Der 28-jährige Erstangeklagte wird schwer bewacht von Justizwachebeamten in den Verhandlungssaal gebracht.

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Wien – "Er ist sicher ein labiler Mensch", sagt Verteidigerin Astrid Wagner über K., den Erstangeklagten. 2016, 2017 sei der 28-Jährige vom "Islamismus-Virus" infiziert worden, dass er 2017 in das Bürgerkriegsland Syrien gefahren sei, sei aber "eigentlich eine Liebesgeschichte", erklärt Wagner dem Schöffensenat. Genauer: "Ein Love-Triangle", denn K. fuhr mit seiner damaligen Ehefrau in den Nahen Osten und kam drei Monate später mit seiner aktuellen Gattin, der Zweitangeklagten C., zurück nach Österreich.

Aufgrund dieses Auslandsaufenthaltes sind die beiden mit einer Anklage wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" konfrontiert, K.s erste Lebensabschnittspartnerin sitzt derzeit in der Türkei in Auslieferungshaft. Ein weiterer Anklagepunkt: K. soll auch nach seiner Rückkehr mit Links zu Hasspredigten für den Terror agitiert haben.

Nur Religionsfragen behandelt

Der Erstangeklagte bekennt sich teilschuldig – ja, er sei in Syrien gewesen, aber er habe sich nie irgendeiner terroristischen Organisation angeschlossen. Sondern friedlich in einem Dorf gelebt. Mit Propagandaverbreitung will der Deutsche gar nichts zu tun haben – er habe lediglich Inhalte zu religiösen Fragen weitergeleitet.

Der sehr eloquente Unbescholtene kannte ab Anfang 2020 auch den Attentäter vom 2. November. Er traf ihn nicht nur im Dunstkreis einer einschlägigen Moschee, sondern auch beim Grillen. "Wir haben aber nicht über Religion gesprochen, sondern Spaß gehabt und Heineken getrunken." – "Ich dachte, Sie trinken keinen Alkohol?", sagt die Vorsitzende. "Heineken 0,0. Aber es schmeckt trotzdem", behauptet der Erstangeklagte.

Späte Einsicht

K. will überhaupt überall ein wenig zufällig hineingeraten sein. Videos will er nicht zu Ende gesehen, bei ihm gefundene Bücher nicht gelesen haben, und in Syrien habe er nie kämpfen wollen. Er verstehe mittlerweile aber, dass allein seine Anwesenheit in dem umkämpften Gebiet strafbar gewesen sei.

Seine elf Jahre ältere Gattin bekennt sich nicht schuldig. "Ich bin nicht dort hingegangen, um mich irgendwo anzuschließen, sondern um ihn da rauszuholen", betont sie. Wie eine stereotype Islamistin sieht die unbescholtene zweifache Mutter tatsächlich nicht aus – in Verhandlungspausen raucht sie, ihr langes Haar ist unbedeckt. K. habe ihr über den späteren Attentäter einmal gesagt: "Der redet nur Blödsinn und macht Probleme."

K. wird zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, C. dagegen freigesprochen. (Michael Möseneder, 7.4.2021)