Im Streit um die Entlassung des ungarischen Hertha-BSC-Torwarttrainers Zsolt Petry hat die Regierung in Budapest die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland infrage gestellt. "In einem Rechtsstaat kann man für eine Meinungsäußerung nicht bestraft werden", sagte Gergely Gulyás, Kanzleiminister von Regierungschef Viktor Orbán, am Donnerstag. Der Schritt erinnere ihn an das "totalitäre Regime" in Deutschland während der Nazizeit.

"Vor allem muss Deutschland die Frage beantworten, ob es die Rechtsstaatlichkeit noch aufrechterhält." Dem ungarischen Außenministerium zufolge wurde der Geschäftsträger der deutschen Botschaft in das Ministerium zitiert. Dies bestätigte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes. Die Äußerungen der ungarischen Regierung seien in keiner Weise nachvollziehbar. "Das hat der Geschäftsträger im Gespräch auch der ungarischen Regierung mitgeteilt. Die Anspielungen auf den Nationalsozialismus weisen wir in aller Deutlichkeit zurück."

Gemeldet

Ein Sprecher des Berliner Fußballclubs Hertha BSC nannte Gulyás' Vergleich auf Anfrage "abstrus". Der Verein setze sich "aktiv für eine vielfältige Gesellschaft, Gleichberechtigung und Toleranz" ein.

Auch Ungarns Außenminister Péter Szijjártó meldete sich auf Facebook zu Wort. "Ein Fußballer (...) ist gekündigt, wenn er gegen den liberalen Mainstream Position bezieht bezüglich der Familie und der Migration", schrieb er am Donnerstag. Mit Verweis auf die Empörung in Österreich um die Anprangerung der österreichischen Journalistin Franziska Tschinderle im ungarischen Staatsfernsehen hieß es auf Szijjártós Facebook-Seite weiter: "Die liberale Journalistin darf aber ruhig Fake News über ein Land verbreiten, denn wir haben ja Pressefreiheit, aber wenn ein anderer Journalist sie kritisiert (...), dann ist das bereits ein Angriff auf die Pressefreiheit."

Reaktion

Der Berliner Verein Hertha hatte Petry nach umstrittenen Äußerungen zu sexueller Vielfalt und Einwanderung in einem Interview mit der ungarischen regierungsnahen Zeitung "Magyar Nemzet" freigestellt. Der Trainer erklärte, er bedauere seine Aussage zur Einwanderungspolitik und sei weder homophob noch fremdenfeindlich. Die ungarische Regierung hat die Rechte von Homosexuellen beschränkt und spricht sich für eine strenge Einwanderungspolitik aus. Das Land steht seit Jahren wegen des Umgangs mit Justiz und Medien in der Kritik. (APA, 8.4.2021)