Die gebürtige Deutsche Lisa Weddig (37) übernimmt das Steuer bei der Österreich-Werbung.

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Inmitten der schwersten Krise des heimischen Tourismus bekommt Österreichs wichtigste Vermarktungsorganisation eine neue Geschäftsführung. Zur Nachfolgerin von Petra Stolba an der Spitze der Österreich-Werbung (ÖW) ist als Bestgereihte Lisa Weddig bestimmt worden. Die aus Göttingen stammende Tourismusfachfrau tritt den Job mit 1. Juni an.

Insgesamt hatten sich 32 Personen aus dem In- und Ausland für die mit rund 250.000 Euro dotierte Position beworben. Weddig habe die Auswahlkommission "mit ihren bisherigen beruflichen Stationen" und "einem souveränem Auftritt" überzeugt, sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger bei der Präsentation der neuen ÖW-Chefin am Dienstag. Weddig, die zwölf Jahre für den Reisekonzern Tui gearbeitet hat, sei "eine besonders gute Change-Managerin" und eine "perfekte Kommunikatorin" – Eigenschaften, die für den anstehenden Veränderungsprozess in der ÖW nötig seien. Touristiker begrüßten die Wahl.

Private und berufliche Leidenschaft

"Tourismus ist meine private und berufliche Leidenschaft," sagte Weddig. "Ich brenne für Aufgaben, die ich übernehme. Das ist auch jetzt der Fall." Ihr Ziel in der neuen Funktion ab Juni sei es, "den schnellsten Restart des Tourismus in Europa hinzulegen".

Seit Anfang November befindet sich die Branche in permanentem Lockdown. Beherbergungsbetriebe dürfen nur Geschäftsreisende und Kurgäste aufnehmen. Zudem verhindern wechselseitige Reisewarnungen grenzüberschreitende Urlaubstrips in Europa. Entsprechend angespannt ist die Situation im Tourismus. Verglichen mit 2019 könnte heuer jede zweite Nächtigung wegfallen, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut in einer aktuellen Analyse prognostiziert hat. Gegenüber 2020, dem Jahr eins der Pandemie, könnte es unterm Strich nochmals einen Rückgang um 20 Prozent geben, zumal der Wintertourismus heuer Corona-bedingt so gut wie ganz weggebrochen ist.

Die Wintersaison war in Österreich Corona-bedingt eine Katastrophe. Die neue Chefin der Österreich-Werbung, Lisa Weddig, will den am Boden liegenden Tourismus wieder in den Steilflug bringen.
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Weddig, die ein Diplom in Business Administration, Studiengang Tourismuswirtschaft vorweisen kann, hat den Großteil ihrer beruflichen Karriere in Deutschland und Australien gemacht. Sie kennt aber auch Österreich gut, war sie doch von 2015 bis 2019 Geschäftsführerin der lokalen Tui-Organisation. Als solche trug Weddig auch Verantwortung für Osteuropa und insgesamt 650 Mitarbeiter sowie rund 700 Millionen Euro Umsatz.

An der Spitze der ÖW muss sie, zumindest was diesen Punkt betrifft, eine Spur leiser treten. Die als Verein organisierte, zu 75 Prozent vom Tourismusministerium und zu 25 Prozent von der Wirtschaftskammer finanzierte ÖW beschäftigt in 21 Büros auf 28 Märkten rund 200 Mitarbeiter. Die Basisfinanzierung von 32 Millionen Euro ist seit 2001 nicht mehr valorisiert worden. Mit diversen Zusatzeinnahmen hat die ÖW rund 50 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Ob es eine Höherdotierung geben werde, ließ Köstinger offen. Das werde Gegenstand von Verhandlungen sein, außerdem habe es im Vorjahr wegen Corona eine Sonderdotierung der ÖW von 40 Millionen Euro gegeben.

Schwerpunkt auf Digitalisierung

Weddig will, wie sie sagt, einen starken Fokus auf Digitalisierung legen. Die Analyse und Nutzung vorhandener Daten, aber auch die Gewinnung neuer Daten werde ein immer wichtigeres Instrument, um ein Urlaubsland wie Österreich optimal zu positionieren. Trotz vieler Vorzüge, die Österreich Gästen aus aller Welt zu bieten habe, sei die Konkurrenz am Weltmarkt groß.

Köstinger und Martha Schultz, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer und Mitglied des ÖW-Präsidiums, bedankten sich bei Petra Stolba (57) für die geleistete Arbeit in den vergangenen 15 Jahren. Stolba habe frühzeitig angekündigt, sich nicht mehr um eine Verlängerung ihres Ende Oktober auslaufenden Vertrags bemühen zu wollen. Es gibt aber Stimmen, wonach der Abgang von Stolba weniger harmonisch abgelaufen sei, als nach außen hin vermittelt wird.

Harmonisch unharmonisch

Unharmonisch war im Vorjahr der Abgang der langjährigen Obfrau des Fachverbands Tourismus in der WKO, Petra Nocker-Schwarzenbacher. Sie musste auf Druck von Kammerpräsident Harald Mahrer Platz machen für Robert Seeber, den früheren Bundesratspräsidenten. (Günther Strobl, 13.4.2021)