Keine untypische Szene: Salzburgs Patson Daka bejubelt ein Tor, Rapids Filip Stojković liegt auf dem Rasen, Keeper Richard Strebinger kniet.

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Meistergruppe: Die 2. Runde im Ticker, So., ab 14.30 Uhr

Gerade in tristen Zeiten müssen Träumereien erlaubt sein. In einer Welt ohne Corona wäre Rapid am Sonntag möglicherweise ins große Happel-Stadion ausgewichen. Aufgrund der Konstellation in der Bundesliga hätte man zumindest 40.000 Tickets absetzen können. Zoran Barišić, der Geschäftsführer Sport, wird allerdings im leeren Allianz Stadion Platz nehmen. "Die Situation ist furchtbar. Trotzdem freue ich mich sehr aufs Spiel." Wobei sich sportlich wenig geändert hätte. "Red Bull Salzburg ist immer und überall der Favorit."

Gary Lineker, die englische Legende, hat vor knapp 30 Jahren behauptet, dass Fußball ein einfaches Spiel sei: "22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen." Gegen England. Auf Österreich gemünzt: Am Ende gewinnt Salzburg. Gegen Rapid.

Das Umdenken

In Hütteldorf hat ein Umdenken stattgefunden. Einst wurde gebetsmühlenartig betont, es sei ein Treffen "Tradition gegen Kommerz", also "Gut gegen Böse". Nicht nur Barišić ist das schon zu fad. "Es ist beeindruckend, wie sie das durchziehen. Respekt. Klar, sie haben mehr Möglichkeiten, aber das weiß mittlerweile jeder. Man kann ihnen die wirtschaftlichen Vorteile nicht vorwerfen. Sie dominieren wie die Bayern in Deutschland." Anders ausgedrückt: "Sie müssten in Badeschlapfen Meister werden."

Die Ausgangslage ist klar. Salzburg hat vier Zähler plus auf den vermutlich einzigen Verfolger Rapid. Im Fall eines Sieges wären es sieben, und der achte Meisterteller infolge wäre abholbereit. Barišić spricht vor der Partie nicht vom möglichen Titel, danach wird er es auch bleiben lassen. "Im Fall einer Niederlage wäre es zudem lächerlich. Das sind nur Floskeln."

Die Realität sind die Resultate. Die Bullen, 2005 gegründet, halten gegen Rapid bei 31 Siegen, 16 Remis und nur 13 Niederlagen. 111:81 lautet das Torverhältnis zwischen Salzburg und Rapid. In bisher 60 Liga-Partien. Zuletzt war es besonders deutlich, unter Trainer Jesse Marsch gab es sieben Erfolge und ein Unentschieden. 2:7, 2:6 (Cup), 2:4 endeten die jüngsten Vergleiche, ein 1:1 hat sich dazwischen geschummelt. Barišić: "Sie sind gegen uns extrem motiviert, schrauben das ohnedies hohe Niveau noch weiter rauf. Das zeugt von großartiger Mentalität." Andererseits sei es auch ein Zeichen der Wertschätzung, ein Kompliment: "Wir sind für sie extrem wichtig."

"Stets ein Highlight"

Salzburgs Kapitän Andreas Ulmer bestätigt die Einschätzung. "Auch wenn viele in erster Linie unsere zuletzt teilweise recht deutlichen Siege in Erinnerung haben, wissen wir Spieler schon, dass es da auch etliche sehr knappe Partien gegeben hat. Aber Fakt ist, dass wir aufgrund der Brisanz extrem fokussiert und konzentriert in die Duelle mit Rapid gehen. Und da ist es uns insgesamt sehr gut gelungen, das meist bis zum Abpfiff durchzuziehen." Trainer Marsch streut Rosen. "Die Form von Rapid ist sehr gut, sie haben sicherlich viel Selbstvertrauen. Sie sind eine super Mannschaft, haben hohe Qualität und viele Spieler, die in guter Form sind. Es wird ein ganz schwieriges Spiel für uns. Aber wir freuen uns darauf, denn die Duelle mit Rapid sind stets ein Highlight."

Trainer-Kollege Didi Kühbauer ist bereit für den nächsten Anlauf. "Glaube, Wille und Überzeugung werden sicher nicht reichen. Jeder muss defensiv wie offensiv eine Topleistung abliefern. Wir spielen immer auf Sieg."

Spektakuläre Generalprobe

Am Ostersonntag, an Kühbauers 50. Geburtstag, wurde der Wolfsberger AC 8:1 deklassiert, eine spektakulärere Generalprobe ist nahezu denkunmöglich. Thorsten Schick war daran beteiligt. Der Offensivspieler will die Leistung von Kärnten weder über- noch unterbewerten. "Es gibt so Tage, da ist jeder Schuss ein Treffer. Auf der Heimfahrt gab es im Bus keine Party. Wir glauben nicht, dass wir die Könige sind." Schick hofft, dass sich dieser Kantersieg gegen Salzburg bemerkbar macht. "Gegen sie verkrampfen wir immer etwas. Das müssen wir unbedingt vermeiden."

Für Kühbauer ist der bisherige Verlauf der Saison "unglaublich". Bei allem Realismus fördert er die hohen Erwartungen seiner Spieler. "Man träumt ja nicht davon, Zweiter zu werden." Der gravierende Unterschied zwischen Salzburg und Rapid sei das Geld. "Sie machen es hervorragend und wir auch."

Kluft wächst

Zoran Barišić wird am Sonntag um 17 Uhr alleine im leeren Allianz Stadion sitzen. Von einigen Funktionären und Ehrengästen abgesehen. Die Pandemie, sagt er, vergrößere die Kluft. Salzburg hat auf sämtliche Förderungen verzichtet, für Rapid waren sie die Rettung. "Corona ist für uns weiter ein Kampf ums Überleben." Nun geht es um drei Punkte. Barišić ist zuversichtlich. "Wir können es schaffen. Sofern wir das Glück auf unsere Seite zwingen." Aber das sei fast eine Floskel. (Christian Hackl, 10.4.2021)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zur 24. Runde der Fußball-Bundesliga (live auf Sky):

Meistergruppe, 2. Runde (Sonntag):

SK Rapid Wien – Red Bull Salzburg (Wien, Allianz Stadion, 17.00 Uhr). Bisherige Saisonergebnisse: 1:1 (h), 2:4 (a). Dazu ÖFB-Cup-Achtelfinale: 2:6 (a)

Rapid: Strebinger – Stojkovic, Hofmann, Barac, Ullmann – Petrovic, D. Ljubicic – Schick, Fountas, Ritzmaier – Kara

Ersatz: Gartler – Greiml, Grahovac, Knasmüllner, Demir, Arase, Kitagawa

Es fehlen: Schobesberger (Muskelverletzung), Dibon, Velimirovic (beide rekonvaleszent bzw. im Aufbautraining), Schuster (angeschlagen)

Salzburg: Stankovic – Kristensen, Ramalho, Wöber, Ulmer – E. Mwepu, Bernede, Junuzovic, Aaronson – Berisha, Daka

Ersatz: Mantl – Bernardo, Farkas, Solet, Affengruber, Seiwald, Sucic, Adeyemi, Okafor

Es fehlen: Vallci (Achillessehnenriss), Camara, Koita (beide Doping-Sperre)