Künstliche Haare bringen die Wahrheit ans Licht

Clip-in-Stirnfransen gefallen auch der Mama nicht.
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Tiktok ist schuld. Seit ich meine Wohnung nur für Spaziergänge verlasse, ist die Videoplattform mein Fenster zur Welt. Der Algorithmus kennt mittlerweile meine tiefsten Wünsche und Bedürfnisse. Öffne ich die App, sehe ich niedliche Tiervideos und pittoreske Landschaften. Den Fehlkauf löste jedoch eine junge Frau aus. Sie nutzte in einem Posting Clip-in-Stirnfransen – und sah plötzlich cool und gewitzt aus. Wow, dachte ich, ich kann auch ganz anders aussehen. Gedacht, bestellt und herausgefunden: Mit meinem Fake-Pony sehe ich gar nicht aus wie Zooey Deschanel. Stattdessen wirkt es, als hätte ich mir ein Eichhörnchen auf die Stirn geklatscht. Ein Gutes hatte der Kauf aber: Bei einem Videotelefonat mit meiner Familie trug ich meinen Fake-Pony. Meine Mama dachte, ich hätte mir die Haare wirklich schneiden lassen. Dank des Ponys weiß ich jetzt, wie sie aussieht, wenn sie lügt, um meine Gefühle zu schützen. (agr)

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Fusselrasierer als Beschäftigungstherapie

Entfernt mehr oder weniger gut Knötchen: Fusselrasierer.
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Kennen Sie das, wenn der Lieblingspulli im Lockdown so oft getragen wurde, dass er kleine Knötchen an den Ärmeln hat? Oder die Fussel auf dem Wintermantel, dort, wo die Handtasche stetig scheuert? Diese Gebrauchsspuren sind zwar keine große Stilsünde – zumal es aktuell eh keine Anlässe für gestriegelte Kleidung gibt. Aber ohne Fussel sind die Pullis einfach schöner, denke ich mir bei Betrachtung. Und schon ist der Fusselrasierer im Warenkorb und mit ihm die Nebenbeschäftigung für die nächsten Serienabende gesichert. Vor dem Fernseher häcksle ich, wie mit einem Miniatur-Rasenmäher, die Fluseln Quadratzentimeter für Quadratzentimeter klein. Das ist befriedigend, aber die Wirkung der Beschäftigungstherapie hält nicht lange: Nach einem Mal Tragen sind die Fussel wieder da. Und beim Rasierer-Dauereinsatz wird der geliebte Wollpulli immer dünner. Dann lieber gleich in Kleidung ohne Pilling investieren (set).

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Sardellenöl ist nur bedingt das Salz in der Suppe

Exklusiv, aber braucht man nicht: Würzöl aus Sardellen.
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In diesen Tagen, wo einfach nichts passiert, muss wenigstens das Abendessen ein Highlight sein. Tagsüber sitzt man im Homeoffice, verreisen darf man nicht, mit Freunden ins Beisl gehen ist auch nicht erlaubt, was bleibt da noch? Richtig: fernsehen – und essen. Das Fläschchen verdanke ich also der Amazon-Dokuserie Eat the World. US-Koch Emeril Lagasse stößt in Kampanien auf "Colatura di Alici", eine in sechs Monaten in Eichenholzfässern gewonnene Essenz aus gesalzenen Sardellenfilets. Lagasse träufelt, er schmatzt, er glückseelt – und ich bestelle sofort im italienischen Gourmet-Shop. Es ist nur so: Es gibt nicht viele Rezepte, bei denen die Würzsauce passt, es sei denn, man mag fischiges Salz – oder salzigen Fisch. Ich habe nur einmal damit gekocht: Pasta, auf die ich – à la Lagasse – das Sardellenöl geschüttet habe. Die Nudeln haben nach salzigem Fisch geschmeckt. Vielleicht lastet momentan einfach zu viel Druck auf dem Essen. (nas)

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Therabänder trainieren den Körper auch nicht von allein

Wozu sind diese Dinger eigentlich gut?
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Oh, was habe ich sie im ersten Lockdown gehasst. Die Fitness-Influencer, die einem ins Ohr brüllen, dass genau jetzt die richtige Zeit ist, seinen Körper in Form zu bringen, man hätte ja nichts anderes zu tun. Und weil ich Konflikte nicht mag, habe ich mich zu diversen Eigenkörpertrainings hinreißen lassen – mit mäßigem Erfolg. Da muss es doch noch mehr geben, dachte ich mir. Wie immer, wenn die Langeweile zu groß wird, kauft man sich Zubehör, um die Motivation zu steigern. Also habe ich mir Therabänder geholt, um die Übungen effizienter zu gestalten. Nur hat mir bis heute keiner richtig erklärt, was genau ich mit den Dingern machen soll. Und dann ist mir so ein Teil beim Workout auch noch mit voller Wucht ins Gesicht geschleudert. Jetzt hängen die Therabänder seit zwei Lockdowns neben den Gardinen und fristen ein trostloses Dasein. Meine Lehre: Joggen ist das einzig Wahre. Weil weit ungefährlicher. (poll)

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Es geht kein Flug nach Nirgendwo – aber er ist verbilligt

Pure Provokation in der Pandemie: Reise-Rabatte.
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Armenien war schuld. Ich wollte mit meinem besten Freund im April hin, gebucht haben wir am 27. Jänner. Als Fleißaufgabe nahm ich die Mitgliedschaft im "Discount Club" der Airline mit: 50 Euro gespart, 40 für die Mitgliedschaft gezahlt. Ich kam mir vor wie der Warren Buffett Wiens. Und dann: eh scho wissen.

