Sage noch jemand, die Mobilitätswende komme nicht voran. Keine Woche vergeht, in der nicht ein, zwei neue Elektrofahrzeuge debütieren. Diesmal ein Doppelschlag in der Premium-Liga: Audi Q4 e-tron und, noch ein Eckhaus darüber, Mercedes-EQ EQS.

Der Audi tritt gleich in zwei Karosserieformen auf: als "normaler" SUV und als SUV-Coupé – da heißt er dann Q4 Sportback e-tron. Einmal Kunst des aufrechten Gangs, einmal geduckt vorwärts stürmend, wenn man so will.

Angeboten werden beide mit zwei Batterie- (52 und 77 kWh Nettokapazität) und drei Antriebsvarianten, verteilt auf die Kennungen Q4 35, 40 und 50 quattro. Beim 35er ist der 52-kW-Akku an Bord, die Maschine leistet 125 kW (170 PS), die Normreichweite beträgt 341 km (Sportback: 349 km). Der 40er beherbergt die große Batterie und einen E-Motor mit 150 kW (204 PS), Reichweite bis 520 km.

Foto: Audi

Für den Q4 e-tron 50 quattro gilt: 77-kWh-Akku, 220 kW (299 PS), 488 km Reichweite (Sportback 497), und anders als bei den beiden Hecktrieblern handelt es sich hier um einen Allradler, steht ja auch quattro drauf. Mit mechanischem Torsen-Diff – nein, quatsch, handelt sich ja um einen Elektro-SUV, da sitzt vorne zusätzlich eine Maschine und treibt gemeinsam mit der hinteren an.

Die kleine Batterie lädt mit bis zu 100 kW Leistung, die große mit bis zu 125, letztfalls ist sie in 38 Minuten zu 80 Prozent voll. Der Stromverbrauch pendelt zwischen 17,0–19,1 (Sportback 35) und 17,6–20,9 (Sportback 50 quattro).

Foto: Audi

Gigantomanie wird man den Q4 bei den Abmessungen nicht gerade vorwerfen können, der SUV ist 4,59 m lang, 1,87 breit und 1,63 hoch, Radstand: 2,76 m, der Kofferraum fasst 520 bis 1490 Liter. Der ansonsten gleich große Sportback ist zwei Zentimeter flacher, Kofferraum: 535 bis 1460 Liter.

Muskulös, markant und bullig kommt der Q4 daher, der Sportback wirkt eine Spur filigraner, und weil das seit Jahren ein Haupterkennungsmerkmal bei Audi ist, verzichten die Stromer auch nicht auf den oktogonalen Singleframe mit den vier Ringen. Dass der MEB-Baukasten es erlaubt, die Räder mehr oder weniger an die Ecken zu positionieren, bringt nicht nur was für die Insassen, sondern auch ästhetisch. Kurze Überhänge sind immer ein Segen für die Proportionen.

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Innen zeichnet sich jene luftige Atmosphäre ab, die wir schon von ID.3, ID.4 und Skoda Enyaq kennen, nur eben nach Audi-Art gestaltet, mit betont dreidimensionalem Cockpit und großem, fast schon klobig wirkendem Touch-Display. Jaja, schon klar, dieses wunderbare frühere Dreh-Drück-Bedienkonzept werden wir nie wieder zurückbekommen.

Marktstart in Österreich ist im Juni, für den Sportback Ende September.

Los geht es zeitgleich mit allen genannten Versionen, für den 35er ist auch schon ein Einstiegspreis bekannt: 43.500 Euro. Beim 40er folgt noch eine quattro-, also eine Allradversion, ab wann die erhältlich sein wird, steht aber noch nicht fest. Und wen das noch interessiert: Die Wärmepumpe ist optional, sprich: aufpreispflichtig, das machen die Ingolstädter gerne, macht sie reich und wird die Kundschaft ärgern.

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Wie im Vorspann erwähnt, ist der Q4 der erste Audi auf MEB-Basis. MEB steht für Modularer E-Antriebs-Baukasten, auf dem rollt der VW-Konzern gerade eine gigantische Elektromobiloffensive aus. Damit nicht genug, entwickelt Audi gemeinsam mit Porsche die Premium Plattform Elektro (PPE), für alles wirklich Große, Oberklassige. Schon nächstes Jahr kommen die ersten Fahrzeuge auf dieser Basis.

