Die Kanzlerpartei schreckt nicht einmal davor zurück, den Koalitionspartner in den Dreck zu ziehen.

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Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Da zeigen die Chats des Thomas Schmid minutiös auf, was der innerste Kreis um Sebastian Kurz offenbar unter "Regieren" versteht: packeln, mauscheln, das Familiensilber untereinander aufteilen – und die Ertappten erklären mit der größten Selbstverständlichkeit, dies sei alles ganz normal.

Der Kanzler höchstpersönlich machte den Anfang, er erklärte in beiläufigem Ton, es sei völlig normal, dass eine Regierung Posten mit Menschen besetze, denen sie vertraue. Finanzminister Gernot Blümel, von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mittlerweile als Beschuldigter in der Causa Casinos geführt, sagt in diversen Interviews dasselbe und verharmlost die Sachverhalte: "Warum soll ich keine Emojis schicken?"; "Alle Regierungen machen das" (Schlüsselposten in staatsnahen Betrieben mit Vertrauten besetzen). Er garnierte dies noch mit der Bemerkung, er verstehe ja "zum Teil", dass seine kessen Whatsapp-Nachrichten an Schmid für Irritation sorgen könnten. Aber – und hier gab er eine neue Message-Control-Marschrichtung vor: Solche Kurznachrichten schrieben doch alle, wer habe nicht schon "in der Emotion" unvorsichtig formuliert.

Arrogant, unverschämt und verantwortungslos

Seither variieren eifrige türkise Gefolgsleute, von August Wöginger abwärts bis hin zum Abgeordneten Andreas Hanger, das Thema brav rauf und runter. Da wird verharmlost, verniedlicht, spitzbübisch-augenzwinkernd vom Tisch gewischt, während man mit ausgestrecktem Finger auf alle anderen zeigt: "Seht her, alle machen es so!" Das ist arrogant, unverschämt und verantwortungslos.

Die Kanzlerpartei schreckt nicht einmal davor zurück, den Koalitionspartner in den Dreck zu ziehen. Postenbesetzungen werden in Bausch und Bogen als "Postenschacher" bezeichnet. Da wird bewusst der feine Unterschied zwischen Besetzungen negiert, bei denen politisch genehme, aber zumindest für den Job geeignete Menschen zum Zug kommen, und der Causa Schmid, wo sich ein Vorstandsvorsitzender in spe eine "Schmid AG" mit Staatsvermögen gezimmert hat – mit "steuerbaren" Aufsichtsräten und einer Job-Description, die vor allem in seinem Sinne günstig war.

Keine Spur von Reue

Und, fast noch schlimmer: Kurz und sein Team zeichnen ein Bild von einem verkommenen Österreich, einer verrotteten Republik, in der alle nur auf ihren eigenen Vorteil schauen und das Land als Selbstbedienungsladen ansehen, ein Land, in dem nur die Verhaberung mit den "richtigen" Leuten zählt. Keine Spur von Reue, kein Ton der Entschuldigung, keine Scham über das Geschehene. Einfach nur: "Alle sind so."

Sind sie nicht. In Österreich leben viele anständige Menschen, die sich nicht verdient haben, mit einer Republik voller Sumpfblüten assoziiert zu werden.

Angriff auf unbequeme Journalisten

Um noch eins draufzusetzen, werden unbequeme Journalisten von eilig gegründeten Propagandaplattformen angegriffen, werden ernsthaft recherchierende und berichtende Medien denunziert und verächtlich gemacht.

Namhafte Vertreter der Republik müssen sich endlich gegen diese "Haltet den Dieb"-Politik wenden, allen voran der Bundespräsident. Aber auch jene in der ÖVP, für die Anstand, Verantwortung und demokratische Werte noch etwas gelten, müssen aufstehen. Der Schaden für Österreich ist bereits eingetreten. Er darf nicht noch größer werden. (Petra Stuiber, 11.4.2021)