Die Zahl der weltweiten Feier- und Gedenktage ist schier unüberblickbar, und so dürfte den meisten hierzulande nicht geläufig sein, dass heute etwa der Beginn des Neujahrsfests Songkran laut thailändischem Mondkalender ist. Außerdem mag der eine oder die andere in den USA den Scrabble-Tag oder den Mittagessen-ist-wichtig-Tag feiern. Einen Aktionstag mit ernstem Hintergrund begehen indes rund 80 Museen und Kultureinrichtungen: Sie beschäftigen sich mit der Frage, woher die Gegenstände, die Ausstellungsräume und Depots bestücken, eigentlich kommen, kurz: mit Provenienzforschung.

Wie sieht die Herkunftsgeschichte der Ausstellungsstücke aus, und wie soll man mit ihnen umgehen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Provenienzforschung, unter anderem im Weltmuseum Wien.
Foto: APA/Georg Hochmuth

Rund um den 14. April – den Tag der Provenienzforschung – finden daher zum dritten Mal an Stätten im deutschsprachigen Raum, in Großbritannien und den USA entsprechende Veranstaltungen statt, coronabedingt vor allem virtuell. Neben Online-Ausstellungen, -Führungen und -Vorträgen finden sich auch ein Online-Quiz, eine Telefonsprechstunde und Außenvitrinen im Programmangebot. In Österreich nehmen das Kunsthistorische Museum (KHM), das Weltmuseum und das Museum für angewandte Kunst (MAK) teil.

Hinter dem Aktionstag steht der Arbeitskreis Provenienzforschung. Die beteiligten Forschenden beschäftigen sich mit der Analyse und Diskussion der Herkunft und des unrechtmäßigen Entzugs von Kulturgütern. Das ist besonders heute relevant, da eine rege Debatte in einigen Ländern mit Kolonialismusvergangenheit im Gange ist. Hierbei geht es etwa um Überlegungen dazu, wie es um die Rückerstattung (Restitution) von Objekten und/oder ihre Rückstellung in die Ursprungsländer steht. Der Aktionstag soll die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit aufzeigen, aber auch auf die problematische und prekäre Beschäftigungssituation vieler Personen im Bereich der Provenienzforschung aufmerksam machen.

Objekte aus Ostafrika

Schon heute, Dienstag (13.4.), findet im Weltmuseum eine virtuelle Präsentation eines aktuellen Forschungsprojekts statt. Ab 19 Uhr geht es um den Fregattenarzt Emmerich Billitzer, der in den Jahren 1884/85 während einer Übungsfahrt nach Ostafrika Gegenstände für das damalige k. k. naturhistorische Hofmuseum "sammelte". Die ethnographischen Objekte dieser im Auftrag des k. k. Reichskriegsministeriums durchgeführten Reise befinden sich heute im Depot des Weltmuseums Wien. Im Projekt setzen sich die Forschenden – allen voran Projektleiterin Nadja Haumberger – mit der komplexen Sammlungsgeschichte auseinander. Sie arbeiten an der Sichtbarmachung von und Diskussion zu Objekten mit kolonialer Provenienz.

Am Donnerstag den 15.4. findet außerdem um 16 Uhr ein Online-Rundgang durch die Schausammlung des Museums statt. Dabei stehen Erwerbsgeschichten von Objekten ("Geschenkt, getauscht, gekauft, geraubt") im Zentrum.

Musikinstrumente im KHM

Im Kunsthistorischen Museum liegt der Fokus auf der Rückgabe von Gegenständen, die seit der NS-Zeit ins Museum gelangt sind. Jene Objekte, die sich in Folge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft unrechtmäßig im Museum befinden, sollen zurückgegeben bzw. an die Personen in Rechtsnachfolge überstellt werden. In den letzten 20 Jahren wurden insgesamt 40 Dossiers über 956 Objekte dem Kunstrückgabebeirat vorgelegt.

Die jüngste Veröffentlichung der Historikerin und Provenienzforscherin Monika Löscher thematisiert die Sammlung alter Musikinstrumente im KHM. Diese stellt sie im Gespräch mit dem Kunsthistoriker Daniel Uchtmann am Mittwoch den 14.4. um 18 Uhr per Zoom-Talk vor.

Restituierte Kunst

Am MAK lassen sich die Rückgaben von Objekten, die in der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden, nun auf der überarbeiteten Website des Museums betrachten und nachlesen. Im damaligen Staatlichen Kunstgewerbemuseum wurden während der NS-Zeit etwa über 4.200 Kunstgegenstände inventarisiert, die es teilweise noch zu überprüfen gilt. Zusätzlich zu den Fällen seit 1999 sind nun Berichte online, die die Restitutionen der Nachkriegszeit dokumentieren. Seit 1998 wurden über 90 Dossiers erstellt und dem Kunstrückgabebeirat vorgelegt; aufgrund der entsprechenden Beschlüsse konnten seit 1999 mehr als 470 Objekte restituiert werden.

Daneben gibt es vor allem an deutschen Museen, aber auch an einigen schweizerischen, US-amerikanischen und britischen Einrichtungen Veranstaltungen zum Thema. Am 14.4. soll etwa am Londoner Victoria & Albert Museum der Kurator Jacques Schuhmacher auf seinem Twitter-Profil eine Tour durch die Ausstellung 'Concealed Histories: Uncovering the Story of Nazi Looting' leiten. An den Sächsischen Landesbibliotheken stellen Forschende in einer Onlineausstellung die Frage nach NS-Raubgutforschung anhand von Büchern und laden um 17 Uhr zu einem Eröffnungsrundgang ein. (red, 13.4.2021)