Seit 1998 soll das Stellenbesetzungsgesetz gewährleisten, dass die höchsten Positionen im staatsnahen Unternehmensbereich transparent besetzt werden. Eine OGH-Entscheidung (27.01.2021, 9 ObA 107/20f) – abseits der Causa Schmid AG – ruft in Erinnerung, dass Verletzungen dieses Gesetzes nicht ganz folgenlos sind.

Das Stellenbesetzungsgesetz regelt die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer) von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Die öffentliche Ausschreibung solcher Posten hat jene "besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten zu enthalten, die im Hinblick auf die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Stelle verbundenen Aufgaben von den Bewerbern erwartet werden".

Auswahl nur nach Eignung

Die Stelle ist "ausschließlich aufgrund der Eignung der Bewerber" zu besetzen. Dabei sind die fachliche Vorbildung und die bisherige Berufserfahrung, die Fähigkeit zur Menschenführung, die organisatorischen Fähigkeiten und die persönliche Zuverlässigkeit relevant. Wenn internationale Erfahrungen für die betreffende Stelle erforderlich sind, ist darauf besonders Bedacht zu nehmen. All das war beispielsweise auch bei der Bestellung des Öbag-Vorstands zu beachten (§ 6 Abs 5 ÖIAG-Gesetz 2000).

Das Gebot, den bestgeeigneten Bewerber auszuwählen, läuft aber für den OGH im Ergebnis lediglich auf ein Willkürverbot hinaus: Welcher Kandidat, welche Kandidatin als besser geeignet befunden wird, hänge nicht nur von einigermaßen vergleichbaren Kriterien wie Ausbildung und Berufserfahrung ab, sondern wesentlich auch von "nicht messbaren" Faktoren wie der Fähigkeit zur Menschenführung, organisatorischen Fähigkeiten und der persönlichen Zuverlässigkeit. Die Bewertung dieser Faktoren müsse innerhalb einer sachlich begründbaren Bandbreite dem Entscheidungsträger überlassen bleiben (OGH 25.08.2014, 8 ObA 10/14z).

Nur die geeignetste Kandidatin, der geeignetste Kandidat sollte die wichtige Stelle bekommen.
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Und wo sind die Rechtsfolgen?

Was dem Gesetz fehlt, sind Rechtsfolgen für den Fall seiner Verletzung. Weder ordnet es die Nichtigkeit oder vorzeitige Auflösbarkeit des Arbeitsvertrags nach Auffliegen einer fehlerhaften Besetzung an, noch sind Strafen oder sonstige Sanktionen vorgesehen. Immerhin billigt die oberstgerichtliche Judikatur den unterlegenen Bewerbern Schadenersatzansprüche zu, auch wenn die im Stellenbesetzungsgesetz gar nicht erwähnt sind:

Wiederholt hat der OGH zwar ausgesprochen, dass das Stellenbesetzungsgesetz dem trotz "Besteignung" übergangenen Bewerber keinen Anspruch auf Einhaltung der Ausschreibungspflichten, geschweige denn auf seine Anstellung verschafft (OGH 30.11.2011, 7 Ob 120/11i). Allerdings kann die schuldhafte Missachtung der Ausschreibungs- und Auswahlpflichten eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots darstellen und Schadenersatzansprüche des bestqualifizierten Bewerbers auslösen (OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; RS0110159).

Schadenersatzanspruch der Abgelehnten

Der zuletzt entschiedene Fall (OGH 27.01.2021, 9 ObA 107/20f) zeigt, dass es um ansehnliche Summen gehen kann. Dort begehrt der erfolglose Bewerber die Zahlung der ihm entgangenen Entgeltdifferenz in Höhe von "bisher" gut 200.000 Euro brutto. Er sei besonders qualifiziert gewesen, habe den Job aber nicht bekommen, weil ihm das nötige Parteibuch fehle und er stetig gegen den Parteiproporz angetreten sei. Beim OGH errang er einen Zwischenerfolg, der sich vorerst nur um eine Verjährungsfrage drehte. Ob er schlussendlich gewinnen wird, hängt im fortzusetzenden Verfahren davon ab, ob ihm der Beweis gelingt, dass er bei rechtmäßiger Vorgangsweise mit der ausgeschriebenen Funktion betraut worden wäre. Dabei genügt dem OGH nicht schon ein bloßer Vergleich mit den Qualifikationen des bestellten Bewerbers. Vielmehr müsse auf das fiktive Ergebnis eines rechtmäßigen Bestellungsverfahrens Bedacht genommen werden – kein leichter Weg, zumal der Arbeitgeber behauptet, dass der Kläger nur Fünftgereihter war.

Dass ein Gesetz, das die Rahmenbedingungen für die Vergabe höchster Managementfunktionen im Land steckt, keine Sanktion für den Fall seiner Verletzung vorsieht, ist mehr als unbefriedigend. Es besteht ein hohes Interesse der Allgemeinheit, dass nur die besten Köpfe staatsnahe Unternehmen leiten, schließlich geht es um das öffentliche Vermögen. Dessen optimale Verwaltung sollte nicht allein durch (seltene) Klagen einzelner unterlegener Bewerber sichergestellt werden. (Kristina Silberbauer, 19.4.2021)