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Winner.

Foto: AP / Hall

Eine der anachronistischeren Traditionen der Sportwelt hat am Ostersonntag ihr 166. Kapitel bekommen. Die Ruder-Achter von Cambridge feierten im Duell der englischen Elite-Universitäten einen Doppelsieg gegen Oxford, sowohl die Frauen als auch die Männer gewannen äußerst knapp.

Erstmals fand eine offizielle Ausgabe des seit 1829 ausgetragenen Boat Race nicht auf dem traditionellen Kurs auf der Themse statt. Aus Sorge vor einer Zuschaueransammlung wurde das Rennen auf den Fluss Great Ouse verlegt, wo schon 1944 ein kriegsbedingt inoffizielles Boat Race gerudert worden war. Die 4,89 Kilometer von Ely nach Littleport nannte Cambridge-Steuermann Andrew Probert einst "verdammt kalt, verdammt gerade und verdammt langweilig".

Kleiner Knicks

Verdammt kalt war zumindest die Luft nicht, es hatte 16 Grad. Verdammt gerade war der Kurs auch 2021, es gab auf schläfrig ruhigem Wasser nur einen kleinen Knicks nach zwei Kilometern. Die gewundene Themse lädt mit ihren Strömungen zu strategischen Scharmützeln ein, vom Great Ouse kann man das nicht behaupten. Der Fairness halber war das auch gut – die Aushilfsstrecke führt direkt am Cambridge University Boathouse vorbei, der Heimvorteil wäre so enorm gewesen.

Und verdammt langweilig? Keineswegs, was den Wettstreit betrifft. Im Frauen-Rennen trafen mit Katie Anderson (Oxford / 21 Jahre) und Sarah Portsmouth (Cambridge/19) zwei langjährige Schulfreundinnen aufeinander. "Wir waren so eng, dass es sich fast wie eine Geschwisterbeziehung angefühlt hat", sagte Portsmouth dem Guardian.

Vorgelegt

Auch auf dem Great Ouse waren die zwei sehr eng, allerdings im wörtlichen Sinn. Cambridge begann stärker, nach 1500 Metern hatte aber Oxford den Bug vorn. Deren Steuerfrau Costi Levy kassierte einige Warnungen der Schiedsrichterin, da sie dem gegnerischen Achter grenzwertig wenig Platz ließ. Cambridge holte sich kurz nach Rennhalbzeit die Führung zurück und schien zu entwischen, ehe die "Dark Blues" wieder etwas herankamen – für einen weiteren Führungswechsel reichte es aber nicht mehr. Nach 16 Minuten und 29 Sekunden überquerte Cambridge die Ziellinie, im ewigen Vergleich der Frauen steht es nun 45:30 für Cambridge.

Auch bei den Männern entspann sich anschließend ein Thriller. Vor zwei Jahren hatte Cambridge seinen Rivalen noch um fünf Bootslängen distanziert, auch diesmal schien sich nach dem Start ein deutlicher Sieg anzubahnen. Nach 500 Metern hatten die "Light Blues" bereits eine Bootslänge Vorsprung, Oxford ließ sich diesmal aber nicht abschütteln und hatte nach zwei Kilometern nur noch eine Viertellänge Rückstand.

Im Finish hatten aber die Mannen von Cambridge-Steuermann Charlie Marcus den längeren Atem und gewannen mit einer Bootslänge Vorsprung. Erstmals in diesem Jahrtausend gelang Cambridge ein Hattrick, auch Sarah Winckless schrieb als erste weibliche Offizielle im Männer-Rennen Geschichte. Sie musste Marcus mehrfach ermahnen, um ein Zusammenkrachen der Ruder zu verhindern. Cambridge hält nun bei 84 Siegen, Oxford hat 81-mal gewonnen. 1877 endete das prestigeträchtige Rennen unentschieden.

Quotenplatzjagd

Auch abseits des Boat Race tat sich am Wochenende etwas in der Ruderwelt: Alle drei ÖRV-Boote sind bei der europäischen Olympia-Qualifikation in Varese im Rennen um einen Quotenplatz für Tokio. Der Leichtgewicht-Doppelzweier der Männer mit Paul Sieber / Julian Schöberl zog als Vorlaufzweiter ebenso in das A-Finale ein wie jener der Frauen in der Besetzung Valentina Cavallar / Louisa Altenhuber mit Rang drei, sie brauchen am Mittwoch Platz eins oder zwei für einen Quotenplatz. Lukas Reim erreichte im Einer als Vorlaufdritter das Semifinale, für Olympia müsste er Dritter werden. Für jede Nation steht allerdings insgesamt nur ein Qualifikationsplatz zur Verfügung, bei mehreren Erfolgreichen entscheidet der Verband. (schau, 5.4.2021)