Eheverträge führen vor allem dann zu einer guten Einigung, die auch gerichtlich hält, wenn sie möglichst ausgewogen sind.

Foto: imago images/Westend61

Eheverträge sind weder sonderlich beliebt, noch genießen sie einen guten Ruf. Sie gelten landläufig als unromantisch. Was dabei außer Acht gelassen wird: Wer heiratet, schließt automatisch einen Vertrag, egal ob man möchte oder nicht – denn die Ehe selbst ist ein Vertrag. Warum also nicht wenigstens mitentscheiden, was darin stehen soll?

Viele Menschen, die heiraten, tun dies aus Liebe. Mit jemandem die Ehe zu schließen ist aber nicht nur eine Liebeserklärung. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man sich durch eine Ehe auch "absichern" könne. Wenn man das durch eine rechtliche Brille betrachtet, stimmt das aber nur teilweise. Häufig ist nicht bekannt, dass in Österreich immer noch das Verschuldensprinzip gilt. Das bedeutet, dass man bei einer Scheidung nur unter bestimmten Umständen Anspruch auf Unterhalt hat. Grundsätzlich muss das Gericht feststellen, dass die andere Person am Scheitern der Ehe schuld ist. Ist zum Beispiel ein Teil fremdgegangen und hat das zur Zerrüttung der Ehe geführt, oder hat jemand dem anderen Gewalt oder schweres seelisches Leid zugefügt, diesen beschimpft oder beharrlich und grundlos den Geschlechtsverkehr verweigert, kann dies finanzielle Folgen nach sich ziehen.

In der Praxis führt das zu Schlammschlachten und Enttäuschungen. Wer nämlich nicht nachweisen kann, dass die andere Person "schuld" ist, geht in Bezug auf angemessenen nachehelichen Unterhalt möglicherweise leer aus. Egal wie lang die Ehe gedauert hat oder wie viel unbezahlte Sorgearbeit wie Kinderbetreuung, Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen, Hausarbeit etc. eine Person geleistet hat.

Eheverträge sollten möglichst ausgewogen sein

Was hat das jetzt mit den Eheverträgen zu tun? Tatsächlich werden Eheverträge häufig vom wirtschaftlich stärkeren Teil forciert, um sich im Fall einer Scheidung abzusichern. Das ist legitim und auch nicht verwerflich. Gerade bei sehr unterschiedlichen Einkommenssituationen oder (Immobilien-)Vermögen wird ein Ehevertrag empfohlen. Grundsätzlich verbleibt jeder Person schon rein gesetzlich zwar geerbtes oder eingebrachtes Vermögen, es kann aber dennoch sinnvoll sein, vertraglich festzuhalten, wer was einbringt und wie im Scheidungsfall damit umgegangen werden soll.

Wer sich allerdings allzu eifrig absichern möchte, riskiert nicht nur, seine oder ihre bessere Hälfte zu verprellen. Soll der andere Teil komplett leer ausgehen, kann der Ehevertrag möglicherweise wirksam angefochten werden. Absolutes No-Go ist, den oder die Partnerin unter Druck zu setzen oder gar Zwang auszuüben, damit er oder sie den Vertrag unterzeichnet. Eine Person, die im neunten Monat schwanger ist, einen Tag vor der Hochzeit mit einem Spaziergang zum Notar zu überraschen wäre daher keine gute Idee.

Eheverträge führen vor allem dann zu einer guten Einigung, die auch gerichtlich "hält", wenn sie möglichst ausgewogen sind. Kann – salopp formuliert – laut dem Ehevertrag ein Teil im Fall einer Scheidung nicht einmal die eigenen Socken mitnehmen, wird das rechtlich nicht durchgehen. Bei einem Ehevertrag macht es auch Sinn, alle paar Jahre die Situation neu zu evaluieren. Die Einkommensverhältnisse können sich ändern oder neue Lebensrealitäten entstehen, die im Ehevertrag entsprechend abgebildet werden sollten.

Eine faire Lösung für den Trennungsfall

Um die charmante Seite des Ehevertrages hervorzuheben: Ein bisher noch nicht ausgeschöpftes Potenzial von solchen Vereinbarungen könnte sein, dem nicht mehr zeitgemäßem Verschuldensprinzip des Gesetzgebers zuvorzukommen und selbst eine faire Lösung für den Fall der Trennung zu schaffen.

In vielen Familien ist es so, dass sich eine Person einige Zeit fast ausschließlich der Kindererziehung oder Betreuung widmet. Für diese Zeit, in der die Person oft kein eigenes Einkommen erwirtschaftet, weil die Sorgearbeit unbezahlt ist, und damit auch keine Pensionsansprüche für diesen Zeitraum erwirbt, könnte beispielsweise ein verschuldensunabhängiger Unterhaltsanspruch vereinbart werden. Das hätte den Vorteil, dass man etwa keine Detektivberichte zum Nachweis der Schuld des Ehepartners oder der Ehepartnerin vor Gericht vorlegen müsste und es zu einer für alle Beteiligten vorhersehbaren und fairen Lösung kommen könnte.

Vielleicht braucht der Ehevertrag daher einen Imagewechsel. Mit einer rechtlichen Vereinbarung können Eheleute nämlich nicht nur regeln, wer nichts bekommt, sondern auch, wie nach einer Scheidung das gemeinsame Geld fair verteilt werden kann. Ganz ohne Schlammschlacht. Wenn das kein großer Liebesbeweis ist! (Theresa Kamp, 7.4.2021)