Justizministerin Alma Zadić und Friedrich König, der Generaldirektor des Strafvollzugs, wollen die Rückfallquote von Straftätern senken. Derzeit liegt sie bei durchschnittlich 50 Prozent.

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Justizministerin Alma Zadić hat ein ambitioniertes Ziel: Sie will den Strafvollzug in Österreich reformieren. Die wichtigsten Knackpunkte dabei sind: Wie können die Häftlingszahlen gesenkt werden? Wie kann erreicht werden, dass weniger Straftäter rückfällig werden? Wie kann die Justizwache ausgebaut und in anderen Bereichen Kosten eingespart werden?

Das Vorhaben ist auch ein Gebot der Stunde, denn manche Gefängnisse, wie etwa die Wiener Justizanstalt Josefstadt, sind überfüllt – und das, obwohl im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie per Verordnung festgelegt wurde, dass bei einer Verurteilung wegen eines Vergehens (weniger als drei Jahre Höchststrafe) der Haftantritt aufgeschoben werden muss.

Zusätzliche Verschärfung

Ausgenommen von dieser Regelung sind Verurteilungen nach dem Sexualstrafrecht. Gefängnisstrafen wegen eines Verbrechens (mehr als drei Jahre Strafandrohung) dürfen generell nicht aufgeschoben werden. Dennoch ist damit zu rechnen, dass Hunderte der erwähnten Nachzügler in den kommenden Monaten die Situation in den Haftanstalten zusätzlich verschärfen werden.

Die Arbeitsgruppe Strafvollzug im Ministerium legte nun folgende Maßnahmen vor, aus denen Ministerin Zadić bis Sommer einen Gesetzesvorschlag machen will:

Hausarrest: Der Einsatz des elektronisch überwachten Hausarrests (EÜH) vulgo Fußfessel, mit der ein Teil der Strafe statt hinter Gittern in eingeschränkter Freiheit verbüßt werden kann, soll massiv ausgebaut werden. Künftig soll nicht mehr nur auf Antrag der Betroffenen, sondern amtswegig darüber entschieden werden. Der EÜH soll bis zu 24 Häfen-Monate ersetzen können. Gegen Ende der Maßnahme soll es möglich werden, die Fußfessel zeitweise abzuschalten – also quasi ein digitaler Freigang.

Kurzfristiger Jobverlust – Arbeit und Unterkunft sind Voraussetzungen für den Hausarrest – soll nicht mehr wie bisher zur sofortigen Rückkehr ins Gefängnis führen. Betroffene erhalten Zeit, sich nach einem neuen Job umzusehen.

Ein Hafttag kostet 130 Euro

Die Entlastung durch den EÜH ist auch finanziell kalkulierbar: Ein Tag im Gefängnis kostet pro Häftling rund 130 Euro, ein Tag Fußfessel 25 Euro. Seit 2010, als die Maßnahme eingeführt wurde, habe man so rund 16 Millionen Euro eingespart, rechnet Friedrich König, der Generaldirektor des Strafvollzugs, vor.

Gutpunkte sammeln: In der Haft selbst soll ein Bonussystem eingeführt werden, um schneller zu einer etwaigen bedingten Entlassung oder Fußfessel zu kommen. Damit soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, aktiv gemeinschaftliche Aufgaben zu übernehmen oder bei gemeinnützigen Projekten in Justizanstalten mitzuarbeiten.

Vollzugsplan: Schon vor Haftantritt soll künftig für und mit jedem Verurteilten ein individueller Vollzugsplan ausgearbeitet werden. Dabei spielen berufliche Fähigkeiten, handwerkliches Geschick und die Lage der Justizanstalt eine Rolle. Sozialtherapeutische Angebote sollen die Resozialisierung verbessern und die derzeitige Rückfallquote von 50 Prozent senken.

Pro Jahr gibt es in Österreich in strafrechtlichen Verfahren rund 10.000 Freisprüche, 20.000 bedingte und 10.000 unbedingte Geld- oder Haftstrafen. (Michael Simoner, 9.4.2021)