Öbag-Chef Thomas Schmid steht im Kreuzfeuer der Kritik. Nun hat er sich entschlossen, seinen Vertrag nicht zu verlängern.

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Wien – Nach den umstrittenen Chats von Öbag-Chef Thomas Schmid mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) und zahlreichen Rücktrittsaufforderungen an Schmid ist im Aufsichtsrat der Staatsholding Öbag am Dienstag in einer außerordentlichen Sitzung eine Entscheidung gefallen. Schmid wird – wie berichtet – seinen Vertrag auslaufen lassen und das Unternehmen verlassen. Das heißt, dass die ÖBAG ab 2022 einen neuen Chef braucht.

Die Suche nach einem Nachfolger startet bereits. "Der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats wurde mandatiert, den Nachfolgeprozess für die Vorstandsposition zu starten", teilte die ÖBAG Dienstagabend mit. Schmid habe sich "nach ausführlicher Diskussion mit dem Aufsichtsrat dazu entschlossen, sein Dienstverhältnis zu beenden. Der Aufsichtsrat hat diese Entscheidung zustimmend zur Kenntnis genommen", hieß es weiter in der Mitteilung der Staatsholding.

Alleinvorstand seit 2019

Schmid ist Ende März 2019 Alleinvorstand der staatlichen Beteiligungsholding geworden, die Vertragslaufzeit beträgt drei Jahre, konkret bis 28. März 2022. Gemäß Corporate Governance der Staatsholding und des Bundes wird ein Jahr vor dem jeweiligen Vertragsende bekannt gegeben, ob es zu einer Vertragsverlängerung kommt.

Somit hat sich also eine zu erwartende und auch gesichtswahrende Variante für den Manager gefunden. SPÖ, FPÖ und Neos hatten in den vergangenen Tagen wiederholt den Rücktritt von Schmid gefordert, er sei in der Funktion nach all den Vorwürfen rund um Postenschacher in der Staatsholding nicht mehr tragbar. Blümel als Eigentümervertreter der Republik bei der Öbag verwies auf den Aufsichtsrat, der Schmid zuletzt das Vertrauen ausgesprochen hat. Auch die Grünen hatten Kritik an Schmid geübt, vermieden aber eine Rücktrittsaufforderung.

Opposition erzürnt

Die Opposition forderte schon länger den Abgang des aktuellen ÖBAG-Chefs, verstärkte dabei zuletzt und heute im Zuge des Sonder-AR wieder ihre Schlagzahl: "Schmid muss mit sofortiger Wirkung abberufen werden. Stattdessen werfen ihm Kurz und (Finanzminister Gernot) Blümel noch einmal eine Jahresgage von einer halben Million Euro nach, damit sie ihr Gesicht wahren. Schmid bekommt also statt der fristlosen Abberufung einen Kurz-Bonus von einer halben Million Euro", so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Schmids Vertrag würde im März 2022 auslaufen, mit einer Option für zwei weitere Jahre.

Vonseiten des NEOS-Abgeordneten Sepp Schellhorn hieß es heute: "Das ist eine müde und halbherzige Schadensbegrenzung für den ÖBAG-Aufsichtsrat. So weich würden Manager der freien Wirtschaft gerne fallen. Aber für Thomas Schmid gelten bekanntlich andere Regeln." Der Interessensverband meinte zum – noch nicht bestätigten – Rückzug von Schmid, dieser "schafft Erleichterung bei den Anlegern, da wieder Ruhe in die Aufsichtsräte einkehren kann – Emoji-Politik gehört dort nicht hin".

Kritik kam auch von der FPÖ. "Die Ankündigung von ÖBAG-Vorstand Schmid, seinen Vertrag 2022 'auslaufen' zu lassen, ist an Chuzpe nicht mehr zu überbieten.

Gesichtswahrende Lösungen

Eine Abberufung erscheint dem Aufsichtsrat unter Helmut Kern juristisch nicht geboten, der dazu nötige wichtige Grund liege nicht vor, so wurde bereits vorige Woche argumentiert. Bei einem Rauswurf könnte Schmid klagen, und bei einem etwaigen Sieg vor Gericht müsste ihm die Öbag dann sein Gehalt bis zum Vertragsende weiterzahlen. Ein Szenario, das man aus der teilstaatlichen Casinos Austria (Casag) kennt: Dort wurde Peter Sidlo als Finanzvorstand abberufen, er hat dagegen beim Handelsgericht Wien Klage eingebracht und fordert mehr als 2,3 Millionen Euro.

Stichwort Casag: Auch dort wird in einem Jahr ein neuer Chef oder eine neue Chefin einziehen. Bettina Glatz-Kremsner hat vor kurzem publik gemacht, dass sie keine weitere Vertragsverlängerung mehr anstrebe. Auch dies eine gesichtswahrende Lösung: Die tschechischen Mehrheitsaktionäre von der Sazka Group wollen nicht mehr mit der 59-Jährigen weitermachen.

"Du bist Familie"

Öbag-Chef Schmid wird zum engeren Umfeld von Kanzler Kurz gezählt. "Du bist Familie", soll ihm Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einmal geschrieben haben. Vor seiner Bestellung zum Öbag-Vorstand soll Schmid den Kanzler gebeten haben, ihn "nicht zu einem Vorstand ohne Mandate" zu machen. Die Antwort von Kurz: "Kriegst eh alles, was du willst." Als dann die gesetzliche Grundlage für den neuen Job in der Öbag gegeben war, habe Blümel – damals Kanzleramtsminister – an Schmid geschrieben: "Schmid AG fertig".

Die Österreichische Beteiligungs AG, kurz Öbag, verwaltet die Anteile des Staates an wichtigen börsennotierten Firmen wie OMV, Telekom Austria, Post und Verbund. Die Öbag managt somit über 26 Milliarden Euro Staatsvermögen, das sind fast 3.000 Euro pro Einwohner. (fsc, gra, APA 6.4.2021)