Was dem hl. Hieronymus, was Martin Luther nicht im Traum eingefallen ist, woran Generationen von Theologen scheiterten, das hat Thomas Brezina geschafft.

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Ja, es gibt in diesen schweren Zeiten auch gute Nachrichten. Zum Beispiel jene, die "Kurier"-Chefredakteurin Martina Salomon eine Woche vor Ostern verkünden konnte. Dieser Tage gab es für den "Kurier" einen überraschenden "Love-Storm". Die Leserschaft bedankte sich für einen Leitartikel über die großen und kleinen Siege im Pandemiejahr. Es verhält sich nämlich so: Die Flut negativer Nachrichten lässt vergessen, dass die Errungenschaften der Neuzeit nicht verloren gegangen sind. Das macht Hoffnung.

Der "Kurier" hatte offenbar gegen diese Vergesslichkeit angeschrieben und damit einen "Love-Storm" in der Leserschaft geweckt, der für die Schreiberschaft so überraschend kam, dass die Chefredakteurin die Attacke gegen die Vergesslichkeit in Sachen Errungenschaften der Neuzeit ein zweites Mal in Szene setzte. Natürlich verzweifeln gerade heimische Gastwirte, Händler, freiberufliche Künstler, Arbeitslose über den Endlos-Lockdown. Ihre Lage ist dramatisch, dennoch können Sie (sic!) sich auf eines der besten Sozialsysteme verlassen – und darauf, dass es bergauf gehen wird, wenn wir diese größte Krise der Zweiten Republik hinter uns gelassen haben. Es handelt sich hier um das bekannte "Licht am Ende des Tunnels"-Syndrom.

"Kurier" im "Love-Storm"

Es wäre eine Überraschung, wenn sich die verzweifelten heimischen Gastwirte, Händler, freiberuflichen Künstler und Arbeitslosen an dem "Love-Storm" beteiligt hätten, der den "Kurier" überraschte. Für sie hatte Salomon immerhin den Trost, alle Errungenschaften der Neuzeit bleiben ja bestehen. Dennoch eher unwahrscheinlich, dassetwa freiberufliche Künstler darob in einen Taumel der Begeisterung über das beste Sozialsystem der Welt geraten.

In "Österreich" durfte sich der Bildungsminister in ähnlich salomonischer Weise betätigen. Was ich mit Sicherheit sagen kann: Die Kinder haben dieses Jahr so viel gelernt wie noch nie. Sollte das wahr sein, darf die Pandemie schon aus pädagogischen Gründen nimmer enden. Vielleicht beherrschen sie nach dem heurigen Jahr nicht den gesamtenLehrstoff, aber sie haben viele andere Fähigkeiten erworben: unter Druck Leistung zu zeigen, flexibel zu sein, digital zu lernen, selbstständig zu arbeiten. Natürlich ist der Lehrstoff nicht so wichtig, es ist nur schade, dass diese Fratzen so wenig Dankbarkeit für die Chance an den Tag legen, in diesem Jahr so viel gelernt zu haben wie noch nie.

Enttäuscht und zornig

Dass in einer Woche wie dieser der Dompfarrer von Wien zu spiritueller Hochform aufläuft, ist normal, ungewöhnlich aber, dass sich ihm heuer der Kinderbuchautor Thomas Brezina zugesellt hat. Bereits am Palmsonntag proklamierte Hochwürden Faber in "Österreich am Sonntag" mit Getöse sein stillstes Osterfest. Aber man hat ja keine Ruhe. Ich war fürchterlich enttäuscht und ich war zornig. Ich war von den Socken, als er vom vatikanischen Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare vernehmen musste. Wie konnte das dem Papst nur passieren? Ich kann mir nur vorstellen, dass er in der Vorbereitung seiner großen Irak-Reise andere Sorgen im Kopf gehabt hat und ihm das durchgerutscht ist. Wäre ja nicht das erste Mal, dass dem Vatikan was durchrutscht. Wenn’s nur keine Hexenverbrennung ist.

Dem geistigen Vater von Tom Turbo ist nach etlichen Kinderbüchern rechtzeitig zum Osterfest Die Bibel in Reimen durchgerutscht. Woran Generationen von Theologen scheiterten, ist Thomas Brezina gelungen, schweißte "News" ihn und den Dompfarrer zu einer Story zusammen: Die Schöpfungsgeschichte samt Erbsünde, das Leben und Sterben Jesu, alles in einem Aufwaschen und in Reimform, was sich dafür als optimal erwies. "Sie zwingt den Autor, auf das Wesentliche zu kommen und es so bildhaft wie möglich auszudrücken."

Zu Tränen gerührt

Was dem hl. Hieronymus, was Martin Luther nicht im Traum eingefallen ist, woran Generationen von Theologen scheiterten, das hat Thomas Brezina geschafft. Das Wesentliche der Bibel, endlich gibt es sich in Brezinas Reimen zu erkennen. Ein Mysterium, Toni Faber und Bibelexperten berieten ihn dabei. Kein Wunder, dass Berater Toni Faber gestehen musste: "Als ich es gelesen habe, war ich von diesen Geschichten, die ich seit 40 Jahren kenne, zu Tränen gerührt."

Nicht nur das. Er konnte dem Reimer bestätigen: "Durch die Arbeit an der Bibel ist er im Reich Gottes in der ersten Reihe." Das sollte kein Problem sein. Er muss nur noch über die Himmelsleiter der Billi Thannerzur Spitze des Stephansturms, dann ist es nicht mehr weit zum Reich Gottes. (Günter Traxler, 3.4.2021)