Nicht nur an den Hängen von Hernals fiel Dienstagfrüh Schnee, auch in Nuuk, Grönland. Der dortige Ministerpräsident Kim Kielsen (Samiut) lacht ganz oben von den Wahlplakaten.

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Gerade einmal so viele Einwohner wie Wien-Hernals hat Grönland – bei einer Fläche, die sechsmal so groß ist wie Deutschland. Dass die 56.000 Bewohnerinnen und Bewohner der größtenteils eisbedeckten Insel im Nordatlantik nun am Dienstag ein neues Parlament wählen, würde unter diesen Umständen eigentlich außerhalb Grönlands höchstens unter "ferner liefen" beachtet.

Und doch blickt man dieses Mal zwischen Washington und Kopenhagen genauer hin, wenn sich in der Hauptstadt Nuuk das grönländische Parlament neu konstituiert. Der Grund für das plötzliche Interesse heißt Kvanefjeld.

460 Kilometer südöstlich von Nuuk liegt dort auf einer unwirtlichen Landzunge im eiskalten Meer ein wahrer Goldschatz: eine der größten Lagerstätten für seltene Erden nämlich, konkret das sechstgrößte Uran-Vorkommen der Welt.

So begehrenswert ist der Rohstoffreichtum der bis heute unter dänischer Kontrolle stehenden Rieseninsel, dass US-Präsident Donald Trump 2019 sogar mit einem Kaufangebot für Aufsehen sorgte – freilich vergebens: Die Insel stehe nicht zum Verkauf, ließ Nuuk Washington eiskalt abblitzen.

Erik Jensen will Kim Kielsen beerben.
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Streitfrage Bergbau

Was dieser Reichtum mit der Wahl zu tun hat? Einiges: Die seit 1979 fast durchgehend regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Kim Kielsen, die sich in Grönland Siumut nennen, haben dem großflächigen Abbau von Uran durch ein eigentlich australisches, jedoch von einem chinesischen Investor kontrolliertes Konsortium im 31 Mandate zählenden Parlament bereits grünes Licht gegeben.

Als im Februar ein Koalitionspartner von Siumut die Regierung wegen des Projekts platzen ließ, schlug die Stunde der linken Oppositionspartei Inuit Ataqatigiit mit ihrem Spitzenkandidaten Mute Egede, die zwischen 2009 und 2013 zum bisher einzigen Mal den Premierminister stellte – und heute lautstark gegen die Uranausbeutung in Grönlands Süden agitiert.

Premier Kielsen, der parteiintern nach Korruptionsaffären ins Gerede gekommen war, gab die Siumut-Spitzenkandidatur an den neuen Parteivorsitzenden Erik Jensen ab, der nun gegen schlechte Meinungsumfragen seiner Partei anzukämpfen hat.

Mute Egede will grönländischer Premier werden – und den Uranabbau stoppen.
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Faktische Volksabstimmung

Dies verwandelte die Wahl zum grönländischen Parlament zu einer faktischen Volksabstimmung über die Zukunft der Uranmine. Gewinnt Inuit Ataqatigiit, könnte dies den Interessen des australisch-chinesischen Bergbau-Multis einen Strich durch die Rechnung machen. Umfragen sehen die Opposition knapp in Führung.

Andere Themen, etwa der omnipräsente Fischfang, die Wohnungssituation vieler Grönländerinnen und Grönländer sowie die Unabhängigkeit der Insel, die bis 1953 dänische Kolonie war und seit 1979 von Kopenhagen autonom ist, gingen im Wahlkampf unter.

Weil ein großer Teil des Bruttoinlandsprodukts bis heute von Transferzahlungen aus dem reichen Dänemark bestritten wird, erhoffen sich viele Bewohnerinnen und Bewohner von den lukrativen Uranminen einen autonomeren Staatssäckel. (flon, 6.4.2021)