Das Karrierenetzwerk Linkedin hat vor kurzem neue Berufsbezeichnungen eingeführt, um mögliche "Lücken" im Lebenslauf durch Elternschaft oder Pflegekarenz kennzeichnen zu können. "Stay-at-home-Parent" ist jetzt genauso verfügbar wie "Mom", "Dad" und "Caretaker" sowie "Homemaker". Zudem hat ein Linkedin-Sprecher bestätigt, dass auch Pläne für ein neues Feld namens "Beschäftigungslücken" in der Schublade seien, indem Nutzerinnen und Nutzer Optionen wie "Sabbatical" oder "Elternzeit" auswählen können.

Die Plattform will damit die "Babypause" enttabuisieren. Schließlich wird Linkedin immer wieder von Personalern genutzt, um passende Kandidatinnen für offene Stellen zu finden oder Bewerbern hinterher zu recherchieren. Trotz der vielen positiven Reaktionen auf die Neuerung raten einige Personalberater und Bewerbungsexperten davon ab, diese Begriffe tatsächlich in das Karriereprofil einzutragen.

Menschen, die für die Familie ihre Erwerbsarbeit unterbrechen, werden immer noch als weniger leistungsfähig und zuverlässig wahrgenommen.
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Elternschaft im Lebenslauf

Inwiefern die Elternschaft Platz in der Bewerbung hat, kommt laut Bewerbungsexpertin Selma Kuyas ganz darauf an. "Ich sehe öfter, dass Personen ihre Kinder – manchmal sogar mit Alter und Namen – im Lebenslauf angeführt haben. Davon rate ich ab", sagt sie. Es sei eine sehr private Information, die nicht in das Anschreiben gehört. Außerdem ist der Platz im CV meist rar und sollte deshalb nur mit Informationen gefüllt sein, die auch wirklich für den angestrebten Job relevant sind.

Anders sei es wiederum bei der Angabe von Elternzeit oder Pflegekarenz: Die gehört laut Kuyas definitiv in den Lebenslauf. "Wie genau man das dann beschreibt, bleibt jedem und jeder selbst überlassen", sagt sie. Ob bloß der Zeitraum im CV genannt oder auch beschrieben wird, was man für sich selbst daraus mitnimmt, sei Geschmacksache. Gerade bei längeren Auszeiten empfiehlt die Bewerbungsexpertin jedoch, eine kurze Beschreibung in den Lebenslauf auszunehmen. "Dabei sollte man sich in sein Gegenüber hineinversetzen. Die Person soll einfach ein Gespür dafür bekommen, was einen in den letzten Jahren beschäftigt hat, und dazu kann auch die Elternzeit gehören", sagt Kuyas.

Berufstitel "Stay-at-Home-Parent"

Die Bewerbungsexpertin sieht die Berufsbezeichnung auf Linkedin jedoch ebenfalls eher kritisch. "Einerseits finde ich es total wichtig, da eine berufliche Auszeit aus verschiedenen Gründen vollkommen legitim ist. Andererseits kann das auf Recruiter abschreckend wirken", erklärt sie. Scheint die Beschreibung als neueste Station auf dem Karriereprofil auf, könnte das wie ein Signal "gerade nicht verfügbar zu sein" nach außen wirken. Der Jobtitel auf der Plattform sollte daher laut Kuyas weiterhin dem eigenen Beruf entsprechen.

"Positiv sehe ich jedoch, dass dadurch mehr über das Thema Elternschaft und Arbeit gesprochen wird. Außerdem können Lebensphasen nun auf der Plattform auch im Nachhinein richtig gekennzeichnet werden", sagt sie. Zum Beispiel wenn eine Person sich eine Auszeit für die Pflege von Angehörigen oder die Kindererziehung genommen hat, sollte hier keine Lücke bleiben müssen.

Stereotype

Forschungsergebnisse legen nahe, dass Menschen, die für die Familie ihre Erwerbsarbeit unterbrechen, immer noch als weniger leistungsfähig und zuverlässig gesehen werden – und dadurch Nachteile im Arbeitsleben entstehen. In der Wissenschaft wird dieses Phänomen als "Motherhood Penalty", zu Deutsch etwa "Mutterschaftsstrafe", bezeichnet. Stanford-Professorin und Director des Stanford VMware Women's Leadership Innovation Lab, Shelley Correll, hat dazu ebenfalls geforscht. Während sich die Angabe der Elternschaft in der Bewerbung zunächst nur für Mütter negativ auswirkte, habe sich dies über die Zeit gewandelt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Väter bei Bewerbungen im selben oder sogar größeren Ausmaß benachteiligt werden.

Correll und ihr Forschungsteam haben dafür Lebensläufe an Arbeitgeber in den USA versendet – einmal mit Angabe der Unterbrechung aufgrund der Elternschaft und einmal ohne. Das Ergebnis: Arbeitgeber ziehen bei der Bewerbung eher Personen vor, die arbeitslos sind, als jene, die für die Familie ihre Erwerbsarbeit unterbrochen haben. Die Studienautorin betont zwar, dass sich die Untersuchungsergebnisse auf den US-amerikanischen Raum beziehen und dort Elternzeit und Karenz nicht staatlich gefördert sind. Vorurteile, dass das Engagement von Eltern bei der Arbeit geringer sei, gibt es aber nicht nur in den USA. Um der "Parenthood Penalty" entgegenzuwirken, müsste sich die Auffassung, dass Personen nicht nur gute Eltern, sondern auch gute Angestellte sein können, laut Corell noch gesellschaftlich etablieren. (Anika Dang, 21.4.2021)