Das Geld für den Flug kam zurück, auf der Club-Mitgliedschaft blieb ich sitzen. Nicht nur die sinnloseste Investition meines Lebens, sondern auch die provokanteste. Regelmäßig kamen E-Mails, welche Flüge es denn nun theoretisch gäbe – erst zu einer Zeit, wo noch kein Mensch flog; dann zu einer Zeit, wo kein Mensch mehr flog. Subtext: "Hier, schau, wo du noch günstiger nicht hinfliegen kannst!" Ende Jänner ist die Mitgliedschaft abgelaufen. Würde ich es wieder tun? Klar. Der gerissene Geschäftsmann in mir beurteilt den Prozess, nicht das Ergebnis. Nur blöd, dass mir der Typ 40 Euro schuldet. (schau)

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Ein Hosenanzug wird vom Hängen nicht besser

Die Pandemie verbannt den Hosenanzug in den Kasten.
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Es hätte ein schönes Fest werden sollen und war im Kalender rot eingezeichnet: Am 18. März 2020 wollten wir den monatelang vorbereiteten Relaunch unseres Magazins RONDO exklusiv gebührend feiern. Da kam ein Supersale beim britischen Designer Paul Smith einige Wochen davor gerade recht. Ein Hosenanzug fehlte sowieso im Kleiderrepertoire. Zum karierten Zweiteiler orderte ich außerdem noch eine für mich total untypische grellbunt gemusterte Seidenbluse, die – so der Gedanke – die Businesslook-mäßige Strenge des Anzugs brechen sollte.

Vermutlich hätte die Kombi für den Event richtig gut gepasst, aber angesichts der Corona-Entwicklung damals wurde er schon vor dem ersten Lockdown abgesagt und nicht nachgeholt. Überhaupt, das mit dem Passen ist nach über einem Jahr so eine Sache. Das lange Hängen im Kasten hat dem feinen Tuch nämlich gar nicht gutgetan: Es ist definitiv geschrumpft. (ped)

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Akkuleuchte für die Blendung von Heimwerkern

Die Akkuleuchte wird ohne Ladegerät geliefert.
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Die kleine Arbeitsleuchte hatte es mir sofort angetan. Erstens weil sie auch blinken kann – wer in seiner Jugend nie lichtorgeln durfte, leidet vermutlich lebenslang an stroboskopischer Besessenheit. Zweitens gibt es in jedem Haushalt dunkle Ecken. Wenn es etwa in der Höhle im Kasterl unter dem Spülbecken tropft, möchte man gern erforschen, wo genau. Die mobile Arbeitsleuchte hat LED und Akku. Ich schalte sie ein, es bleibt finster. Also zuerst einmal aufladen. Ladegerät? Bewusst drauf verzichtet, heißt es frech in der Anleitung. Also das Handydings verwenden. Bis der Akku voll ist, geht das Häferl, das die Tropfen auffängt, dreimal über. Dann aber: Es werde Licht. Und zwar so, dass es dir unter der Abwasch die Augen einhaut. Nach einer Viertelstunde kann ich wieder fast normal sehen, greife zur alten Taschenlampe, wechsle eine Dichtung aus. Der Akkuleuchte nähere ich mich nur mehr mit Sonnenbrille. (simo)

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Die Haarcreme mit Nebenwirkungen als Grooming Fail

Doch kein Wundermittel gegen Grauschimmer.
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Mit jedem Lockdown wurde das Haar unbändiger. Bei genauer Videokonferenzbetrachtung schien die Quarantänemähne außerdem einen seltsamen Grauschimmer zu haben, der nicht auf ein digitales Problem zurückzuführen war. Der Offline-Check bewies: Der Corona-Jammer hat das früher so satte Beige-Braun in ein Beige-Grau-Braun verwandelt. Uneitel wie ich bin, hat mich das natürlich nicht berührt. Null! Bis ich zufällig im Internet diese Pomadewerbung reingespült bekam. "Darkens your grey hair", hieß es da – das Original seit 1873. Zusatz: "Keeps your hair looking healthy and well groomed." Bingo! Was sich der Kanzler trotz Krise gönnt, gönn ich mir günstiger. Selbst ist der Groomer! Und zack war das Wundermittel bestellt. Das Problem: Die Haare wurden nicht wirklich dunkler, nur fettiger, ich roch nach Schuhpaste. Die Erkenntnis: Mit Pomade bekommt man Pickel auf der Kopfhaut, ohne nicht. (ras)

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Der Entsafter gehört zurück in den Saftladen

Vor dem Weltuntergang gibt’s noch flüssige Vitamine.
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Früher oder später wird jeder zum Prepper. Meine Familie kümmerte sich aber gleich zu Beginn der Pandemie um die Vitaminzufuhr während des Weltuntergangs – in Form vieler, vieler saisonaler Obst- und Gemüsesorten. Man möchte ja einigermaßen gesund durch die Apokalypse kommen. Bis dahin bleiben uns regelmäßig Stangensellerie, Steckrüben oder Sternfrüchte über. Was tun damit, ehe diese vergammeln? Wir kauften uns einen Entsafter, der auch prompt von dem kleinen regionalen Händler (Amazon) geliefert wurde. Mit der Presse, so das Kalkül, würden wir vor dem Weltuntergang wenigstens keine Lebensmittel verschwenden. Das Ding ratterte wochenlang. Irgendwann lasen wir dann, dass auch Fruchtzucker nicht gesund ist. Seither steht die Presse still. Wir wünschten, wir könnten sie an den Saftladen zurückschicken. Doch auch in der Apokalypse gilt nur ein 14-tägiges Rückgaberecht. (saum)

(3.4.2021)