Kennen Sie alle Unesco-Welterbestätten Österreichs? Und wenn ja, welche Seiten davon haben Sie bereits gesehen? Im günstigen Fall Bilder aus Hochglanz-Tourismusbroschüren, die möglichst viele zahlende Besucherinnen und Besucher anlocken sollen. Häufiger sind es aber wahrscheinlich die negativen Zeitungsmeldungen, wenn es sich gerade wieder einmal zwischen dem Schutz des Welterbes und meist wirtschaftlichen Interessen spießt. Das Verteidigen des Welterbes gehört zu den Aufgaben der Welterbemanagerinnen und -manager, aber so oft wie möglich wollen wir auch das Scheinwerferlicht auf die schönen, faszinierenden und vielleicht auch unbekannteren Aspekte des Welterbes richten. Deshalb haben die zehn österreichischen Welterbestätten den 1. Österreichischen Welterbetag für den 18. April ausgerufen.

Beim österreichischen Welterbetag handelt es sich um eine Initiative der österreichischen Unesco-Kommission und dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS). Der Aktionstag soll auf die Schutzwürdigkeit und die Bedeutung aller zehn Welterbestätten Österreichs hinweisen, sie bekannter machen und neue Einblicke bieten. Die einzelnen Management-Organisationen wurden deshalb aufgerufen, sich spannende Dinge zu überlegen, wie man an diesem Tag die Welterbestätten in ihrer Vielfalt für die Allgemeinheit zugänglich machen kann.

Corona – Der Strich durch viele Rechnungen

Das gilt natürlich auch für das Kuratorium Pfahlbauten, das den österreichischen Teil des internationalen Unesco-Welterbes "Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen" betreut. Bevor wir wussten, wie sich die Lage um die Pandemie weiter entwickeln würde, waren unsere ersten Ideen für diesen Veranstaltungstag so klar wie erprobt: In Kooperation mit regionalen Partnern hätten wir gerne vor Ort, Infostände, Mitmachstationen, Handwerksvorführungen, Workshops, Vorträge usw. organisiert. An einem solchen Programm können sich viele unserer Partnerorganisationen beteiligen und wir erreichen Anrainern, Touristen, sowie Interessierte aus der Region gleichermaßen. Es sind Aktionen welche wir in Form von Welterbefesten und durch unsere Mitorganisation an bereits etablierten Festveranstaltungen bereits öfter in den Welterbegemeinden in Oberösterreich und Kärnten umgesetzt haben. Veranstaltungen dieser Art haben zu durchwegs positivem Feedback geführt und sich als erfolgreiches Konzept durchgesetzt. Es gibt viel zu sehen und wir können gemeinsam das Welterbe feiern. So sollte es auch sein.

Doch dieses Jahr wird daraus nichts. Zu Anfang lebte zwar noch die Hoffnung, auch vor Ort kleinere Veranstaltungen durchführen zu können, aber wirklich daran geglaubt haben wir alle nicht mehr. Daher wurde beschlossen: Wir machen daraus eine Online-Veranstaltung, die für uns selbst auch etwas Neues ist.

Events wie die beliebten Welterbefeste sind derzeit leider noch nicht möglich. Sollte die Pandemiesituation es zulassen, findet das nächste Welterbefest am 3. Juli 2021 in Keutschach am See statt.
Foto: Kuratorium Pfahlbauten

Engagement vor den Vorhang
Mit den Erfahrungen aus den zahlreichen virtuellen Tagungen, Vorträgen und Meetings des letzten Jahres im Kopf, stellten wir uns anfangs noch ein eher kleines Programm vor, mit einigen Einspielungen unserer Partnerinnen und Partner, Grußbotschaften und etwas Live-Programm von uns. Auch das Motto war mit "Die Menschen hinter dem Welterbe" schnell gefunden, war uns doch sofort die einmalige Gelegenheit bewusst, all die Menschen, die sich vor allem in den Welterberegionen für den Schutz und die Vermittlung engagieren, ins wohlverdiente Rampenlicht zu stellen. Hier erschnupperten wir auch schon die Chance, all dieses regionale Engagement auch über die Bundesländergrenzen hinaus bekannter zu machen, erreicht man doch über das Internet wesentlich niederschwelliger eine viel größere Anzahl an Menschen. Auch unser diesjähriges 10-Jahre Jubiläum der Ernennung des Welterbes "Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen" bot einen schönen Anlass, auf die Entwicklungen einer Dekade zurückzublicken und Wünsche für die Zukunft zu äußern.

