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Endlich darf man in Großbritannien ab kommender Woche wieder zum Friseur.

Foto: Reuters

2.297 Corona-Fälle hat es zuletzt gegeben. Nicht in Österreich – da waren es Montag 2.217 –, sondern im nach Bevölkerungszahl mehr als siebenmal größeren Vereinigten Königreich. Stetig fallende Infektions- und Todeszahlen sowie der fortdauernde Erfolg des Impfprogramms ermöglichen Großbritannien daher nun weitere Schritte aus dem Corona-Lockdown. Boris Johnson bestätigte am Ostermontag nach einer Kabinettsitzung den vor sechs Wochen verkündeten Fahrplan seiner konservativen Regierung. Man werde auch weiterhin "sehr vorsichtig" vorgehen, beteuerte der Premierminister.

Jedenfalls brachte der Premierminister vielen frohe Kunde, als er Ostermontag vor die Presse trat: Wie im Lockerungsplan der konservativen Regierung vorgesehen dürfen Restaurants und Gaststätten von nächster Woche an wieder öffnen, zunächst allerdings nur im Außenbereich. "Ich werde kommenden Montag vorsichtig, aber unabänderlich im Biergarten ein Pint trinken", teilte Boris Johnson in Anspielung auf das erklärte Vorgehen seiner Regierung mit.

Bei Pässen auf der Bremse

Hingegen bremste der konservative Politiker die zuletzt überschäumende öffentliche Debatte über sogenannte Covid-Pässe. Spätestens wenn von Mitte Mai an Kinos und Theater sowie Sportstadien wieder ihre Tore öffnen, müssten Eintrittskartenbesitzer ihre Impfung gegen Sars-CoV-2 oder einen kürzlichen Test vorweisen, hatten viele Medien spekuliert. Soweit sei man noch lange nicht, sagte Johnson. Für die nächsten beiden Öffnungsschritte kommende Woche sowie im Mai werde es ein "Covidstatus-Zertifikat" nicht geben: "Da gibt es schwerwiegende ethische und praktische Fragen zu bedenken."

Solche Einwände hatten sowohl der Labour-Oppositionsführer Keir Starmer wie rund drei Dutzend Abgeordnete aus Johnsons Unterhaus-Fraktion erhoben. Deren Anführer Graham Brady warnte die Regierung am Montag im Tory-nahen "Daily Telegraph", man müsse eine Abkehr von der drakonischen Covid-Gesetzgebung schaffen und zum alten "Fundament britischer Freiheit" zurückkehren: "Alles ist erlaubt, was ein Gesetz nicht ausdrücklich verbietet."

Ruf nach Sicherheitsnetz

Impfgegner spielen in der öffentlichen Diskussion auf der Insel kaum eine Rolle. Doch fürchten sie, vom öffentlichen Leben ausgeschlossen zu werden. Schon spricht die Regierung davon, neben dem geplanten Impf-App solle auch ein aktueller Covid-Schnelltest oder der Nachweis einer kürzlichen Covid-Erkrankung zur Zugangsberechtigung für öffentliche Vergnügungen reichen.

Von Ende kommender Woche erhält die gesamte Bevölkerung die Chance, sich zweimal pro Woche auf Sars-CoV-2 testen zu lassen. Das sei schön und gut, moniert die Labour-Opposition; wer aber positiv teste, müsse finanziell abgesichert sein, um die dann fällige Selbstisolation zuhause auch durchstehen zu können.

Inzwischen sind auf der Insel 31,6 Millionen Menschen mindestens einmal gegen Sars-CoV-2 geimpft, beinahe die Hälfte der gesamten Bevölkerung. Bei den über 70-Jährigen lag die Impfquote bei 95 Prozent. Auch bei den zweifach Geimpften, wo man lange im Hintertreffen war, liegt Großbritannien mittlerweile mit 7,9 Prozent vor vergleichbar großen Ländern wie Deutschland (5,2) oder Frankreich (4,5), aber auch vor Österreich (6,3).

Mehr als 126.000 Menschen sind an Covid-19 gestorben, damit steht das Land weiterhin im Europavergleich sehr schlecht da. Zuletzt fiel die tägliche Todesrate rapide auf 35 (Deutschland: 156). Auch der Sieben-Tages-Wert von Neuinfektionen pro 100000 Einwohner ist in den vergangenen Wochen stetig auf zuletzt 47,6 gefallen.

Turnen möglich, Privatbesuche nicht

Außer der Gastronomie kann von kommender Woche an der gesamte Einzelhandel ebenso seine Tore öffnen wie Fitnessstudios, Schwimmbäder und Bibliotheken, vorausgesetzt, die entsprechenden Maßnahmen zur sozialen Distanzierung sind gewährleistet. Besonders sehnsüchtig warten viele auf die Öffnung der Friseursalons; in Schottland sorgte dieser Öffnungsschritt schon am Montag für Vergnügen. Ohnehin weichen die anderen Regionen Nordirland, Schottland und Wales mit ihren je eigenen Regierungen bei manchen Lockerungen vom bei weitem größten Landesteil England ab.

Nach den Osterferien beginnt für alle Kinder und Jugendlichen sämtlicher Jahrgangsstufen wieder der Schulunterricht vor Ort. Auch planen einzelne Universitäten, deren Programm in den vergangenen Monaten ausschließlich online ablief, wieder erste Experimente mit Seminaren in Kleingruppen.

Über die Osterfeiertage durften sich erstmals in England wieder sechs Menschen aus unterschiedlichen Haushalten in Parks oder Privatgärten versammeln. Auch ist es Amateurteams seit einer Woche wieder erlaubt, gemeinsam Sport zu treiben. Hingegen bleiben Besuche in anderen Wohnungen weiterhin verboten. (Sebastian Borger aus London, 5.4.2021)