Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer Gedenkveranstaltung für die Corona-Toten.

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9.563 Menschen sind in Österreich bisher an einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Mehr als eine Million Menschen waren es in ganz Europa. Um der Verstorbenen zu gedenken, versammelte sich Freitagvormittag die heimische Spitzenpolitik gemeinsam mit Vertretern der großen Glaubensgemeinschaften und Hinterbliebenen in der Aula der Wissenschaften in Wien. Musikalisch wurde die Gedenkveranstaltung von den Wiener Philharmonikern umrahmt. Mit der Gedenkveranstaltung wurde versucht, die oft nackten Zahlen, die die öffentliche Debatte prägen, mit konkreten Schicksalen zu verknüpfen. Drei Angehörige entzündeten Kerzen für ihre Väter beziehungsweise ihren Mann, die sie an Corona verloren haben.

Die Verstorbenen hinterließen eine Leere, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Rede. Besonders bedrückend sei, dass manche Menschen während der Pandemie einsam gestorben seien: "Sie und ihre Lieben konnten sich besonders in der ersten Welle nicht immer persönlich voneinander verabschieden. Sie starben ohne ein letztes Wort des Trostes, ohne eine letzte Berührung seitens ihrer Liebsten. Diese unvollendeten Abschiede tun besonders weh." Umso mehr gelte deshalb sein Dank denjenigen, die in Krankenhäusern und Pflegeheimen die Erkrankten und Sterbenden betreuten, sagte Van der Bellen.

Anteilnahme im Namen der Republik

"Zu vielen von uns ist ein unwiederbringlicher Schatz verloren gegangen." Es dauere lange, einen Verlust akzeptieren zu können, mit dieser Unwiderruflichkeit Frieden schließen zu können. "Aber es tröstet vielleicht, zu wissen, dass man dabei nicht allein ist. Ich möchte daher allen, die im Jahr der Pandemie einen geliebten Menschen verloren haben, auch im Namen der Republik mein tief empfundenes Mitgefühl ausdrücken. Sie sind nicht allein. Wir alle trauern mit Ihnen", sagte Van der Bellen. "Hinter dieser Unwiderruflichkeit, der wir uns jetzt stellen müssen, der wir uns als sterbliche Wesen eigentlich immer stellen müssen, verbirgt sich eine tiefe menschliche Wahrheit. Das Leben ist wertvoll, unendlich wertvoll. Lassen Sie uns das Leben schätzen."

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte, dass die Pandemie "uns allen viel abverlangte, Narben hinterlassen hat". Unzählige Menschen hätten durch die Folgen nicht nur ihren Lebensunterhalt verloren, sondern blicken auch unsicher in die Zukunft. Viele, vor allem jene in Gesundheitsberufen und Einsatzkräfte, hätten "fast schon Übermenschliches" geleistet. Bis zum Sommer werde es gelingen, dass jedem, der es möchte, eine Impfung angeboten werden könne, wiederholte der Kanzler bei dieser Gelegenheit erneut sein Versprechen.

"Wie im Film"

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bedankte sich im Rahmen einer kurzen Diskussionsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern von Gesundheitsberufen ebenfalls dafür, dass diese "bis an die Belastungsgrenzen" gehen. Eine Pflegerin schilderte Szenen aus ihrem Arbeitsalltag: So habe es oft Hilflosigkeit gegeben bei Situationen, wo man nicht helfen konnte, auch sei die Verzweiflung von Menschen spürbar gewesen, die etwa sagten: "Ich habe Krieg und Bomben überlebt, und jetzt muss ich an dieser Krankheit sterben?" Teilweise sei man "neben sich gestanden, wie im Film, man hat gedacht: Jetzt muss man munter werden". Aber man habe "gemacht, was zu tun war".

Auch die Vertreter der Religionsgemeinschaften beteiligten sich jeweils mit einem kurzen Gebet an der Veranstaltung: Anwesend waren Kardinal Christoph Schönborn, Michael Chalupka, Bischof der evangelischen Kirche, Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, und der orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis. (van, 16.4.2021)