Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin über Frieden auf der Krim verhandeln.

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Kiew – Bei einem Krisengespräch zum Konflikt in der Ostukraine haben die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron Russland aufgefordert, seine Truppen entlang der ukrainischen Grenze abzuziehen. Nur so könne eine Deeskalation der Lage erreicht werden, sagte Merkel laut Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitagabend in Berlin. Frankreich schloss sich dieser Forderung an. Russland war zu dem Gespräch nicht eingeladen worden.

Seit knapp sieben Jahren werden Teile der Gebiete Luhansk und Donezk entlang der russischen Grenze in der Ostukraine von moskautreuen Separatisten kontrolliert. Mehr als 13.000 Menschen wurden UN-Schätzungen zufolge seitdem getötet. Jüngste Truppenaufmärsche auf russischem und ukrainischem Gebiet hatten zuletzt international die Sorge über eine mögliche Eskalation des Konflikts ausgelöst.

Selenskyj bereit zu Gesprächen mit Putin

Selenskyj sagte nach der Videoschaltung, dass er auf ein Gipfeltreffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin hoffe. "Ich finde, dass wir uns der nächsten Sitzung der Normandie-Vier nähern. Ich meine, dass sie möglich ist", sagte Selenskyj bei seinem Besuch in Paris. Das Normandie-Format geht zurück auf ein Treffen von Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine in der Normandie.

Aus dem französischen Präsidentenpalast hieß es, mit dem Besuch des ukrainischen Staatsoberhauptes solle neue Dynamik in die Gespräche kommen. Russland müsse wieder an den Verhandlungstisch gebracht werden. Ein Vierer-Gipfeltreffen in Berlin mit Macron und Merkel hätte eigentlich schon vor einem Jahr stattfinden sollen. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. Für kommenden Montag ist Selenskyj zufolge ein neues Gespräch auf Beraterebene geplant. Deutschland und Frankreich vermitteln in dem Konflikt.

Merkel und Macron beteuerten in dem Gespräch ihre Unterstützung für die Unabhängigkeit der Ukraine. Dem Élysée zufolge stellten sie gleichzeitig wohl auch die Forderung an den ukrainischen Präsidenten, den 2015 vereinbarten Friedensplan für den Donbass auf beiden Seiten vollständig umzusetzen. Diese Vereinbarung liegt aber auf Eis.

Russland will Manöver im Schwarzen Meer durchführen

Russland hatte anlässlich des Treffens gefordert, dass Merkel und Macron ihren Einfluss auf Selenskyj geltend machen sollten. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge, sie sollten die Botschaft über die Notwendigkeit der bedingungslosen Einhaltung der Waffenruhe an der Kontaktlinie übermitteln. Bereits vorab hatte es aus Élyséekreisen geheißen, Frankreichs grundsätzliches Ziel sei es, den Waffenstillstand aufrecht zu erhalten.

Erst vor zwei Wochen hatten Merkel und Marcon gemeinsam mit dem Kremlchef telefoniert – ohne Selenskyj und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Danach hatte Putin Besorgnis über die "von der Ukraine provozierte Eskalation der bewaffneten Konfrontation" zum Ausdruck gebracht.

Indes bahnt sich neuer Ärger an. Russland will im Schwarzen Meer ein Manöver abhalten und dafür bestimmte Seegebiete absperren. Von der bis zum 31. Oktober geplanten Sperrung sei die Schifffahrt durch die Meerenge von Kertsch an der Halbinsel Krim aber nicht betroffen. Das meldete die russische Staatsagentur Ria Nowosti unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Moskau.

Aus der Europäischen Union, der Ukraine sowie von der NATO kam dennoch Kritik. Ein ranghoher EU-Beamter sprach von einer "äußerst besorgniserregenden Entwicklung". Seinen Worten zufolge ist davon auszugehen, dass die im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen verankerten Durchfahrtsrechte eingeschränkt und die internationale Schifffahrt behindert werde. Das Außenministerium in Kiew warf Russland vor, zu einer "verstärkten Eskalation im Meer" überzugehen. (Reuters, APA, red, 16.4.2021)