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So weit ist "Der Daimler" noch nicht, aber der EQS, und damit zum zweiten Neuzugang, ist der erste Mercedes-EQ, der aus dem Prinzip Mischplattform (EQC, EQV, EQA) ausschert und auf einer Elektroplattform mit Biblischem Namen steht: EVA (Elektro-Vehikel-Architektur). Adam wird noch der Rippenbogen schmerzen, und man weiß auch nicht, ob Mercedes auf die Zeit vor oder nach der Vertreibung aus dem Paradies anspielt, die späteren Eigentümer und Insassen dieses Flaggschiffs werden vermutlich mit "vor" votieren. Für den Rest der Menschheit gilt, nachparadiesisch: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot verdienen

Mit dem EQS ist die Elektromobilität erstmals in der Luxusklasse angekommen, Bentley und Rolls-Royce brauchen noch ein Weilchen, bis sie da nachziehen, aber sie werden. Was haben wir also vor uns? Ein Trumm von Luxuslimousine, das den Krösussen beiderlei Geschlechts rund um die Welt Appetit und glänzende Augen bereiten wird. Auf den elektrischen Ableger der S-Klasse haben die nur gewartet.

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Technisch hat der EQS mit der S-Klasse fast gar nichts zu tun, sie läuft allerdings in derselben Fertigungsstätte in Sindelfingen vom Band. So lässt sich flexibel auf die Nachfrage reagieren, wie auch Daimler-Chef Ola Källenius bei der Weltpremiere betonte.

Nicht nur technisch, auch im Design unterscheidet sich der Neuling von der S-Klasse. Das ist fast ein Fließheck und ähnelt in der Silhouette mehr einem CLS. Man sieht es auf den ersten Blick: Hier wurde akribisch an der Aerodynamik gefeilt – und tatsächlich: Laut Eigenbekunden ist der EQS mit cw 0,20 das aerodynamischste Serienfahrzeug der Welt. Der glatte Kühlergrill in Black-Panel-Optik mit dem großen Stern gemeindet ihn dabei sogleich erkennbar in die EQ-Submarke ein.

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Mit 5,22 m Länge, 1,93 Breite, 1,51 Höhe (Kofferraum: 610 bis 1770 Liter) hat er die zu erwartenden Flaggschiff-Dimensionen, 2480 bis 2585 kg Leergewicht dokumentieren noch einmal die Adipositas, an der die E-Mobile fast durch die Bank kranken, aber dank Hinterachslenkung sollte sich die Limousine dennoch recht handlich fahren lassen.

Die Skalierbarkeit, ein Hauptvorteil bei MEB, spielt auch beim EQS eine Rolle. Zwei Batterien stehen zur Auswahl (90 und 107,8 kWh Nettokapazität) sowie Heckantrieb und Allrad, den Auftakt, mit großer Batterie, machen EQS 450+ (245 kW/333 PS, Heckantrieb; Stromverbrauch: 15,7–20,4 kWh/100 km) und 580 4matic (385 kW/523 PS; Verbrauch: 17,4–21,8 kWh/100 km). Avisiert ist natürlich auch schon eine Hochleistungsversion mit bis zu 560 kW (761 PS).

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Mercedes verspricht Reichweiten von bis zu 770 km, und bei Ausnutzung der maximalen Ladeleistung von 200 kW ist der 107,8-kWh-Akku in 31 Minuten auf 80 Prozent.

Im Interieur herrschen fließende Formen wie außen, vorne dominiert ein riesiges Black-Panel-Feld, das sich über die gesamte Breite zieht, MBUX Hyperscreen ist ein passender Terminus dafür, sehen Sie sich das am besten selber an. Der Rest ist Gediegenheit, Materialanmutung und Kunsthandwerk auf höchstem Niveau, und damit schließen wir unsere ersten Betrachtungen.

Markteinführung des Mercedes-EQ EQS in Österreich ist im Spätsommer, Preise gibt’s noch keine. (Andreas Stockinger, 18.04.2021)


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