Unter bestimmten Voraussetzungen waren Gottesdienste und kirchliche Veranstaltungen zu Ostern heuer erlaubt.

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Bad St. Leonhard / Zell am Ziller – Im Zillertal sorgen seit Monaten zwei Kirchenvertreter für Diskussionen rund um das Thema Corona-Pandemie: Dekan Ignaz Steinwender aus Zell am Ziller und der Kooperator der Pfarre Zell-Gerlos, Ferdinand Schnaiter. Letzterer wurde mittlerweile vom Religionsunterricht an der örtliche Schule abgezogen, nachdem er einen Flyer produziert und zum Teil als Postwurf verteilt hatte, der mit einem Potpourri gängiger und abstruser Verschwörungstheorien zu Corona aufwartete.

Der Tiroler Blogger Markus Wilhelm hat sich näher mit dem wirren Werk des Geistlichen auseinandergesetzt. Bill Gates' – dem er eine direkte Verbindung zu Luzifer andichtet – geheimer Plan, die Menschheit auszurotten, ist darin ebenso enthalten, wie die Freimaurer, abgetriebene Föten in Impfstoffen und vieles mehr. Die Diözese Salzburg, zu der das Tiroler Zillertal kirchenrechtlich gehört, hat sich umgehend von Schnaiter distanziert. Der Gerloser Geistliche musste den Flyer zurücknehmen und wurde verwarnt.

Gegen Impfen

Auch Dekan Steinwender in Zell fällt seit Monaten durch seine Haltung zu den Pandemiemaßnahmen auf. Im Herbst berichtete die Tiroler Tageszeitung über Beschwerden aus der Pfarre, wonach "kirchliche Feiern abgehalten werden, als gäbe es keine Pandemie". Zuletzt musste Steinwender auf Befehl der Diözese vor wenigen Wochen einen Text von der Homepage seiner Pfarre nehmen, in dem er sich gegen das Impfen und diverse Corona-Maßnahmen ausgesprochen hatte. Der Dekan selbst spricht von "freier Meinungsäußerung", was seinen Text angeht.

Seit Montag steht die Pfarre nun wieder im Fokus. Denn die Tiroler Landesregierung hat einen öffentlichen Aufruf für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gottesdienstes in der Dekanatspfarrkirche Zell am Ziller vom Abend des Ostersamstags ausgeschickt. Wie sich nachträglich herausstellte, hatte eine Corona-positive Person daran teilgenommen. Daher werden nun alle Teilnehmenden ersucht, auf ihren Gesundheitszustand zu achten und vorsorglich jeden zweiten Tag einen Corona-Test durchführen zu lassen.

Eigene Regelung

Nach Angaben des Landes "kann seitens der Behörde nicht ausgeschlossen werden, dass anwesende Personen die geltenden Hygiene- und Sicherheitsvorgaben zeitweise nicht gänzlich entsprechend der Vorgaben eingehalten haben". Dekan Steinwender sagt auf Nachfrage, wie viele Personen am Samstag anwesend gewesen seien, dass in der "sehr großen Kirche" jede zweite Bank gesperrt sei, um die Einhaltung der Abstände sicherzustellen.

Für die Kommunion hat er für seine Kirche eine eigene Regelung erdacht. Statt der Frage "Hand- oder Mundkommunion?" wurden eigens längliche Hostien für die Mundkommunion angefertigt. "Das ist sicherer als die Handkommunion", sagt Steinwender.

Palmweihefeier mit "einigen hundert" Teilnehmern

Auch in einer Kärntner Gemeinde taucht die örtliche Pfarre im Zusammenhang mit Corona-Infektionen auf: Wie die "Kleine Zeitung" berichtete, könnte eine öffentliche Palmweihefeier auf dem Hauptplatz von Bad St. Leonhard damit zu tun haben, dass die Corona-Infektionen dort in die Höhe schnalzten. Mittlerweile liege die Sieben-Tage-Inzidenz in der Lavanttaler Stadtgemeinde laut der Bezirkshauptmannschaft bei 1109, im Bezirk liege sie laut Ages bei 234. Der Großteil davon ist mit der britischen Virusvariante infiziert.

An die 2.000 Leute hätten an der Feier teilgenommen, sagte Bürgermeister Dieter Dohr von der gleichnamigen Bürgerliste. Dem widerspricht Dechant Martin Edlinger von der örtlichen Pfarre in einem Statement: Es hätten nicht 2.000 Personen, sondern "einige hundert" teilgenommen. Auf den Mindestabstand von zwei Metern sei geachtet worden, außerdem sei auf das Tragen von FFP2-Masken hingewiesen worden. Zudem seien Gottesdienste mit Palmweihe laut der Bischofskonferenz unter Einhaltung der Maßnahmen erlaubt gewesen. Und: "Wo Ansteckungen passieren, ist nicht nachweisbar", behauptet Edlinger. Den Betroffenen wünsche er Gottes Schutz und Segen.

Contact-Tracing läuft

Im Idealfall sollte durch Kontaktpersonennachverfolgung sehr wohl feststellbar sein, wo Ansteckungen passieren. Hinweise, wie viele oder ob sich Personen bei der Palmfeier angesteckt haben, gebe es derzeit aber keine, sagt Bezirkshauptmann Georg Fejan: "Wir müssen uns natürlich darauf verlassen, dass Personen bei ihren Befragungen die Wahrheit sagen." Einige Ansteckungen sollen durch einen Cluster in einer örtlichen Firma ausgelöst worden sein.

Fix ist laut einem Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), dass ein Testbus in die Gemeinde entsandt wird. Das Corona-Koordinationsgremium des Landes tagte am Dienstagnachmittag und beriet unter anderem dazu, welche Maßnahmen vor Ort ergriffen werden sollen. Von einer Ausreisetestpflicht (wie es das Gesundheitsministerium formuliert) bzw. einer "Abriegelung des Ortes" (von der Bezirkshauptmann Fejan spricht) wird derzeit abgesehen. Das Ministerium verweist auf die Entscheidungskompetenz des Landes.

Lokale Maßnahmen

Grundsätzlich ist laut Gesundheitsministerium ein Gebiet mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 400/100.000 Einwohnern über einem Zeitraum von einer Woche als "Hochinzidenzgebiet" einzustufen. In einem solchen Fall muss der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau eine Verordnung erlassen, die eine Ausreisetestpflicht vorschreibt. Das regelt ein entsprechender Erlass des Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne). Vor drei Tagen lag die Inzidenz in Bad St. Leonhard bei 577.

Eine Ministeriumssprecherin weist aber darauf hin, dass laut Erlass auch schon zuvor entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können, wenn die Situation eine entsprechende Dynamik aufweise.

Eine Ausreisetestpflicht sei in der Pendlergemeinde auch schwer umzusetzen, sagt Fejan. Primär setze man auf Sensibilisierung der Bewohner. Diskutiert würden aber andere Maßnahmen wie verschärfte Ausgangssperren oder "einzelne Regelungen Richtung Handel und öffentliches Leben." Die Polizeipräsenz und die Kontrollen seien bereits vor Ort verstärkt worden. (Steffen Arora, Vanessa Gaigg, 6.4.2021)