Anekdote. Der legendäre ORF-Generalintendant Gerd Bacher empörte sich einmal in einer Redaktionskonferenz: "Gestern ist bei der Angelobung der Regierung durch den Herrn Bundespräsidenten einer unserer Mitarbeiter als Mitglied eines mittelalterlichen Flagellantenzuges erschienen!" Der Arme, der vom Chef als Selbstgeißler zu Pestzeiten geoutet wurde, hatte lange, wallende Haare.

Das Schuhwerk des neuen Sozial- und Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Grüne).
Foto: APA/APA-POOL/ROLAND SCHLAGER

Wenn heute der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein mit hellen (Edel-)Sneakers zur Angelobung erscheint, wird höchstens debattiert, ob man noch "Turnschuhe" sagt (eher nein) und ob die Dinger "vegan" (ohne tierische Bestandteile wie Leder) sind.

Wer beim Kaiser Audienz bekam (bis zu hundert Personen pro Vormittag), hatte als Mann selbstverständlich im Frack zu erscheinen. In der (Ersten) Republik musste es dann bei feierlichen Staatsanlässen schon noch Cutaway oder Stresemann sein.

In der Zweiten Republik dominierten dunkler Anzug (Herren) und Kleines Schwarzes (Damen) bei der Angelobung, nur Wolfgang Schüssel verärgerte Thomas Klestil nicht nur wegen seiner Koalition mit Haider, sondern auch wegen des bunten Mascherls auf blauem Hemd (button-down!).

Sneakers bei der Angelobung sind ein Statement: Ich bin cool. Das einzige Kleidungsstück, bei dem es heutzutage einen Unterschied macht, ob man es trägt oder nicht, ist ohnehin die FFP2-Maske. (Hans Rauscher, 19.4.2021)