blimlinger gießt angesichts der Causa zusätzliches Öl ins Feuer: Sie drängt darauf, dass auch sämtliche SMS und Mails von den Diensthandys der Regierenden – so wie Briefe und Sitzungsprotokolle – "nach einer gewissen Frist" im Staatsarchiv deponiert werden müssen, damit für alle Zeit dokumentiert sei, wie bedenkliche Vorgänge wie der Postenschacher rund um die Öbag-Spitze abgelaufen sind.

Grüne Dreistigkeit

Angesichts der offenen Worte aus den grünen Reihen schlug am Mittwoch die ÖVP zurück. Dort schickte man den Hinterbänkler Andreas Hanger unter dem Motto "Wollt ihr uns pflanzen?" vor, um mit der jüngsten grünen Postenbesetzung unter Kogler abzurechnen: "Dass just der Kogler-Vertraute und Ex-Grün-Nationalratsabgeordnete Dieter Brosz als Abteilungsleiter für Sportstrategie versorgt wird", höhnte Hanger – während sich Tomaselli im Ö1-Morgenjournal über Besetzungen empöre. Zudem geißelte er die "Dreistigkeit" und "Doppelmoral" der Grünen. Im Büro von Kogler verwies man zu Brosz’ Besetzung prompt auf dessen Bestbewertung bei einem Hearing vor einer Begutachterkommission.

Aufsichtsrat am Zug

Auf Anfrage, ob Schmids Rücktritt für die ÖVP denn überhaupt kein Thema sei, kann Wolfgang Gerstl, Fraktionsleiter im U-Ausschuss, an dessen Bestellung im Jahr 2019 keine Unregelmäßigkeiten erkennen. Der Öbag-Aufsichtsrat habe sich Schmids Bestellung als Alleinvorstand nicht leichtgemacht, versichert er. Nun sei es auch Sache des Aufsichtsrats – und nicht der Politik –, für die Entscheidung geradezustehen. "Er wird die Situation genau beobachten und seine Konsequenzen ziehen, immerhin geht es um ein großes Vermögen der Republik", meint Gerstl. Ob er selbst Schmid angesichts dessen publikgewordener Chatnachrichten samt Diffamierungen von Parteikollegen und einem Kirchenvertreter noch vertraut, will der ÖVP-Abgeordnete trotz Nachfrage nicht beantworten. Er vertraue dem Aufsichtsrat, wiederholt er.

Loyale Westachse

Die schwarze Westachse steht trotz der jüngsten Aufregung weiterhin loyal zur türkisen Kanzlerclique in Wien. Aus Sicht der Salzburger ÖVP etwa braucht es keine Konsequenzen nach Bekanntwerden der Chats. Postenbesetzungen vorzunehmen sei auch der Job von Politikern, sagt Salzburgs ÖVP-Generalsekretär Wolfgang Mayer, und auch er geht in den Gegenangriff über, denn: "Wir finden das einigermaßen fragwürdig und empörend, wenn private SMS, die mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun haben und die aus dem Zusammenhang gerissen sind, an die Öffentlichkeit gezerrt werden." (Nina Weißensteiner, Theo Anders, Stefanie Ruep, Fabian Schmid, 31.3.2021)