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Wien – Die Familien jener beiden Österreicher, die im Iran zu Haftstrafen verurteilt worden sind, haben sich in einem offenen Brief an Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gewandt. Sie fordern ihn auf, bei den Dienstag in Wien stattfindenden Gesprächen rund um eine Rettung des Atomabkommens auf die Freilassung der beiden Autoiraner zu pochen. Massud Mossaheb und Kamran Ghaderi sind seit 2016 beziehungszweise seit 2019 im Iran in Haft. Sie wurden jeweils zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, beiden warf der Iran Spionage vor. Beweise wurden bei den Prozessen keine präsentiert.

Die Familien der beiden Inhaftierten werfen der österreichischen Regierung vor, sich bisher nicht ausreichend für die Enthaftung engagiert zu haben. Im Brief an Schallenberg heißt es unter anderem, dieser fordere weder öffentlich die Freilassung, "noch erkennen Sie öffentlich das Unrecht, die Folter und die Unrechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung an". Nach Jahren der "Stillen Diplomatie", auf die das Außenministerium die Familien verwiesen hatte, immer noch keine weiteren Schritte zu setzen, zeige entweder "Resignation, fehlenden Einsatz oder mangelnden Willen, sich alternative Strategien zu überlegen". Dass Schallenberg derweil durchaus die Freilassung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny forderte, zeigte zudem, dass am Minoritenplatz mit zweierlei Maß gemessen werde, wird in dem Brief angedeutet.

Viele Doppelstaatsbürger in Haft

Mossaheb, Generalsekretär der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft, war 2019 im Iran verhaftet worden. Er befand sich damals im Kontext eines Projekts der niederösterreichischen MedAustron, die in Teheran ein Zentrum für Ionentherapie errichtet hat, in der iranischen Hauptstadt. Mittlerweile ist er 74 Jahre alt, die Haftbedingungen im berüchtigten Evin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt geben besonders angesichts seines Alters und mehrerer Erkrankungen Anlass zur Sorge. Auch Ghaderi, ein österreichischer IT-Experte, sitzt in Evin ein. Die Gründe für ihre Verhaftungen und späteren Verurteilungen können sich beide nicht erklären.

Allerdings werden immer wieder Fälle bekannt, in denen der Iran Doppelstaatsbürger – nach Ansicht des Teherans kann die iranische Staatsbürgerschaft nie abgelegt werden – festgenommen hat. Häufig nutzt das Land die Gefangengen als strategischen Faustpfand im Austausch für Forderungen, die es an westliche Staaten stellt. Der Druck auf die Angehörigen ist groß. Man müsse sich vorstellen, wie es sei, "wochenlang kein Lebenszeichen von seinem Vater oder seinem Ehemann zu bekommen", oder deren "gebrochene Stimmen zu hören, gepeinigt nach wochenlanger Einzelhaft und psychologischer Folter".

Schallenberg, dessen Ministerium den Angehörigen stets mitgeteilt habe, man werden die Fälle "bei passender Gelegenheit" ansprechen, solle erkennen, dass die Gespräche am Dienstag eine solche "passende Gelegenheit" darstellen würde, heißt es in dem Brief nun. Man hege die Hoffnung, der Außenminister werde am Rande der Verhandlungen nachdrücklich die sofortige Freilassung der Gefangenen fordern. (red, 5.4.2021)