In Wien gilt an hochfrequentierten Orten seit 1. April auch draußen die FFP2-Masken-Pflicht.

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Im Osten des Landes füllen sich die Intensivstationen weiter. Bis jetzt spiegelt sich die "Osterruhe", in der sich die Länder Wien, Niederösterreich und das Burgenland seit vergangenem Donnerstag befinden, nicht in der Bettenbelegung wider. Wegen der hohen Belegung wird der Lockdown vorerst bis 18. April verlängert. Handel, körpernahe Dienstleister, Museen und Zoos bleiben zu, die Schulen in Distanzlehre.

Laut dem Gesundheitsökonomen Thomas Czypionka, der zum Corona-Fachrat des STANDARD gehört, stellen die Kapazitäten der Intensivstationen keine geeignete Kennzahl dar, um die Effektivität bestimmter Maßnahmen zu beurteilen. Denn: "Auf den Intensivstationen sehen wir Effekte erst mit drei bis vier Wochen Verzögerung", sagt Czypionka. Wer sich mit Corona infiziere, weise im Schnitt nach fünf Tagen Symptome auf. Danach dauere es etwa eine Woche, bis Covid-Erkrankte ins Krankenhaus kommen – und eine weitere, bis sie ein Bett auf einer Intensivstation brauchen.

Im Burgenland sind die Intensivkapazitäten seit einigen Tagen am Anschlag. Wien meldet mittlerweile beinahe jeden Tag einen neuerlichen Höchststand der Covid-Bettenbelegung auf den Intensivstationen: Am Dienstag mussten in der Hauptstadt 233 Menschen intensivmedizinisch versorgt werden. Das Covid-Prognose-Konsortium des Gesundheitsministeriums rechnet damit, dass diese Zahl bis 14. April auf 270 klettern wird. Für den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ist das absolute Maximum an Intensivbetten für Corona-Erkrankte mit 320 erreicht. Danach müssten Triagen folgen. Insgesamt verfügt der Wiener Gesundheitsverbund über 550 Intensivbetten – für alle Patientinnen und Patienten.

Wien preschte vor

Bereits im Vorfeld des am Dienstag angesetzten Corona-Gipfels der Bundesregierung hieß es aus dem Wiener Rathaus daher: Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) werde "mit ganzer Entschlossenheit" für eine Ausdehnung des Lockdowns und der begleitenden Schutzmaßnahmen eintreten – zur Not auch nur in Wien. Es gehe schließlich um die Gesundheit der Bevölkerung, diese stehe an oberster Stelle. Bis wann die in der aktuellen Verordnung des Gesundheitsministeriums bis 11. April angesetzte Osterruhe ausgedehnt wird, ließ Ludwig vorab offen.

Ein Datum nannte wenig später Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ). Das Burgenland und Niederösterreich würden sich mit Wien solidarisch erklären, hieß es aus Eisenstadt. Und: Der Zeitraum bis 18. April müsse genutzt werden, um ein verbindliches Regelwerk für spätere Öffnungen zu fixieren. "Wir brauchen klare Kriterien, wann welche Lockerungen möglich sind", erklärte Doskozil. Denn die Bevölkerung werde die Corona-Schutzmaßnahmen nur dann weiter mittragen, "wenn es klare Perspektiven gibt".

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach sich auch für eine "gemeinsame Vorgehensweise" der Länder aus. Das sei "eine Frage der Sicherheit" der Bevölkerung.

Am Ostermontag verzeichnete Niederösterreich einen absoluten Höchststand auf den Intensivstationen. 123 Corona-Schwersterkrankte wurden versorgt: "Die Situation ist denkbar ernst, und sie ist beunruhigend", sagte Bernhard Jany von der Niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur dem ORF. Am Dienstag ging die Belegung auf Niederösterreichs Intensivstationen vorerst auf 116 zurück, lag aber weiterhin über dem bisherigen Höchststand von 115 im November.

Solidarität der Länder

Das offizielle Ziel des Gipfels am Dienstag war eine Verteilung der Intensivpatientinnen und -patienten von stark ausgelasteten Bundesländern im Osten in weniger betroffene. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) fiel krankheitsbedingt aus. Der Ressortchef habe aber "nichts Gröberes", er sei auch nicht an Corona erkrankt, hieß es aus seinem Büro. Anschober wurde bei den Gesprächen, die mit einer Runde der Expertinnen und Experten in den Tag starteten, von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vertreten.

Vorgebaut wurde dem Termin am vergangenen Donnerstag: Da lud die Regierung Spitalsvertreter der neun Bundesländer zur Videokonferenz, um über die Situation auf den Intensivstationen zu beraten. Das Ergebnis glich jenem vom Dienstag: Die Lage auf den Intensivstationen gestalte sich von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Solidarität zwischen den Regionen solle gestärkt werden, betonte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Wir wollen, dass alle, die eine Behandlung brauchen, auch eine erhalten", sagte Kurz. Jene Länder, die noch ausreichend Kapazitäten hätten, sollen die besonders hart von der dritten Welle getroffene Ostregion entlasten.

Ludwig betonte, dass nicht nur Covid-Patientinnen und -Patienten intensivmedizinische Betreuung benötigen. 15 bis 20 Prozent in den Spitälern Wiens kämen aus anderen Bundesländern, in einer Klinik seien es sogar 40 Prozent. Es würde Wien also bereits helfen, sagte Ludwig, würden die Bundesländer ihre eigenen Spitäler anfahren.

Öffnungen im Mai

Einen Ausblick gab Kogler: "Öffnungen ab Mai sind realistisch." Die Maßnahmen hängen aber von den Infektionszahlen ab. In 14 Tagen will man erneut über die Lage und Öffnungsschritte beraten. Aber: Die Infektionen müssten zumindest "ein wenig" nach unten gehen. Die Öffnungen vorbereiten soll eine Kommission, an der etwa Sozialpartner, Städte- und Gemeindebund, der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz und Vertreter der Branchen teilnehmen.

Denn in ganz Österreichs sind die Infektionszahlen hoch. Zuletzt hat die Ampelkommission das ganze Bundesgebiet – auch die Modellregion Vorarlberg – wieder rot eingefärbt. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 127,2 steht das westlichste Bundesland im Österreich-Vergleich allerdings mit Abstand am besten da. Wien ist mit 322,8 auch Spitzenreiter bei den Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.

Kritik gab es daher auch von der Opposition. Von "Durchwurschteln – halb offen, halb zu" sprach SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Für eine Verhinderung weiterer Lockdowns plädierte hingegen FPÖ-Chef Norbert Hofer: "Maßnahmen wie Abstand halten, Maske tragen, Hygiene und Testungen werden daher von mir klar unterstützt." (Oona Kroisleitner, Eja Kapeller, Wolfgang Weisgram, 6.4.2021)