Erst grüner Nationalratsabgeordneter, dann Kabinettschef, nun Abteilungsleiter im Ministerium: Dieter Brosz hat dank Werner Kogler einen Karrieresprung gemacht. Zu Recht?

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Entweder fährt die ÖVP eine Doppelstrategie, oder einer ihrer Abgeordneten hatte auf eigene Faust zum Schlag gegen den Koalitionspartner ausgeholt. Am Montag distanzierte sich Finanzminister Gernot Blümel von der Kritik des ebenfalls türkisen Parlamentariers Andreas Hanger an der mutmaßlichen "Postenversorgung" für grüne Parteigänger. Es sei "völlig normal", dass eine Regierung Personalentscheidungen treffe, sagte Blümel, solange "drei Parameter" eingehalten würden: die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Qualifikation der Person und die Letztentscheidung im zuständigen Organ – und all das treffe in dem angeprangerten Fall zu.

Konkret geht es um eine Personalentscheidung des grünen Parteichefs Werner Koglers. Als Vizekanzler hat dieser, wie es das Gesetz vorsieht, im Einvernehmen mit dem Finanzminister zwei Sitze im Aufsichtsrat der Abbag (Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes) besetzt. Einen davon wird Josef Meichenitsch einnehmen. Der Ökonom ist Abteilungsleiter bei der österreichischen Nationalbank und arbeitete davor bei der Finanzmarktaufsicht. Lange war Meichenitsch aber auch im grünen Parlamentsklub tätig, unter anderem für Kogler. Bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP saß er mit am Tisch.

Hohn über "Green Jobs"

Nun zeige sich, was Kogler und Co unter "Green Jobs" verstehen, höhnte Hanger und fügte eine ganze Liste angeblicher Sündenfälle an. Der bekannteste Name darauf ist Dieter Brosz. Kogler hat den Ex-Nationalratsabgeordneten, seinen Berater und Kurzzeit-Kabinettschef aus den ersten Regierungsmonaten, zum Abteilungsleiter im eigenen Ministerium erkoren. Ist etwas anrüchig an der Sache? Ein Abriss, wie die Bestellung gelaufen ist.

Der diskutierte Job ist von der Bedeutung her mit dem Vorstandsposten von Thomas Schmid in der Staatsholding Öbag, der die Postenschacher-Debatte ausgelöst hat, nicht vergleichbar. Als Abteilungsleiter ist Brosz im Kogler-Ressort in der vierten Ebene angesiedelt, unter dem Minister, der Generalsekretärin und dem für ihn zuständigen Sektionschef. Zwischen 70.000 und 75.000 Euro brutto liege sein Jahresgehalt, heißt es aus dem Ministerium. Zum Vergleich: Schmid kommt, wie die Zeitung Österreich berichtete, auf 400.000 Euro Fixum, inklusive Boni können bis zu 610.000 Euro herausschauen.

Beste Note bei der Bewertung

Ausgeschrieben hat das Ministerium den Posten Ende 2020, die Bewerbungsfrist lief bis zum 19. Jänner des aktuellen Jahres. Für die Formulierung des Anforderungsprofils zeichnete Eva Wildfellner verantwortlich, die von Kogler nach Amtsantritt zur Generalsekretärin gemacht wurde. Eine in der Wolle gefärbte Grüne ist die Spitzenbeamtin übrigens nicht. Einst war Wildfellner unter den sozialdemokratischen Ressortchefs Alois Stöger und Sabine Oberhauser (Vize-)Kabinettschefin im Gesundheitsministerium.

Wildfellner saß auch in der Begutachtungskommission, die unter den Bewerbern den geeignetsten auswählen sollte. Weiter Mitglieder waren zwei Personalvertreter, die Gleichbehandlungsbeauftragte des Ministeriums sowie Sektionschef Philipp Trattner, der politisch aus der FPÖ stammt und unter dem seinerzeitigen Sportminister Heinz-Christian Strache ins Amt berufen wurde.

Rund 50 Bewerbungen waren eingelangt, in die engere Auswahl kamen vier Männer. Laut offizieller Bewertung war Brosz, der lange Zeit Sportsprecher der Grüne war, letztlich der Einzige, den die Kommission für "in höchstem Ausmaß geeignet" hielt.

Auch bei den Grünen nicht unumstritten

Dennoch ist Brosz' Bestellung auch in der eigenen Partei nicht unumstritten. Das beginnt beim Zeitpunkt: Just in dem Augenblick, als die ÖVP im Zuge des Untersuchungsausschusses immer mehr in die Bredouille kommt, würden die Grünen eine unnötige Angriffsfläche bieten.

Außerdem ist der Kogler-Intimus nicht allseits beliebt. Im Parlament spielte Brosz einst den Chefstrategen, dem ein Drang zur Gleichschaltung der Meinungen in der Partei nachgesagt wurde. Seine Kritiker hielten ihn für einen der Hauptverantwortlichen für das Wahldebakel 2017, das die Grünen aus dem Parlament geworfen hat. An den politischen Aufräumarbeiten danach beteiligte sich Brosz nicht – umso mehr stört es manche, dass er nun wieder dick da ist. (Gerald John, 12.4.2021)