Auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig äußerte sich kritisch über Doskozils Öffnungspläne.

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Burgenlands Landeshauptmann Doskozil und seine Parteichefin Rendi-Wagner sind sich erneut nicht einig.

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Die SPÖ Burgenland soll viele positive Rückmeldungen aus anderen Bundesländern und aus der eigenen Partei erhalten haben, betonten Landesgeschäftsführer Fürst am Samstag.

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Würde man die Position der SPÖ in Sachen Corona-Management formulieren wollen, man täte sich nicht so leicht. Denn in der Frage, ob man weiterhin auf eher strenge Schutzmaßnahmen setzen oder bereits Lockerungen in Angriff nehmen sollte, offenbaren sich immer mehr die unterschiedlichen Herangehensweisen innerhalb der Sozialdemokratie.

So ließ der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig im Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal mit deutlicher Kritik an seinem burgenländischen Amts- und Parteikollegen Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) aufhorchen: "Ich habe mich für einen anderen Weg entschieden, weil mir die Gesundheit der Menschen das Wichtigste ist", sagte er zu der Entscheidung, dass Wien – so wie Niederösterreich – im Gegensatz zum Burgenland zumindest bis 2. Mai weiterhin im harten Lockdown verbleiben wird. Jeder trage die Verantwortung für sein Bundesland, meinte Ludwig – er für Wien und Doskozil eben für das Burgenland. Es wäre wichtig, dass Bundesländer solidarisch miteinander seien, so Ludwig, der aber weiterhin keine burgenländischen Patienten in Wien ablehnen will.

Noch schärfere Kritik von Rendi-Wagner

"Nichts ist schlimmer als aufsperren, zusperren, aufsperren, zusperren", sagte Ludwig, der auch für die Zeit nach dem 2. Mai noch keine konkreten Versprechungen machen wollte: "Es muss eine nachhaltige Verbesserung der Situation in den Intensivstationen geben. Das ist noch nicht abzusehen." Wenn ab 3. Mai geöffnet werden soll, dann "nicht alles gleichzeitig".

Noch schärfere Kritik an Doskozil kam zuvor von der SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. Sie hatte in der freitägigen ZiB 2 ihren Parteifreund und burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil scharf kritisiert dafür, dass er trotz hoher Auslastung der Intensivstationen im Burgenland den Lockdown nicht verlängern will. Für ein allfälliges gesundheitliches Fiasko habe dann auch er die Verantwortung zu tragen.

Replik aus dem Burgenland

Roland Fürst, der Geschäftsführer der burgenländischen SPÖ, meldete sich am Samstagvormittag mit einer nicht minder scharfen Replik: "Alle Vorwürfe in diese Richtung sind völlig absurd und zeugen von einem verengten Verständnis von politischer Verantwortung. Denn wer übernimmt eigentlich die Verantwortung für die massiven psychischen, physischen, sozialen und finanziellen Probleme, die jetzt schon eskalieren, und deren Folgeschäden? Wer übernimmt die Verantwortung für die stark zunehmenden psychischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen, für die Vereinsamung bei der älteren Generation? Wer übernimmt die Verantwortung für die Familien, die nicht mehr ein und aus wissen? Wer übernimmt die Verantwortung für jene, die ihre Miete nicht mehr zahlen können oder sich keine Lebensmittel mehr leisten können?"

Ganz unpolemisch will Fürst seine Replik nicht anlegen: "Es macht in der Beurteilung der aktuellen Situation einen Unterschied, ob ich einen geschützten Arbeitsplatz habe, jeden ersten im Monat mein Gehalt bekomme, Yoga auf meiner Dachterrasse machen kann, ein Kräuterbeet im eigenen Garten anlegen und weiß, dass nach Bewältigung der Krise ein normales Leben möglich ist. Das wissen viele Menschen aber aufgrund der verschiedenen eskalierenden Problemlagen nicht und diese Gruppe wird immer größer. Für diese Menschen muss die Politik da sein und politische Verantwortung übernehmen, das tun wir hier im Burgenland."

"Positive Rückmeldungen" aus Partei und anderen Ländern

Die Burgenländer bekämen für ihren Schritt "sehr viele positive Rückmeldungen aus den anderen Bundesländern". Und, das betont Fürst ausdrücklich, "vor allem auch aus der eigenen Partei".

Hört man sich im roten Teil des Wiener Rathauses um, sind die positiven Rückmeldungen freilich endenwollend. Wiewohl man, so wird betont, "kein böses Blut" zwischen dem Burgenland und Wien sehe. In der Sachfrage der Schutzmaßnahmen habe man schlicht eine andere Meinung als die Kollegen im Burgenland. In Wien wolle man jedenfalls bewusst auf Expertenmeinungen und Rückmeldungen aus der Intensivmedizin hören. Von einem Fleckerlteppich durch zig regionale Maßnahmen halte man nichts.

Innerparteilicher Frust

Aus Tirol wiederum waren zuletzt Rufe nach regionalen Öffnungen zu hören: SP-Landeschef Georg Dornauer meinte, dass man nun "alles daran setzen" müsse, um ein Aufsperren in den Bereichen Gastronomie, Sport und Kultur möglich zu machen, "klug, besonnen und vorsichtig".

Dass die SPÖ in Sachen Corona keine einheitliche Linie fährt, schmeckt nicht allen in der Partei. "Es gibt keine Abstimmungen, keinen Meinungsaustausch, keine koordinierte Vorgehensweise, auch nicht auf Bundesebene", sagt ein Funktionär. Das habe aber nicht nur mit Corona zu tun, das sei ein generelles Problem. Auch deshalb, weil sich die Bundespartei nicht als Summe aller Bundesländer, sondern eher als zehnte Landesorganisation verstehe. (Vanessa Gaigg, Wolfgang Weisgram, 17.4.2021)