Eine Impfspritze wird aufgezogen – in den kommenden Monaten muss das millionenfach geschehen, um zu verhindern, dass es spätestens im Herbst erneut zu Infektionswellen kommt.

Foto: Imago/Eckel

Wien – Bleibt man bei dem von Bundeskanzler Sebastian Kurz in Sachen heimischer Impffortschritt geprägten Vergleich, so dürften in den kommenden zweieinhalb Monaten, wenn schon nicht ein Schwall, so doch ordentliche Portionen Ketchup aus der Flasche fließen.

Das zumindest ist einer Vorhersage des DWH-Prognose-Konsortiums rund um den Simulationsforscher Nikolas Popper für das zweite Quartal zu entnehmen, die das Gesundheitsministerium Mittwochabend erhalten und via Ö1 veröffentlicht hat.

100 Prozent Erstimpfchance für 65 plus bis Ende April

Der Prognose zufolge könnten Ende Juni 65 Prozent aller impfbaren Menschen über 65 Jahre bereits zwei Stiche gegen Covid-19 erhalten haben – und damit voll immunisiert sein. Bei Menschen unter 65 Jahren wird diesbezüglich ein Anteil von 32 Prozent vorhergesagt.

Was die erste Teilimpfung betrifft, erwarten Popper, Kolleginnen und Kollegen für über 65-Jährige wiederum schon Ende April einen potenziellen Versorgungsstand von 100 Prozent. Von den Jüngeren wiederum sollen bis Ende Juni 65 Prozent die Chance haben, eine Injektion gegen die Seuche zu erhalten – "für den Fall, dass die Impfstofflieferungen im Großen und Ganzen wie angekündigt stattfinden", sagte DWH-Mitarbeiterin Melanie Zechmeister.

BionTech/Pfizer-Dosen als "Puffer"

Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen sind Lieferungsausfälle nicht unwahrscheinlich. Um sie auszugleichen, seien die am Mittwoch kommunizierten eine Million Dosen Biontech/Pfizer-Impfstoff nicht in die Prognose eingerechnet worden – sozusagen "als Puffer".

Als impfbar gilt jeder und jede über 16 Jahre. Für die Prognose ging man davon aus, dass 20 Prozent aller Impflinge Astra Zeneca erhalten und damit rund zehn Wochen auf den Zweitstich warten müssen, die anderen 80 Prozent hingegen bereits vier Wochen nach der ersten Injektion mit einem mRNA-Vakzin die Zweitimmunisierung bekommen.

Längerfristig erneut Probleme

Real, so Zechmeister, würden die Impfraten natürlich niedriger als in den Modellen vorhergesagt ausfallen, denn nicht alle Menschen würden sich impfen lassen.

Längerfristig könne das zu neuerlichen Problemen mit dem Erreger führen: "Derzeit nehmen die Infektionszahlen leicht ab, wir erklären das vor allem durch den Wettereffekt. So sich dieser über den Sommer hält, sich aber gleichzeitig nicht genug Menschen gegen Corona impfen lassen, kann es im kommenden Herbst wieder zu größeren Ausbrüchen kommen", sagt sie. In Verbindung mit möglichen Virusmutationen könne dies die Lage verschärfen.

Popper: Impflingssuche ab Mai

Auch Popper betrachtet die Immunisierungsbereitschaft als große Unbekannte – und zwar schon bald. Bereits im Laufe des Mai werde der Moment kommen, ab dem statt des Impfstoffmangels vielmehr die Impflingssuche im Mittelpunkt der Diskussionen stehen werden, sagt er voraus.

Am Donnerstag gab die Stadt Wien rund 63.000 Impftermine mit Biontech/Pfizer frei. Damit sollen auch Jüngere bis Anfang Mai immunisiert werden, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Impfung von jungen Risikopatienten in Wien

Anmelden können sich nun auch Risikopatientinnen und -patienten des Jahrgangs 2005 und älter. Beim Wiener Impfservice vorgemerkt haben sich bisher rund 129.600 Risikopatienten – darunter fallen etwa auch Personen, die an Asthma oder Diabetes erkrankt sind. Von ihnen wurden bereits 64.744 Personen geimpft.

Durch das zusätzliche Angebot sollen noch im April alle Personen dieser Gruppe ihre erste Injektion erhalten. Geimpft wird ab Montag im Wiener Austria Center. Ebenso sollen die Erstimpfungen der Hochrisikopatientinnen und -patienten, deren Impfung bereits gestartet ist, bis Mai abgeschlossen werden.

Kanzler im "kleinen U-Ausschuss"

Die am Mittwoch kommunizierte eine Million Biontech/Pfizer-Impfdosen stand auch im Mittelpunkt des "kleinen U-Ausschusses" im Nationalrat. Kanzler Kurz bestand darauf, von "zusätzlichen" Impfdosen zu sprechen, die Österreich im zweiten Quartal erhalten werde. Auf den Vorbehalt der Opposition, diese Dosen würden lediglich vorgezogen, entgegnete er, die Dosen würden jetzt benötigt. (Irene Brickner, Oona Kroisleitner, 15.4.2021)