Landeshauptmann Hans Peter Doskozil vor seiner Befragung im Commerzialbank-U-Ausschuss.

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Die Einlagensicherung der Banken hat wegen der Causa rund 490 Millionen Euro ausbezahlt.

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Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil soll den Ermittlern in der Causa Commerzialbank Mattersburg seine Telefondaten freiwillig übergeben, damit die feststellen können, was am 14. Juli 2020 vor der Schließung des Instituts "gelaufen" sei. Das forderte der Fraktionsführer der ÖVP im Ibiza-U-Ausschuss, Andreas Hanger, am Samstag in einer Pressekonferenz in Wien, zu der er und der burgenländische ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas eiligst eingeladen hatten.

Doskozil sei diesbezüglich "Kronzeuge" und solle per Telefondaten die Informationsflüsse von jenem Tag aufklären, an dem die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA die Schließung des Instituts veranlasst hatte. Die Frage, um die es gehe: Hat FMA-Vorstandsmitglied Helmut Ettl den Landeshauptmann an diesem Tag von sich aus angerufen und ihn von der bevorstehenden Schließung informiert oder hat sich Doskozil an ihn gewendet. Da gebe es verschiedene Darstellungen des Landeshauptmanns in Medien und beider im U-Ausschuss des Landtags in Eisenstadt, so die beiden ÖVP-Mandare.

Ermittlungen gegen FMA-Chef

Wie seit kurzem aus dem "Kurier" bekannt ist, ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaaatsanwaltschaft (WKStA) in dem Zusammenhang gegen Ettl wegen des Verdachts auf Bruch des Amtsgeheimnisses – am Samstag stellte sich heraus, dass die ÖVP vorige Woche Anzeige erstattet hatte. Man habe eine Sachverhaltsdarstellung an die Vorsitzende des Eisenstädter U-Ausschusses zur Causa Commerzialbank übergeben, erklärte Fazekas und die einander widersprechenden Aussageprotokolle von Ettl und Doskozil beigelegt. Nun wisse man "aus den Medien", dass die Behörde Ettl als Beschuldigten führe. Der hat ausrichten lassen, er kommentiere die Maßnahmen anderer Behörden nicht und für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Doskozil sei es nun den 13.500 Geschädigten aus der Bankpleite schuldig, seine Telefondaten zu übermitteln, wie es einst in einem ORF-Interview angeboten hatte, so Fazekas.

Die (nicht neue) Argumentationskette der ÖVP: Durch den "Informationsvorsprung" hätten einige Landesgesellschaften daran "gedacht", noch Geld abzuheben; die Regional Management Burgenland (RMB) habe das sogar versucht, die Überweisung ist dann aber nicht mehr durchgegangen. Der Schaden aus diesen Gedanken oder diesem Versuch? Der sei ein moralisch-politischer, wurde am Samstag erklärt. Ein der Bank nahestehender Steuerberater habe sich noch rechtzeitig Geld von seinem Sparbuch geholt; er hatte im U-Ausschuss Vorabinformationen zur bevorstehenden Schließung aber bestritten. Die ÖVP sieht ja einen "SPÖ-Skandal", Doskozil sei (wegen der Telefonate mit Ettl) "mittendrin" (Hanger). Er ortet auch tiefe Verwicklungen der Wiener SPÖ in den Skandal, weil die Wiener Wohnbaugesellschaft Gesiba 20 Millionen Euro bei der Bank verloren habe.

SPÖ weist die Vorwürfe zurück

Die SPÖ weist die Darstellungen der ÖVP und ihre Vorwürfe zurück, "die Türkisen wollen glasklare Fakten nicht zur Kenntnis nehmen und behaupten weiterhin das Gegenteil. Das ist eine bewusste und systematische Rufschädigung und hat mit Politik nichts mehr zu tun", sagte der SPÖ Fraktionsführer im U-Ausschuss zur Commerzialbank, Roland Fürst, einer Stellungnahme am Wochenende. Doskozil habe im Dezember vor dem U-Ausschuss seine Telefonkontakte offen gelegt und für alle Beobachter sei "klar gewesen, dass die Vorwürfe der Türkisen ins Leere gehen".

Verfahrensrichter Walter Pilgermair habe in seinem Abschlussbericht zum U-Ausschuss des bugenländischen Landtags aufgrund der Aussagen und Faktenlage zum Punkt Informationsfluss "unmissverständlich dargelegt, dass es keinerlei Diskrepanzen bei den Aussagen von Landeshauptmann Doskozil gibt".


Amtshilfe der FMA fürs Burgenland?

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, hat laut einem Gutachten eine andere rechtliche Interpretation der Verständigung des Landes durch die FMA als die ÖVP. Sie lautet kurz zusammengefasst so: Die FMA habe mit der kurzfristigen Information ans Land Amtshilfe geleistet. Zur Erinnerung: Der Bescheid, mit dem die FMA der Bank den weiteren Geschäftsbetrieb untersagt hatte, kam am 14. Juli kurz vor Mitternacht (wie übrigens auch der erste Bericht des STANDARD über die Schieflage der Bank), ab dem nächsten Tag standen die Kunden vor geschlossenen Filialen.

Die Einlagensicherung der Banken (die je Kunden für Einlagen von bis zu 100.000 Euro gerade stehen) hat rund 490 Millionen Euro ausbezahlt. Diese Summe hat sie inzwischen bei der Republik eingeklagt, deren Organe hätten ihre Aufsichtspflichten über die inzwischen insolvente Bank verletzt. (Renate Graber, 17.4.2021)

*Der Artikel wurde am 18. April, 10 Uhr, um die Stellungnahme der SPÖ ergänzt.