Leichtathletikstars wie die Mehrkämpferin Ivona Dadic wissen die exzellenten Trainingsmöglichkeiten in St. Pölten sehr zu schätzen.

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Franz Stocher lädt Wiener Athletinnen und Athleten ein.

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Über St. Pölten und Corona kursiert in den sozialen Medien der eine oder andere Witz. Tenor: Der große Vorteil, in Niederösterreichs Landeshauptstadt zu wohnen, habe sich in der Pandemie gezeigt. Es sei nun genauso wenig los wie vorher. Also sei alles wie immer. Franz Stocher, ehemaliger Bahnrad-Weltmeister, kann derlei Späße nachvollziehen, "aber St. Pölten ist eine sehr unterschätzte Stadt".

Mit einer neuen Leichtathletikhalle, Kostenpunkt knapp zwei Millionen Euro, rüstet das Sportzentrum Niederösterreich auf. Sie ist Teil eines Sportinfrastrukturpakets, das vom Land mit 6,9 Millionen Euro geschnürt wurde.

"Tolle Bedingungen für den Spitzensport"

Stocher ist Geschäftsführer des Sportzentrums, das neben Fußballplätzen, der NV-Arena des Bundesligisten und Ballsporthallen auch über eine ganzjährig betriebene Eissporthalle verfügt. "Ich will mich nicht mit Superlativen aus dem Fenster lehnen, aber wir haben hier tolle Bedingungen für den Spitzensport. Wir können allen Sportarten ganzjähriges Training ermöglichen", sagt der 52-Jährige.

Ist St. Pölten also die Sporthauptstadt? Auf einen Vergleich mit Wien, das wegen seiner mangelhaften Sportinfrastruktur vielfach kritisiert wird, will sich Stocher nicht einlassen, "es geht nicht darum, wer die Sporthauptstadt Österreichs ist. Wir konkurrieren nicht miteinander, wir wollen das Beste für den Sport." Fakt ist aber, dass Wien mit dem bevorstehenden Abriss des Dusika-Stadions keine Leichtathletikhalle mehr hat. Auch die Bahnradfahrer haben keine Trainingsmöglichkeit mehr. Das tut Stocher natürlich besonders weh. "Wenn es eine Szene gibt, dann vor allem in Wien oder im Umfeld."

Frage des Standards

Der fünfmalige Olympiateilnehmer kann sich eine Bahn innerhalb einer funktionierenden Sportinfrastruktur vorstellen, also auch in St. Pölten oder in der Südstadt. "Der Verband ist aufgefordert, in die Gänge zu kommen. Wenn es keine Bahn gibt, ist das nicht das, was unserem Standard in Österreich entspricht."

Mit dem Bau der Leichtathletikhalle wird in St. Pölten eine andere Sportstätte ersetzt. Die mittlerweile ungenützte Eventarena muss weichen. Von 1994 bis 2005 war das in ihr ausgetragene Tennisturnier fixer Bestandteil der ATP-Tour. Danach wurde die Eventarena nur noch vereinzelt für Veranstaltungen wie die Special Olympics und den Ironman genutzt. 2015 fand mit dem Wings for Life World Run die letzte Großveranstaltung statt.

Die Leichtathletikhalle soll auf einer Gesamtlänge von 130 Metern beste Bedingungen für ganzjähriges Training bieten. Fünf Laufbahnen sowie eine Weit- und eine Hochsprunganlage sind ebenso integriert wie ein Wurfnetz und eine Vorrichtung für die Disziplinen Speerwurf, Diskuswurf und Kugelstoßen. Was auch bemerkenswert ist: Die Halle soll bereits im Oktober dieses Jahres fertig sein.

Ab in den Zug

In Wien müssen sich Sportlerinnen und Sportler länger gedulden. Die anstelle des Ferry-Dusika-Stadions geplante Mehrzweckhalle mit Schwerpunkt auf Ballsport wird nicht vor Ende 2023 fertig sein. Im Dachgeschoß soll eine Trainingshalle für diverse Leichtathletik-Disziplinen entstehen. Müssen Wiens Aktive im Winter bald nach St. Pölten ausweichen? Stocher: "Mit dem Zug ist man in einer halben Stunde bei uns." (Florian Vetter, 9.4.2021)