Bei Afrikanischen Elefanten wird zwischen Savannenelefant und dem kleineren Waldelefant unterschieden.

Sie sind die Hofnarren ihrer majestätischen Verwandtschaft. Waldelefanten sind fast um die Hälfte kleiner als ihre tonnenschweren Onkel, die in Afrikas Savannenlandschaften unterwegs sind: Sie haben geradere Stoßzähne und kleinere Ohren, die in ihrem Fall rund und nicht wie die Umrisse des afrikanischen Kontinents geformt sind. Ihre gedrungene Gestalt lässt sie putziger als die massigen Exemplare der Loxodonta africana erscheinen. Doch der Schein trügt: Ihr Schicksal ist noch tragischer als das ihrer mächtigen Verwandten.

Die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) hat die Waldelefanten jetzt erstmals als "akut vom Aussterben bedroht" auf ihre rote Liste gesetzt – nur noch eine Stufe vom Exitus entfernt. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei die Gesamtzahl der Loxodonta cyclotis um 86 Prozent gesunken, schlagen die Tierschützer Alarm: Diese bevölkern nur noch ein Viertel der afrikanischen Waldgebiete, in denen sie einst heimisch waren. Vor allem in Westafrika seien sie weitgehend ausgerottet – in größerer Zahl sind sie lediglich noch in Gabun und der Republik Kongo zu finden.

Vermeintliche Verwandtschaft

Obwohl alle Indizien für eine eigene Art sprachen – die sich mit dem Mammut und dem Indischen Elefanten schon vor sechs Millionen Jahren vom Ur-Elefanten wegentwickelt hat –, warfen Naturschützer die kaum 2,5 Meter großen Waldelefanten bisher in einen Topf mit ihren über vier Meter großen Verwandten. Das sollte ihren Schutz einfacher machen – trug in Wahrheit allerdings zur Verschleierung ihres Schicksals bei. Die Elefanten in den Savannen galten bislang nicht einmal als gefährdet, sie wurden auf der roten Liste lediglich als "verletzlich" geführt.

Allerdings ist auch das nun Geschichte. Erstmals stuft die IUCN jetzt auch die Savannenelefanten als gefährdet ein. Auch ihre Zahl soll sich in den vergangenen 50 Jahren um 60 Prozent verringert haben. Alles in allem leben in Afrika heute noch 415.000 Elefanten, vor einem halben Jahrhundert sollen es noch 1,5 Millionen gewesen sein.

Zunehmende Wilderei

Verantwortlich für den drastischen Rückgang ist nach Auffassung von Fachleuten vor allem die Wilderei, die vor zwölf Jahren wieder stark zugenommen hat. Der Boom wird auf die zunehmende Kaufkraft in China zurückgeführt. Dort gelten aus Elfenbein hergestellte Kunst- und Gebrauchsgegenstände als Prestigeobjekte. Zwischen 2008 und 2012 schossen Wilderer allein in Tansania und Mosambik rund 100.000 Savannenelefanten ab. In Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo sollen in den vergangenen 15 Jahren neun von zehn Waldelefanten getötet worden sein.

Und ein Ende ist nicht abzusehen. Vor zwei Jahren seien 42,5 Tonnen Elfenbein beschlagnahmt worden, meldet die Naturschutzorganisation Pro Wildlife – 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Weil höchstens zehn Prozent der illegal gehandelten Stoßzähne aufgegriffen werden, sei davon auszugehen, dass jährlich mindestens 30.000 Elefanten der Wilderei zum Opfer fallen, rechnet Pro-Wildlife-Sprecherin Daniela Freyer vor. Während der internationale Elfenbeinhandel seit 1989 verboten ist, dürfen die Stoßzähne innerhalb Japans und der EU noch immer gehandelt werden – unter dem Druck von Naturschutzorganisationen will die EU jetzt allerdings die Gesetze verschärfen.

Begehrtes Material

Die Stoßzähne des kleineren Waldelefanten sind unter Elfenbeinhändlern besonders geschätzt: Das rosa schimmernde Material ist härter und lässt sich besser zu filigranen Figuren verarbeiten. Die Miniaturjumbos haben außerdem den Nachteil, dass sie sich ihr Habitat, den Urwald, oft mit Rebellenorganisationen teilen: Die kaufen sich mit ihren Einnahmen aus dem Elfenbeinschmuggel Waffen.

Doch die Wilderei ist nicht die einzige Gefahr, der sich die Dickhäuter ausgesetzt sehen. Elefanten brauchen weite Lebensräume, die die wachsende afrikanische Bevölkerung immer mehr einschränkt. Nur im südlichen Afrika wurden bislang riesige länderübergreifende Naturschutzgebiete wie der Kavango-Sambesi-Park zwischen Simbabwe, Botswana, Sambia, Namibia und Angola geschaffen. Dort hat sich die Zahl der Savannenelefanten inzwischen stabilisiert.

Den Waldelefanten steht die schlimmste Bedrohung womöglich erst noch bevor. Nach Angaben Lee Whites, des Umweltministers von Gabun, hat die Klimaerwärmung messbare Auswirkungen auf die Fruchtproduktion von Urwaldbäumen: Diese sei in Gabuns Lope National Park in den vergangenen drei Jahrzehnten um über 80 Prozent gesunken. Die hungernden Waldelefanten verließen zunehmend den Urwald, um sich woanders nach etwas Essbarem umzusehen – und geraten dort in Konflikt mit den Menschen, die sich von den Dickhäutern bedroht fühlten. Wer sich eine Welt – wie er selbst – nicht ohne Elefanten vorstellen könne, müsse jetzt etwas tun, appelliert White im "Guardian": "Die Zukunft sowohl des Savannen- wie des Waldelefanten wird in den Herzen der Menschen in Afrika und im Rest der Welt entschieden." (Johannes Dieterich, 6.4.2021)