Laut Ministerin Susanne Raab (links, im Hintergrund Meinungsforscher Peter Hajek) hat die Pandemie auch der Integration geschadet.

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Wien – Die Coronavirus-Pandemie hat den Blick auf Flüchtlinge sowie Musliminnen und Muslime in Österreich zusätzlich leicht getrübt. Darauf zumindest lassen die Umfrageergebnisse aus dem aktuellen Integrationsbarometer schließen – einer seit 2015 durchgeführten regelmäßigen Befragung des Meinungsforschers Peter Hajek im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds, die am Donnerstag von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentiert wurde.

Demnach schätzten im Februar 2021 nur 30 Prozent der 1.000 Befragten das Zusammenleben mit Flüchtlingen als "gut" ein; im März sowie im August 2020 waren es noch 33 Prozent gewesen.

Musliminnen und Muslime großteils unbeliebt

Zwar liegt diese Veränderung noch innerhalb der angegebenen maximalen Schwankungsbreite der Umfrageergebnisse von 3,1 Prozent. Doch auch der Ruf von Musliminnen und Muslimen hat sich im Zuge der Pandemie verschlechtert: Nur 27 Prozent bezeichneten das Zusammenleben mit ihnen im heurigen Februar als "gut"; im März 2020 waren es 29, im August 30 Prozent gewesen.

Auf nahezu gleichbleibendem Niveau bewegte sich im ersten Pandemiejahr hingegen die Einstellung zum Zusammenleben mit Zuwanderern. Im Februar bezeichneten 42 Prozent sie als "gut".

Sechstgrößte Sorge

Insgesamt rangieren die Vorbehalte gegen Migranten und Flüchtlinge auf Platz sechs, jene gegenüber dem politischen Islam auf Platz acht der Sorgenliste, die aktuell von der Pandemie dominiert wird. An erster Stelle stehen dabei die wirtschaftliche Lage (68 Prozent), ein erneuter Anstieg von Covid-19-Fällen (67 Prozent), aber auch Klimaerwärmung und Umweltfragen (63 Prozent).

Das Sicherheitsgefühl in Österreich wiederum hat im Laufe des ersten Pandemiejahres abgenommen. Hatten im August 2020 noch 30 Prozent der Befragten eine Verschlechterung konstatiert, so waren es im Februar 2021 bereits 39 Prozent. Laut Hajek könnte hier der Terroranschlag von November eine Rolle gespielt haben.

Schädliche Kontaktbeschränkungen

"Wirklich spannend" sei, dass jene Menschen, die Kontakt mit Migranten haben, das Zusammenleben "exorbitant" positiver beurteilen würden, bestätigte der Meinungsforscher eine zentrale Erkenntnis der Forschung zum Thema Integration. "Habe ich zu den Menschen ein Gesicht, habe ich Austausch und Kontakt, dann habe ich eine signifikant bessere Einstellung", sagte er.

Genau dieser Austausch jedoch sei aufgrund der aktuellen Kontaktbeschränkungsmaßnahmen erschwert, sagte Integrationsministerin Raab. Sie kündigte eine Intensivierung diesbezüglicher Initiativen für die Zeit nach der Pandemie an.

Pollak: Befragung verwendet diffuse Kategorien

Kritik am Design der Befragung – und davon ausgehend auch an deren Ergebnissen – kommt von Alexander Pollak von der Antirassismus-NGO SOS Mitmensch. Die Umfrage arbeite teilweise mit diffusen Kategorien wie "Migranten", "Parallelgesellschaften", "Muslimen", "Flüchtlingen" oder "politischem Islam".

Es sei "unklar, wer beziehungsweise was genau damit adressiert wird". Auch werde die Rolle der Politik bei der Förderung oder Verhinderung eines guten Zusammenlebens in einer vielfältigen Gesellschaft im Fragenkatalog "komplett ausgeblendet".

Hajek reagierte

Am Freitag antwortete Meinungsforscher Hajek auf diese Einwände: In der Befragung würden "Termini benutzt, die im medial-öffentlichen und gesellschaftlich-privaten, aber auch im wissenschaftlichen Diskurs verwendet werden. Die Sozialforschung muss die Befragten dort abholen, wo sie stehen", schrieb er.

Zudem sei zwischen den einzelnen Gruppen mit Migrationshintergrund sprachlich unterschieden worden, "um uns eben genau nicht dem Vorwurf der Undifferenziertheit auszusetzen". Aus Vorgängerstudie wisse man, dass die Menschen ein sehr klares und konkretes Bild von Parallelgesellschaften hätten.

Die Sozialforschung erhebe "Einstellungen, Motive und Werte", sei aber "kein Wissenstest". (Irene Brickner, 15.4.2021)