Multipräsident Harald Mahrer ist innovativ und viel unterwegs – diesfalls im Flugtaxi. Die Prüfer der Wirtschaftskammer sehen Reformbedarf.

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Wien – Die guten alten Zeiten von Vergnügungsreisen und Priviledien auf Kosten der öffentlichen Hand sind offenbar noch nicht ganz aus der Mode. Im Prüfbericht des Kontrollausschusses der Wirtschaftskammer (WKO) über die Gebarung 2019 finden sich einige Schmankerl.

So verfügten sich 23 Repräsentanten der Wiener Fachvertretung der Bestatter im Mai für drei Tage ins frühlingshafte Athen. Diesfalls allerdings nicht in Krematorien oder Aufbahrungshallen, sondern eher auf Kurzurlaub. Die Flugreise habe eher den Charakter eines Wochenendtrips gehabt denn einer Fachexkursion, deren Kosten zum Teil von der Fachvertretung getragen wurden. Der Ansicht war zumindest das Kontrollamt, das notierte, dass während der Reise nur ein Bestattungsunternehmen und ein Friedhof besucht wurden.

Die Kosten der Wiener Kammer für die Reise beliefen sich – nach Abzug der von den Teilnehmern geleisteten Beiträge von 9100 Euro – auf rund 6000 Euro, obwohl alle anderen Programmpunkte aus Stadtbesichtigungen, gemeinsamen Essen und Freizeit bestanden.

Golf- und Yachtklubs

Kosten scheut die aus Pflichtbeiträgen gespeiste Standesvertretung der Unternehmer in Österreich auch nicht bei ihren Wirtschaftsdelegierten im Ausland. Um deren standesgemäße Kontakte zu Wirtschaft und Politik in Metropolen wie Schanghai, Hongkong, Moskau oder New York und damit den Export zu fördern, steuerte die WKO im Jahr 2019 exakt 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Yacht- oder Sportvereinen bei. Auch die Zugehörigkeit zu Rotary-Vereinen wird unterstützt.

Zwei Drittel Zuzahlung seitens des Dienstgebers ist gemäß dem Organisationshandbuch der Außenwirtschaft zulässig, sofern die Kontakte und Informationen der Förderung des österreichischen Außenhandels dienen und der private Charakter nicht überwiegt. Dem Kontrollausschuss schien die Golfmitgliedschaft der Wirtschaftsdelegierten in Mailand mit 5111 Euro zu hoch und fragwürdig, obwohl die Begünstigte 1837 Euro aus der eigenen Tasche beisteuerte.

Die Mitgliedsbeiträge würden seit 2019 intensiv evaluiert, teilte die WKO auf Anfrage mit. Überwiege das Privatinteresse, würden keine Kosten übernommen, und reine Sportmitgliedschaften genehmige man gar nicht mehr.

Standesgemäße Ausbildung

Wie wichtig der Wirtschaftskammer die Ausbildung des Nachwuchses ist, stellt sie bei den Kindern ihrer Funktionäre unter Beweis: 130.000 Euro machten allein die jährlichen Schulkosten für die Top-3-Mitarbeiter aus. Die Erziehungskostenbeiträge (EKB) im In- und Ausland für Kinder von 53 Roulementmitarbeitern beliefen sich in den Jahren 2010 bis 2019 auf 5,3 Millionen Euro. Davon ein Viertel oder 1,34 Millionen Euro entfiel auf die Top-3-Mitarbeiter, fast 60 Prozent auf zehn Spitzenfunktionäre.

Die WKO möge insbesondere im Inland prüfen, ob eine Eingliederung ins österreichische Schulsystem und Selbstbehalte möglich wären, um die Kosten zu dämpfen, mahnte das Kontrollamt ein. Die Übernahme von Schulkosten im Ausland verteidigt die Pressestelle von Präsident Harald Mahrer (ÖVP). Ohne Zuschuss wären Mitarbeiter mit Kindern im Ausland nur beschränkt einsetzbar oder benachteiligt, weil bestimmte Dienstorte schulisch unerschwinglich wären. Zum Schulgeld im Inland gab es keinen Kommentar.

Opfer der Commerzialbank

Als spätes Opfer der Commerzialbank Mattersburg erscheint der Fachverband Stein- und Keramische Industrie. Für eine Werbekooperation für Beton richtete man ein Konto ein und machte die burgenländische Bank – auf Empfehlung branchenverwandter Verbände – zum Ultimo 2019 zur Hausbank, um Spesen und Kontoführungsgebühren zu sparen. Als die Commerzialbank von der FMA im Juli 2020 geschlossen wurde, versuchte man, 365.000 Euro abzuheben. Ohne Erfolg. Inklusive danach eingegangener Beträge erhöhte sich der Schaden auf 408.000 Euro, von denen die Einlagensicherung 100.000 Euro rückerstattete. Es handelte sich nicht um Pflichtmitgliedsbeiträge, versicherte der Fachverband am Freitag, sondern ausschließlich um freiwillige Beiträge einiger Branchenbetriebe zur Bewerbung des Baustoffes Beton.

Gehaltsvorschuss vergessen

Fragen zur Sorgfalt wirft auch ein Fall einer im Ausland tätigen Außenwirtschaftsmitarbeitern auf: Beim Abgang einer Wirtschaftsdelegierten wurde vergessen, den (legal) gewährten Gehaltsvorschuss zurückzufordern. Das sei bei rund 60.000 Abrechnungen pro Jahr die absolute Ausnahme, beruhigt man in der Kammer. Die Rückzahlung sei bereits im Gange, und in der Lohnverrechnungssoftware seien bereits Sicherheitsschranken eingebaut. (Luise Ungerboeck, 17.4.2021)