Es gibt nicht viele Bereiche der US-Außenpolitik, in denen von einer Kontinuität im Übergang von Präsident Donald Trump zu seinem Nachfolger Joe Biden gesprochen werden kann. Afghanistan ist so ein Ausnahmefall. Selbst der von Trump ernannte Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad wurde in seiner Funktion belassen. Khalilzad ist in seinem Bemühen, eine Machtteilung zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban zu verhandeln, gerade wieder einmal in einer Sackgasse gelandet; eine von ihm vorgeschlagene Interimsregierung wurde abgelehnt. Auch andere Initiativen, wie die für den 24. April einberufene Konferenz in Istanbul unter Uno-Ägide, sind praktisch aussichtslos. Die Taliban werden sie boykottieren.

US-Präsident Joe Biden zieht alle US-Soldaten aus Afghanistan ab.
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Und Biden zieht nun den Stecker, sogar im Wissen, dass die Taliban nur darauf warten. War der von Trump versprochene Termin für den Abzug aller US-Soldaten der 1. Mai, so nennt Biden den zwanzigsten Jahrestag von 9/11, also ein paar Monate später. Die Terroranschläge in New York und Washington am 11. September 2001 waren der Auslöser für die US-Intervention in Afghanistan, wo die herrschenden Taliban die Terrororganisation Al-Kaida mit ihrem Führer Osama bin Laden beherbergten. Zwanzig Jahre danach wird der Afghanistan-Krieg beendet, ohne die gesteckten Ziele erreicht zu haben.

Kriegsende für die USA

Der jetzige US-Präsident bricht mit dem bisherigen Ansatz, den Abzug zumindest nominell daran zu knüpfen, dass die afghanische Regierung einigermaßen stabilisiert ist. Das hatte Vermittler Khalilzad geholfen, einen gewissen Druck aufrechtzuerhalten. Biden hebt diese Bedingung auf: Das Kriegsende für die USA – und damit für alle beteiligten Nato-Staaten – kommt auch dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Taliban wieder die ganze Macht in Afghanistan ergreifen.

Er will auch keine Antiterrortruppen dort lassen. Für viele Afghanen und Afghaninnen, die schon einmal unter radikalen Islamisten gelebt haben, sowie für alle Opfer und besonders die Angehörigen der Toten von zwanzig Jahren Krieg, amerikanische und andere, ist das ein sehr bitterer Moment.

Aber Biden will die Ära 9/11 abschließen. Der erstarrte "war on terror" ist ein Klotz am Bein eines Präsidenten, der die US-Politik strategisch neu ausrichten will. So düster die Prognosen für Afghanistan selbst sind, laut US-Analysten geht von dort in absehbarer Zeit keine direkte Gefahr für die USA aus. Ressourcen und Aufmerksamkeit werden nun woanders benötigt, vor allem in der Auseinandersetzung mit China. (Gudrun Harrer, 14.4.2021)