Zum Streiten geht man meist ins Hinterzimmer. Stadtchef Ludwig und Landeschef Doskozil haben dieses mittlerweile verlassen.

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Wien – Bis Ende der Woche soll die von der Bundesregierung eingerichtete Öffnungskommission, der auch Branchen-, Länder- und Gemeindevertreter angehören, einen Plan für Lockerungsschritte Mitte Mai vorlegen. Klar ist jedenfalls, dass es Öffnungen in allen Bereichen geben wird – angefangen bei der Gastronomie, im Sport aber auch in der Kultur. Das haben Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bereits nach dem gemeinsamen Gipfel mit den Landeshauptleuten betont. Alles wird aber nicht von Beginn an möglich sein, es gehe um "erste Schritte", wurde auch am Montag betont.

Aus Regierungskreisen heißt es jedenfalls, die Öffnungen sollen geografisch weitgehend einheitlich kommen. Man sei "grundsätzlich für ein geordnetes Vorgehen", dieses solle so gemeinsam wie möglich stattfinden. Etwa bei Tourismus und Gastronomie würde es schließlich Sinn ergeben, keine regionalen Unterschiede zu machen, denn sonst könnte es zu Wanderbewegungen kommen. Bei den Schulen hingegen sei das nicht der Fall, da wären weiterhin lokale Lösungen denkbar. Dennoch sollen weiterhin regionale Ausreisetestpflichten bleiben, wenn bestimmte Gebiete besonders hohe Inzidenzen aufweisen. Es soll jedenfalls zu keinen unfairen Öffnungsregeln kommen und alles so gemeinsam wie möglich erfolgen, heißt es.

Im Gesundheitsministerium will man aber noch nicht von fixen Plänen reden: Die Gespräche dazu würden auch diese Woche noch weiterlaufen, heißt es seitens einer Sprecherin. Die Lage hänge freilich stets von den Kapazitäten der Intensivstationen ab.

Bisherige Alleingänge sorgen für Unmut

Die immer weitere Zerspragelung sorgt jedenfalls langsam für schlechte Stimmung im Osten. Seitdem das Burgenland den gemeinsamen Weg der Ostregion verlassen hat, ist die Beziehung mit Wien angeknackst. Zuvor hatte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) über Wochen den Takt für alle drei Bundesländer vorgegeben. Nun entschied dessen Parteikollege Hans Peter Doskozil, auszuscheren.

Wegen der hohen Belegung der städtischen Intensivstationen verlängerte Ludwig den Lockdown zuletzt bis 2. Mai. Der Stadtchef hatte immer wieder auf die Solidarität der anderen Landeshauptleute gepocht. Doch nur die türkise Landeschefin von Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, blieb im Lockdown-Boot.

Seither ist die Stimmung zwischen den roten Landesfürsten Ludwig und Doskozil abgekühlt. Da erklärte etwa Ludwig auf der einen Seite schnippisch, dass Doskozils Solidarität offenbar beim Kanzler, der auf Öffnungen dränge, liege. Im Gegensatz dazu sei er selbst solidarisch mit den anderen Ländern und deren Bevölkerung. Denn, das rechnete Ludwig vor, etwa 20 Prozent der Patienten in Wiener Spitälern – am AKH sogar 40 Prozent – kämen nicht aus der Hauptstadt. Wien spiele nicht nur für die Wiener eine wichtige Rolle in der intensivmedizinischen Versorgung, meint der Stadtchef.

Umgekehrt hieß es am Montag wiederum aus Eisenstadt: Das Burgenland habe nur einen einzigen Covid-Intensivpatienten in die Hauptstadt gebracht. Ausschließen könne man freilich nicht, dass sich zudem Burgenländer mit Wiener Wohnsitz in Wiener Spitälern befänden.

Wie viele Gastpatienten es gibt

Aber wie viele Burgenländer liegen nun wirklich in einem Wiener Bett? 110 Burgenländer seien derzeit in einem Wiener Spital untergebracht, heißt es aus der Hauptstadt. 99 von ihnen belegen ein Normalbett, zwei davon wegen einer Corona-Erkrankung. Elf Burgenländer sind in Wien auf einer Intensivstation, eine Person davon mit Corona.

Im Burgenland wiederum befanden sich am Montag 25 Covid-Patienten auf der Intensivstation, eine Person weniger als am Vortag. 35 Intensivstationsbetten gibt es dort insgesamt für Corona-Patienten. 38 Personen waren außerdem wegen einer Corona-Erkrankung in einem burgenländischen Spital.

Doch nicht nur Wiener und Burgenländer werden in den Spitälern der Hauptstadt versorgt. Auf den Intensivstationen sind derzeit 21 Prozent der Patienten, die nicht wegen Covid behandelt werden, aus einem anderen Bundesland. Unter den Corona-Intensivpatienten sind es fünf Prozent. Insgesamt stehen in Wien 550 Intensivbetten zur Verfügung – für alle Patienten und egal, aus welchem Grund sie eine Versorgung benötigen. 215 davon wurden am Montag von Covid-Erkrankten benötigt, das sind 21 mehr als noch am Sonntag. Das heißt, dass neben der einen Person aus dem Burgenland noch zehn weitere Patienten aus anderen Bundesländern versorgt werden.

477 Normalbetten belegt

Von den Nicht-Covid-Normalbetten entfallen zwölf Prozent auf Gastpatienten, zwei Prozent der wegen Corona belegten Normalbetten sind von Nicht-Wienern besetzt. Von den 477 Corona-Betten, die in Wien derzeit belegt sind, sind das also acht, die weder aus Wien noch aus dem Burgenland kommen.

In der Hauptstadt will man auch weiterhin Gastpatienten aus anderen Ländern aufnehmen. Auch für das Burgenland steht dies außer Frage: Dass in Wien Spezial- und Universitätskliniken beheimatet sind, die für die Versorgung nicht nur Wiens da seien, heißt es in Eisenstadt, werde schließlich auch beim Finanzausgleich entsprechend berücksichtigt. (Oona Kroisleitner, Jan Michael Marchart, Gabriele Scherndl, Wolfgang Weisgram, 19.4.2021)