Klimaanlagen mit Außengerät sind in Österreich meist nicht "verkehrsüblich", erklärte der Oberste Gerichtshof. Neubauten und der Ausbau von Dachgeschoßen könnten das aber ändern.

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In südeuropäischen Ländern sind sie im Stadtbild allgegenwärtig: Außenklimaanlagen, die an der Fassade befestigt werden. Laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) sind derartige Geräte in Österreich aber zumeist nicht "verkehrsüblich" – zumindest dann nicht, wenn sich die Frage stellt, ob Mieter ihre Vermieter dazu bringen können, die Installation einer Klimaanlage zu dulden.

Wollen Mieter Änderungen an ihrer Wohnung vornehmen, müssen sie bei erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz die Zustimmung der Vermieter einholen. Dazu zählt auch der Einbau einer Klimaanlage. Lehnen Vermieter ab, sieht das Mietrechtsgesetz allerdings vor, dass die Zustimmung auch gerichtlich ersetzt werden kann.

Diesen Versuch unternahm eine Mieterin, der es in ihrer Wohnung zu heiß wurde. Der Vermieter wollte den Einbau eines Klimageräts nicht akzeptieren. Die Frau zog daher vor Gericht und stellte einen Antrag auf Zustimmung. Die Instanzen lehnten ab – eine Entscheidung, die nun auch der Oberste Gerichtshof bestätigte. (OGH 4. 2. 2021, 5 Ob 10/21p)

Entscheidung im Einzelfall

Voraussetzung für die Genehmigung einer vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung ist, dass diese Veränderung verkehrsüblich ist und einem wichtigen Interesse dient. Bei sogenannten privilegierten Änderungen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen angenommen. Die Errichtung einer Außenklimaanlage zählt allerdings nicht dazu.

Laut OGH hänge es daher von den "besonderen Umständen des Einzelfalls ab", ob der Vermieter den Einbau der Klimaanlage letztlich dulden muss. Bei der Verkehrsüblichkeit des Geräts sei auf die "objektiven Umstände" abzustellen.

Es komme laut Höchstgericht daher nicht auf die subjektiven Interessen der Mieter an. Die persönlichen Bedürfnisse der Bewohner – wie etwa Schlafstörungen infolge zu hoher nächtlicher Temperaturen – sind daher bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen.

Nicht verkehrsüblich

Im aktuellen Fall verweigerte der OGH letztlich die gerichtliche Zustimmung zum Bau der Anlage, weil die von der Antragstellerin beabsichtigte Installation auf der Loggia ihrer Wohnung nicht verkehrsüblich gewesen sei. In der großen Wohnanlage mit mehr als 100 Einheiten war im Jahr 2002 in einem anderen Nutzungsobjekt eine Klimaanlage installiert worden.

Allein das führe aber noch nicht zur Verkehrsüblichkeit. Auch dass nur das Fenster des Schlafzimmers mit Außenrollläden ausgestattet war, während im Wohnzimmer und im Kinderzimmer nur Innenjalousien montiert waren, änderte nichts an der Entscheidung des Höchstgerichts.

Allgemeine Grundsätze für die Beurteilung, ob etwas verkehrsüblich ist oder nicht, gibt es nicht, sagt Andrea Weisert, die sich als Anwältin auf Miet- und Immobilienrecht spezialisiert hat. Meist handle es sich um Einzelfallentscheidungen, die die Beschaffenheit des betroffenen Hauses und des unmittelbaren Umfelds berücksichtigen.

So können etwa der Einbau eines Aufzugs oder der Ausbau eines Dachgeschoßes durchaus verkehrsüblich sein, ebenso die Errichtung eines Balkons. Oft genug wird das Recht zum Bau dennoch verneint, weil in der Umgebung keine anderen Balkons vorhanden sind.

Dachgeschoß im Vorteil

Entscheidend ist jeweils die konkrete Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds und des Ausmaßes der Eingriffe in die Bausubstanz. Dass eine Änderung der Übung des Verkehrs entspricht, muss laut Weisert in jedem Fall konkret begründet werden. Erforderlich ist zumindest ein Hinweis darauf, dass in der Umgebung ebenfalls Klimageräte an der Fassade angebracht worden sind und die Anlagen keine optische Beeinträchtigung darstellen.

Laut Walter Rosifka, Mietrechtsexperte bei der Arbeiterkammer, werden Neubauten zunehmend mit Außenklimaanlagen ausgestattet. Vor allem im Bereich von Dachgeschoßwohnungen sei deshalb davon auszugehen, dass die Geräte irgendwann verkehrsüblich werden. "Ich kann mir vorstellen, dass ein Mieter in höherer Stockwerklage dieses Verfahren bald einmal gewinnen wird", sagt Rosifka. Viele Bauträger würden Dachgeschoßwohnungen ohne Klimaanlage gar nicht mehr anbieten.

Gemeinsamen Weg finden

Mieter, die unter einer zu heißen Wohnung leiden, sollten sich mit der Hausverwaltung und dem Vermieter zusammensetzen und versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden. Nicht immer ist die Klimaanlage die einzige Möglichkeit. Oft kommen auch andere Maßnahmen wie Außenjalousien infrage, sagt Rosifka. Je höher die Stockwerklage ist, desto eher werde man als Mieter das Verfahren führen können. Wenn man nicht im Dachgeschoß wohnt, seien die Chancen derzeit aber gering.

Für Wohnungseigentümer sind Änderungen am Objekt etwas leichter durchzusetzen. Laut Anwältin Andrea Weisert sind sie grundsätzlich zu Umbauten auf eigene Kosten berechtigt. Allerdings müssen auch Eigentümer gesetzliche und mögliche vertragliche Einschränkungen beachten. Unterschieden werden dabei Veränderungen am eigenen Wohnungseigentumsobjekt und Änderungen, die auch allgemeine Teile der Liegenschaft betreffen – so wie das etwa bei Klimaanlagen der Fall wäre. Hier müssen die übrigen Wohnungseigentümer den Einbau billigen. Aber auch deren Zustimmung kann im Streitfall gerichtlich ersetzt werden.

Privilegierte Änderungen

Um eine Genehmigung für den Einbau einer Klimaanlage zu erhalten, muss die Änderung entweder der Verkehrsübung entsprechen oder einem wichtigen Interesse eines Wohnungseigentümers dienen. Darüber hinaus darf die Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zur Folge haben.

Dazu zählt auch die Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses. Der zentrale Unterschied zu Mietern ist also, dass bei Eigentümern die Änderung entweder verkehrsüblich sein muss oder im Interesse des Wohnungseigentümers liegen muss. Im Mietrecht müssen dagegen beide Voraussetzungen erfüllt sein.

Laut Rosifka wäre es sinnvoll, Maßnahmen gegen Hitze unter die "privilegierten" Änderungen aufzunehmen. Eine Zustimmung des Vermieters könnte dann viel leichter gerichtlich durchgesetzt werden. Immerhin müsse der Mieter ja dennoch die Kosten tragen und eine einwandfreie Ausführung der Arbeiten gewährleisten. "Auch für den Vermieter ist das ja eine Aufwertung der Wohnung." (Jakob Pflügl, 15.4.2021)