Caritas-Präsident Michael Landau ist "irritiert" über die Postenbesetzungs-Nachrichten und hält es für "fatal", dass Österreich sich nicht am EU-Kompromiss zur Impfstoffverteilung beteiligt.

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Wien – Eine öffentliche Entschuldigung bei der Bevölkerung fordert Caritas-Präsident Michael Landau von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der Grund: die bekannt gewordenen Chat-Protokolle zwischen Kurz und seinem Vertrauten Thomas Schmid. Im STANDARD-Gespräch weitet Landau seine Kritik noch aus: Die mangelnde Solidarität Österreichs bei der Verteilung der Covid-Impfstoffe innerhalb der EU hält er für "fatal".

Zur Erinnerung: In den veröffentlichten Chats ging es primär um den (mittlerweile erfüllten) Wunsch Schmids, Chef der staatlichen Industriebeteiligungsgesellschaft Öbag zu werden. Ein Nebenaspekt betrifft aber auch die Glaubensgemeinschaften: Im Frühjahr 2019 war Schmid noch Generalsekretär im Finanzministerium und traf sich beruflich mit Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz.

"Bitte Vollgas geben"

Im Vorfeld schrieb Schmid dem Bundeskanzler, im Rahmen eines "Steuerprivilegienchecks" werde auch "die Kirche massiv hinterfragt". Die Reaktion des Bundeskanzlers: "Ja super. Bitte Vollgas geben." Auch nach dem Treffen im März 2019 meldete Schmid sich wieder bei Kurz. "Also Schipka war fertig!", teilte er mit. Und präzisierte: "Er war zunächst rot dann blass dann zittrig. Er bot mir Schnaps an den ich in der Fastenzeit ablehnte weil Fastenzeit. Waren aber freundlich und sachlich." Der Bundeskanzler zeigte sich daraufhin erfreut: "Super danke vielmals!!!! Du Aufsichtsratssammler :)".

Im Ö1-Magazin "Saldo" zeigte sich Caritas-Präsident Landau nun nicht nur ob der Kirchenkonversation, sondern auch über den möglichen Postenschacher bei der Öbag verwundert. "Mich haben diese SMS irritiert", sagte er in der Sendung. Seinen Informationen nach habe der Bundeskanzler sich bei Schipka zwar mittlerweile persönlich entschuldigt, Landau ortet aber ein größeres Problem. "Ich fände es aber auch eine Frage des guten Stils, eine solche Entschuldigung auch öffentlich bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes anzubringen, wenn es um die Besetzung von öffentlichen Ämtern und in diesem Zusammenhang die öffentlich gewordenen SMS geht."

"Halte ich für fatal"

Im STANDARD-Gespräch legt Landau noch nach. Er kritisiert auch die "mangelnde Solidarität" Österreichs im Zusammenhang mit dem sogenannten Impfstoffausgleich in der EU. Bei einer auf das zweite Quartal vorgezogenen Lieferung von zehn Millionen Dosen des Biontech-Vakzins haben sich Österreich, Tschechien und Slowenien ja geweigert, Impfnachzüglern Extradosen zu gewähren. "24 Mitglieder beteiligen sich am Solidaritätsausgleich für die ins Hintertreffen geratenen Staaten, aber Österreich ist nicht dabei. Ich halte das für fatal. Wir brauchen bei der Bekämpfung der Pandemie viel mehr Solidarität. Wenn ich daran denke, wie ein Alois Mock die ÖVP zur Europapartei gemacht hat, bin ich konsterniert", stellt Landau fest.

Ob sich der Bundeskanzler die Kritik zu Herzen nimmt? Schwer zu sagen. Kontaktversuche mit zwei der Pressesprecher von Kurz via Telefon und Mail und der Bitte um eine Stellungnahme blieben bis Redaktionsschluss ohne Reaktion. (Michael Möseneder, Hans Rauscher, 2.4.2021)