Das PfahlbauTV

Und, wie sollen wir sagen, von da begann das Projekt zu explodieren. Immer mehr Aspekte fielen uns ein, die wir zeigen mussten oder wollten. Zu jedem Themenschwerpunkt sollte es zumindest ein Sendeblock sein – Welterbe, Denkmalschutz, Vermittlung und Forschung – um jeder unserer Hauptaufgaben gerecht zu werden. Auch der Aspekt Schulprojekte und Vermittlung an Kinder sollte hervorgehoben werden, also auch dazu ein Themenblock, der unsere Inhalte kindgerecht darstellt. Um jedem Teammitglied die Gelegenheit zu geben, sein Spezialgebiet vorzustellen und die Grundlagen und Entwicklungen der letzten Jahre präsentieren zu können findet am Anfang jedes Blockes ein Live-Vortrag statt, an dessen Anschluss unseren Expertinnen und Experten per Chat live Fragen gestellt werden können. Für weiterführende Diskussionen gibt es zum Abschluss des PfahlbauTV noch den Welterbe-Talk mit allen Beteiligten. Übertragen wird die Sendung auf unserer Homepage und über Facebook.

Am 1. Österreichischen Welterbetag geht das Kuratorium Pfahlbauten live auf Sendung – im PfahlbauTV.
Foto: Kuratorium Pfahlbauten

Aber auch immer mehr Ehrenamtliche, Interessierte, Mitarbeiter, Museen und Vereine fanden sich, die bereit waren, zu ihrem jeweiligen Berührungspunkt mit dem Welterbe Pfahlbauten zu erzählen. Sie zeigen spannende Projekte wie den Steinzeitgarten oder das interaktive Pfahlbaumodell, stellen das Projekt "Pfahlbaukrug und Pfahlbaubier" vor, nehmen die Zuseher mit auf eine Tour durch ihre Museen, zeigen ihnen, wie man sich das Leben an den Seen vor 6.000 Jahren vorstellt und entführen sie auf eine Reise unter Wasser.

Neben all den wichtigen Themen und Personen haben wir aber auch den Spaß bei der Sache nicht zu kurz kommen lassen. So erwartet die Zuschauer neben der Vorstellung unserer Printprodukte und Onlineformate auch noch eine Kochshow mit dem Ziel dem Feind des Keutschacher Welterbes, dem Zander, entgegenzuwirken, eine musikalische Einlage der VS Loibichl auf steinzeitlichen Instrumenten und eine eigens produzierte Pfahlbaubier-Werbung. Auch der Titel des Formates, "PfahlbauTV", entstand aus einem intern als Arbeitstitel verwendeten Wortwitz. ArchäoMusik Wien hat dafür auf steinzeitlichen Instrumenten einen Jingle produziert.

Die engagierten Menschen aus den Welterberegionen treten vor die Kamera und teilen ihr Interesse und ihre Begeisterung.
Foto: Kuratorium Pfahlbauten

Wissenschaftskommunikation – online

Mittlerweile liegt das Programm bei fünf Stunden Sendezeit. Zum Glück tat sich auch hier eine wunderbare Chance auf und uns wurde vonseiten des Naturhistorischen Museums Wien, an dem wir seit 2012 unseren Verwaltungssitz haben dürfen, angeboten, das neu errichtete "Deck 50" als Live-Studio zu nutzen. Dieser Veranstaltungsraum wird, nach der Pandemie, als Plattform für Wissenschaftskommunikation für den Besucherverkehr geöffnet, was thematisch wie ideell perfekt zu unserer Veranstaltung passt.

Archäologie virtuell und live

Doch wir sind natürlich nicht die Einzigen, die der Pandemie trotzen und sich ein Programm überlegt haben. Auf der Homepage zum 1. Österreichischen Welterbetag findet sich Information und Programm zu jeder Welterbestätte. So sind wir auch nicht das einzig archäologische Welterbe, das diese Gelegenheit nutzen möchte, seine Forschungen ans Licht zu bringen. Beispielsweise wird auch das tief im Inneren des Berges und unter der Erde verborgene, archäologische Erbe Hallstatts am 18. April durch Live-Vorträge der Forschenden unter der Leitung von Hans Reschreiter und viel Online-Inhalt vertreten sein. Dabei kann man unter anderem eine virtuelle Tour durch die bronzezeitliche Fundstelle unternehmen, prähistorische Fundstücke in 3D betrachten und sich Informationen zur 7.000-jährigen Geschichte des Salzbergbaus holen.

Beim PfahlbauTV stehen die Expertinnen und Experten live für Fragen zur Verfügung.
Foto: Kuratorium Pfahlbauten

Wir hoffen, dass wir mit unserem PfahlbauTV – das nach der Livesendung natürlich auch zum Nachschauen veröffentlicht wird – viele Menschen in ganz Österreich und darüber hinaus erreichen werden und einen erfolgreichen Testlauf absolvieren, um auf das Format auch in den nächsten Jahren zurückzukommen. Immerhin haben wir auch nächstes Jahr ein Jubiläum zu feiern: den 50-jährigen Jahrestag der Unesco-Welterbekonvention und den 30-jährigen Jahrestag der Unterzeichnung dieser durch Österreich. Vielleicht gibt es also nächstes Jahr ein "WelterbeTV". (Fiona Poppenwimmer, Helena Seidl da Fonseca, Cyril Dworsky, 8.4.2021)