Ronnie O'Sullivan macht sich bereit.

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Sheffield – Wenn Ronnie O'Sullivan über seinen angepeilten siebenten Triumph bei der Snooker-WM spricht, klingt alles nach einem erholsamen Urlaubstrip. "Der Unterschied ist, dass die meisten zum Veranstaltungsort gehen und einfach nur spielen wollen. Ich aber gehe zum Turnier und schaue, dass ich meine Laufschuhe dabei habe und weiß, wo die guten Restaurants in der Umgebung sind. Zwischendurch spiele ich Snooker", erzählte "The Rocket" vor dem WM-Beginn dem TV-Sender Eurosport.

Am Samstagvormittag (11.00 Uhr/Eurosport) wird O'Sullivan aber wieder mit Hemd, Gilet, Mascherl und Anzughose zu sehen sein, denn dann beginnt im berühmten Crucible Theatre von Sheffield seine Mission Titelverteidigung. Der 45-jährige Engländer gilt als begnadetster Profi seiner Sportart und als Genie – in seiner Hochzeit räumte er den riesigen Tisch mit 15 roten und sechs bunten Bällen einmal in nur 5:20 Minuten ab. Noch heute hat die Konkurrenz riesigen Respekt vor O'Sullivan.

Stehaufmännchen

"Ich genieße es auf jeden Fall, Menschen das Gegenteil zu beweisen. Ich liebe es, abgeschrieben zu werden, und ich glaube, viele Leute haben Angst, mich jetzt abzuschreiben, weil ich jedes Mal zurückkomme und einen Weltmeistertitel oder so etwas gewinne", sagte O'Sullivan vor dem Turnierbeginn. Suchtprobleme, Angstzustände und Depressionen prägten seine frühe Karriere, am Snooker-Tisch und allgemein in der Gentleman-Sportart polarisiert keiner so sehr wie Ronnie.

"Er ist ein Mensch, der ein ungeheures Talent und ein ungeheures Gefühl mitgebracht hat. Er ist jemand, der das Optimale aus diesen gottgegebenen Verhältnissen gemacht hat – das ist bis heute so", erläuterte der deutsche TV-Kommentator Rolf Kalb das Phänomen O'Sullivan. Sechs WM-Titel sprechen für ihn, doch der aktuelle Weltranglistenzweite ist weit mehr als seine sportlichen Leistungen.

"Wir wissen, dass er sich zu vielem kritisch äußert. Er hat da durchaus eine Reihe von Ansätzen, es passiert aber auch, dass er über das Ziel hinausschießt", meinte Kalb. Im Vorjahr, als die WM im August ausgetragen wurde, sprach O'Sullivan von "Laborratten", als Zuschauer im Crucible zugelassen wurden. "Aber was sollen wir tun?"

Pilotprojekt mit Zusehern

Diesmal dürfen wieder Interessierte vor Ort dabei sein, die WM ist Teil eines Pilotprojekts der britischen Regierung, um schrittweise die Rückkehr von Zuschauern bei Großveranstaltungen zu ermöglichen. Besucher der Snooker-WM müssen sich vor und nach dem Event mehrfach auf das Coronavirus testen lassen. Beim Finale (2. und 3. Mai) soll gar eine Vollauslastung mit knapp 1.000 Zuschauern möglich sein.

Doch was geht sportlich für "The Rocket"? O'Sullivan zählt neben dem Weltranglistenersten Judd Trump und Mark Selby (beide England) zu den Topfavoriten. Mit seinem siebenten WM-Titel würde er mit der schottischen Legende Stephen Hendry gleichziehen. O'Sullivan sprach jedoch davon, dass schon die Runde der letzten acht ein Erfolg sei. "Ich sage immer, ein Viertelfinale bei der WM ist eine großartige Leistung. Du gewinnst ein paar Spiele und hast die zweite Woche des Turniers erreicht." Das Endspiel steigt erst in der dritten Woche.

Eurosport berichtet insgesamt über 200 Stunden von der Snooker-WM in Sheffield. Vom 17. April bis 3. Mai werden die täglichen Sessions um 11.00 Uhr, 15.30 Uhr und 19.45 Uhr nicht nur im Free-TV, sondern auch auf Eurosport 2 und im Livestream übertragen, wie der Sender mitteilte. (APA, 15.4.2021)