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Sloweniens Premier Janez Jansa beschuldigte den in Wien ansässigen ARD-Korrespondenten Nikolaus Neumaier "Zensur im Stil von Prawda oder Der Stürmer" zu betreiben.

Foto: Reuters, LEONHARD FOEGER

Ljubljana – Sloweniens Premier Janez Jansa hat sich auf Twitter wieder einmal auf einen ausländischen Journalisten eingeschossen. Offenbar missfallen hat Jansa ein Bericht der ARD über die Pressefreiheit in Slowenien. Den in Wien ansässigen ARD-Korrespondenten, Nikolaus Neumaier, beschuldigte er "Zensur im Stil von Prawda oder Der Stürmer" zu betreiben.

Jansa warf dem Journalisten vor, aus seinem Beitrag fast alle Gesprächspartner herausgenommen zu haben, die mit seiner "einseitigen Agenda" nicht einverstanden gewesen seien. "Eine Schande für die ARD", twitterte der slowenische Regierungschef am gestrigen Mittwoch. Der TV-Bericht wurde am 31. März in den ARD-Tagesthemen ausgestrahlt, Jansa reagierte mit seiner Kritik auf einen Tweet des Journalisten, der zuvor die Berichterstattung aus Slowenien angekündigt hatte.

Auf Jansas Angriff machte das ARD-Südosteuropastudio auf Twitter aufmerksam und hob hervor, dass "Der Stürmer", die Zeitung, mit der Jansa den Tagesthemen-Bericht verglichen hat, ein "Hasspropagandainstrument Nazi-Deutschlands" gewesen sei. Die ARD fügte hinzu, dass in dem Bericht der Regierungssprecher Uros Urbanija auftrat. Der slowenische Regierungschef reagierte auch auf diesen Tweet. "Ich habe die Wette gewonnen", twitterte Jansa. "Prawda ist für sie überhaupt kein Problem. Wahrscheinlich ist @NikNeumaier sogar stolz darauf, diese zu imitieren", fügte er hinzu. Die Prawda ("Wahrheit" auf russisch) war von 1918 bis 1991 das Zentralorgan des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei in der Sowjetunion.

Persönlich attackiert

Der ARD-Bericht ist nach der Ausstrahlung bereits in Jansa nahestehenden Medien attackiert worden. Die Berichterstattung wurde als "einseitig" und als ein "neues Zensurbeispiel" bezeichnet. Heftig kritisiert wurde der ARD-Journalist vom slowenischen Journalisten und Inhaber eines Boulevardportals, Bojan Pozar. Dieser beschwerte sich, dass er trotz eines längeren Interviews im ARD-Bericht nicht vorgekommen sei, weil seine Aussagen nicht in deren "im Voraus vorbereitete medial-politische Agenda" gepasst hätten.

Es ist nicht das erste Mal, dass der slowenische Regierungschef auch ausländische Journalisten wegen deren Berichterstattung persönlich attackiert. Für großes Aufsehen sorgte im Februar sein Angriff auf die Journalistin des EU-Portals "Politico" Lili Bayer, der Jansa wegen eines Artikels über die Medien Käuflichkeit vorgeworfen hatte. Die EU-Kommission verteidigte daraufhin die Medienfreiheit und verurteilte die Aussagen. (APA, 8.4.2021)