Ganz zum Schluss stellte er sich noch für die Kampagne "Österreich impft" zur Verfügung: "Die Wahrheit ist, dass uns das Virus immer noch im Griff hat."

Der ehemalige Chefredakteur des "Kurier" und Kommentator des ORF, Hugo Portisch, ist verstorben.
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Die Wahrheit ist: Kein Journalist ist im Besitz der Wahrheit. Aber Hugo Portisch kam ganz schön nahe heran. Er war Österreichs wichtigster politischer Aufklärer. Er hat in den frühen Jahren der Zweiten Republik einem provinziellen kleinen Land mit einem beträchtlichen Nazi-Erbe und einer beklemmenden kommunistischen Nachbarschaft den Blick geweitet und geöffnet. Er hat "die Vergangenheit aufgearbeitet" – mit seinen unendlich detailreichen ORF-Dokumentationen. Und er hat den autoritär geprägten Österreichern gezeigt, dass es da draußen eine Welt mit freiem, offenem, demokratischem Denken gab. Das Sowjetreich ist zerfallen, der demokratische Leuchtturm USA ist ziemlich lichtschwach geworden. Aber die grundsätzliche Haltung, die Hugo Portisch verkörperte, der Geist der Aufklärung, der Weltoffenheit, der Liberalität, der Toleranz und, ja doch, des "Westens", hat ihren Stellenwert behalten.

Er war ein Profi. Ein Arbeitstier. Ein Genauer, dem immer noch ein Aspekt einfiel. Freche, junge Redakteurshupfer, die ihn für leicht altmodisch hielten, beschämte er durch überwältigendes Wissen – und überirdische Höflichkeit. Er arbeitete bis zuletzt. Sein letztes Buch (Russland und wir) erschien Ende 2020. Wahrscheinlich wird er in der anderen Welt weitermachen. (Hans Rauscher, 2.4.2021)