Eine defekte Waschmaschine kann viel Frust auslösen. Die Beanstandung von Mängeln soll nun erleichtert werden.

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Nicht einmal ein Jahr alt und der Kühlschrank stimmt ein nervtötendes Surren an. Eine kostenlose Reparatur oder ein neues Gerät zu bekommen, ist vom Gewährleistungsrecht gedeckt. Künftig soll es einfacher werden, derlei Mängel zu beanstanden. Zwei EU-Richtlinien zum Konsumentenschutz wurden nun in Österreich in Gesetze gegossen. Dabei werden auch praktische Probleme durch den digitalen Wandel berücksichtigt. Die Neuerungen, die Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Mittwoch vorstellte, gehen in parlamentarische Begutachtung und sollen ab Juli gelten.

Frage: Wie profitieren Konsumenten?

Antwort: Verbraucher haben künftig ein Jahr lang Zeit, einen Mangel bei einem Produkt zu reklamieren, ohne nachweisen zu müssen, dass der Fehler erst nach der Übergabe verursacht wurde. Diese Beweislast zugunsten der Verbraucher galt bisher nur in den ersten sechs Monaten ab Kauf. Bricht etwa innerhalb eines Jahres die Tür vom neuen Schrank ab, muss der Verkäufer beweisen, dass das Scharnier ursprünglich einwandfrei war. Wer einen Mangel feststellt, kann vom Verkäufer verlangen, das Produkt zu reparieren oder umzutauschen. Wenn der Schaden gering ist, kann eine Preisminderung anfallen.

Die gesamte Gewährleistungsfrist beträgt weiterhin zwei Jahre. Neu ist, dass Verbraucher ihre Ansprüche nach Ablauf dieser Frist noch drei Monate vor Gericht geltend machen können.

Frage: Oft funktioniert nach dem Kauf ein Gerät, das später unerwartet den Geist aufgibt. Was gilt eigentlich als Mangel?

Antwort: Der Verkäufer muss im ersten Jahr nicht nur nachweisen, dass das Gerät bei Übergabe funktionstüchtig war, sondern auch, dass es keine unzulässigen Schwachstellen gab; etwa ein Kleber, der sich nach zehn Monaten löst, obwohl er nicht sollte. Die Regelung soll Anreize schaffen, langlebigere Geräte auf den Markt zu bringen und somit auch die Umwelt zu entlasten.

Frage: Reizt Österreich die EU-Vorgaben aus?

Antwort: Die Richtlinie hätte ermöglicht, die Gewährleistungsfrist bei langlebigen Gütern von derzeit zwei Jahren weiter auszudehnen. Das wurde in Österreich verabsäumt, kritisiert der Verbraucherschutzverein (VSV). Im Sinne der Nachhaltigkeit seien längere Fristen wünschenswert.

Frage:Warum hat man davon abgesehen?

Antwort: Mit dem Entwurf versuche man die Interessen der Verbraucher und der Unternehmen auszutarieren und einen sachgerechten Ausgleich zu finden, erklärt Johannes Stabentheiner, Abteilungsleiter im Justizministerium. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei das mit dem vorliegenden Entwurf gelungen. Der Entwurf enthalte wesentliche Verbesserungen für Verbraucher. Doch auch in der jetzigen Form bringe die neue Richtlinie eine zusätzliche Belastung für den Handel, gibt man in der Wirtschaftskammer zu bedenken. Die EU habe sich für die Beibehaltung einer grundsätzlich zweijährigen Gewährleistungsfrist entschieden, "was wir für sinnvoll und richtig erachten". Österreich schert bei der Umsetzung also nicht aus.

"Ich hatte es in der Hosentasche und plötzlich ist das Display zersprungen" – Auch wenn Verkäufer die Beweislast haben, fällt es oft leicht, einen Herstellermangel auszuschließen.
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Frage: Wie wird Digitalisierung berücksichtigt?

Antwort: Bisher galt das Gewährleistungsrecht für physische Waren. Künftig werden digitale Dienste wie Musikstreaming, Cloudservices etc. erfasst. Dazu kommt, dass Software-Updates bei Handys und anderen Smart Goods kostenlos angeboten werden müssen, solange dies "vernünftigerweise erwartet werden kann", heißt es aus dem Ministerium. Bei fortlaufenden digitalen Leistungen, wie bei einem Cloud-Dienst mit jährlichem Abo, sollen Verbraucher über die gesamten Vertragslaufzeit Gewährleistungsansprüche geltend machen können – etwa wenn nach drei Jahren die Foto-Cloud aufgrund eines Mangels beim Anbieter Speicherfehler aufweist.

Frage:Was ist mit vielen digitalen Diensten, wie Facebook oder Youtube, die gratis sind?

Antwort: Digitale Dienste, die man nicht mit Geld, aber mit personenbezogenen Daten bezahlt, sollen auch unter das Gewährleistungsrecht fallen. Wer etwa einen Account bei einer kostenlosen Video-Streaming-Plattform hat, kann im Fall eines Mangels auf Anbieterseite auf die Gewährleistung pochen. Wird das Problem nicht behoben, können Verbraucher verlangen, dass ihre Daten nicht weiter verwertet werden. Das entspricht zwar meist der gelebten Praxis, erhält nun zusätzlich zur Datenschutzregelung einen weiteren rechtlichen Anker. (Leopold Stefan, 8.4.2021)