Da fliegt es hin, das Geld.

Grafik: Signal

Kryptomessenger und Kryptowährung: Das klingt doch schon rein sprachlich nach einer logischen Kombination, oder? In der Realität stoßen die aktuellen Pläne von Signal, einen eigenen Bezahldienst einzuführen, aber auf deutlich weniger Begeisterung. Die Schar der Kritiker ist laut, so manch langjähriger Verfechter fordert dabei gar eine Kehrtwende – sonst sollte man sich nach Alternativen umsehen.

Dumme Idee

Einer der prominentesten Kritiker ist dabei der angesehene Sicherheitsexperte Bruce Schneier. In einem Blogeintrag bezeichnet er die Payment-Pläne von Signal als eine "unglaublich dumme Idee". Eine Kryptowährung zu einem Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messenger hinzuzufügen würde ganz neue moralische Fragen aufwerfen, vor allem aber unweigerlich das Interesse von allerlei staatlichen Behörden und Regulatoren auf sich ziehen. Genau damit gefährde man dann aber das Kernprodukt – also den Messenger. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei ohnehin schon unter Beschuss, diese Situation weiter zu verschärfen, indem man zwei Dienste kombiniere, die gut getrennt betrieben werden können, sei falsch.

Frage der Motivation

In eine ähnliche Kerbe schlägt ein weit verbreiteter Blogeintrag des Softwareentwicklers Stephen Diel, der die Kritik aber noch ausweitet. So betont zwar auch er die wichtige Rolle, die Signal für eine Vielzahl von Menschen einnimmt – nicht zuletzt auch für politische Aktivisten und andere besonders schutzbedürftige Personen. Er unterstellt den Entwicklern aber zusätzlich zweifelhafte Absichten. Dass Signal auf eine bislang unbekannte Coin namens MOB setzt, klinge nach einem "Pump and Dump"-Schema, wie man es von anderen betrügerischen Kryptowährungen kenne – also dem Versuch, sich selbst zu bereichern.

Dass Signal-Gründer Moxie Marlinspike schon seit längerem eine beratende Rolle bei Mobile Coin habe und damit jener Firma, die für MOB verantwortlich zeichnet, sei ein massiver Interessenkonflikt. Insofern sei es auch kein Wunder, dass der Dienst vorerst nur in Großbritannien getestet werde, in den USA wäre er wahrscheinlich illegal, zeigt sich Diel überzeugt. Generell fühle sich ein angefügter Kryptodienst immer wie eine Ausnutzung der User an. Es gebe gute Gründe, warum Telegram mit seiner ICO nach Einschreiten der Börsenaufsicht gescheitert sei. Oder auch warum Facebooks Pläne in dieser Hinsicht nicht vom Fleck kommen.

Diskussion

Durchaus lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Diskussions-Thread auf "Hacker News", hat sich dort doch der Chef von Mobile Coin den Diskutanten gestellt. So betont er etwa, dass es keinerlei versteckte Absicht gebe, es gehe lediglich darum, eine dauerhafte Finanzierungsbasis für Signal zu finden. Im Detail stoßen seine Antworten allerdings bislang auf wenig Begeisterung. So bemäkeln etwa einige, dass es keinerlei Transparenz zu Mobile Coin gebe und so das Ganze nicht von einem der vielen betrügerischen Angebote zu unterscheiden sei.

SGX

Zu all dem kommt dann noch Kritik an der Implementation des Bezahldiensts, spielt doch Intel SGX eine wichtige Rolle, und damit eine proprietäre Hardwarelösung von Intel. Schon in der Vergangenheit musste sich Signal wegen der Nutzung von SGX beim Kontaktabgleich Kritik anhören. Hier kommt aber verschärfend hinzu, dass man damit das Vertrauen in die Absicherung der Bezahlvorgänge de facto in die Hände von Intel legt. (Andreas Proschofsky, 9.4.2021)