Die Industrie boomt und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Der Sektor dürfte besonders stark von der aufgestockten Investitionsförderung profitieren.

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Im ganzen Land laufen die Fabriken auf Hochtouren. Die Industrieproduktion in Österreich dürfte im ersten Quartal das Vorkrisenniveau überschritten haben, wie die Industriellenvereinigung (IV) am Dienstag bei der Präsentation des aktuellen Konjunkturbarometers mitteilte. Demnach sind die Produktionserwartungen der heimischen Betriebe auf dem höchsten Stand seit 2004, als der Indikator erstmals erhoben wurde. Besonders kräftig war die Erholung in der Autoindustrie und in der Chemie.

Der aktuelle Schnellindikator des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) sieht in der starken Industrie einen Grund dafür, dass der jüngste Lockdown das heimische Wachstum weniger abbremste als vergangene Schließungen – der andere Grund ist die regionale Begrenzung.

IV-Generalsekretär Christoph Neumayer führt den Boom auf mehrere Gründe zurück: "Der Höhepunkt der dritten Corona-Welle ist überschritten", damit gehe einher, dass die Regierung für Mitte Mai breite Öffnungsschritte ankündigte. Außerdem wächst die Weltwirtschaft – getragen von den USA und China – heuer nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds um sechs Prozent. Das ist der stärkste Aufschwung seit über drei Jahrzehnten.

Wie schnell es heuer gehen kann, zeigt der Vergleich mit der Finanzkrise 2008. Damals hatte sich der Welthandel erst nach zwei Jahren erholt, in der jetzigen Krise dauerte es nur vier Quartale. Davon profitieren heimische Exporteure.

Die Industrievertreter fürchten, dass der Boom den Fachkräftemangel zuspitzen wird. Daher schlägt die IV eine neue Fachkräfteagentur vor. Sie soll das bestehende Wissen aus Forschung und Praxis nutzen, um das langfristige Fachkräfteangebot zu steuern.

Sorgen bereiten der IV auch die hohen Rohstoffpreise, die keineswegs auf Spekulation, sondern auf die hohe Nachfrage zurückzuführen seien. Die EU sollte daher Abkommen mit ressourcenreichen Ländern schließen, um die Versorgung zu sichern. Wichtig wäre auch, eine Zollfreizone zwischen den USA und der EU zu etablieren. Europa verliere bereits den Anschluss an andere Weltregionen.

Lob für Comebackplan

Mit dem von der Regierung angekündigten Comebackplan zeigt man sich bei der IV zufrieden. Der Fokus auf Investitionen über eine auf fünf Milliarden Euro aufgestockte Investitionsprämie habe große Hebelwirkung. Projekte in Höhe von 22 Milliarden Euro lassen sich damit fördern. Das entspricht der zweieinhalbfachen Investitionssumme eines Jahres in der Industrie, rechnet IV-Chefökonom Christian Helmenstein vor.

Nicht alle sind so zufrieden mit dem Comebackplan der Regierung. Ob die Investitionsprämie die erhoffte Hebelwirkung entfaltet, hänge davon ab, wie viele neue Projekte dadurch entstehen, wie der Chefökonom der Arbeiterkammer, Markus Marterbauer, in der "ZiB 2" am Montag sagte. Wichtiger seien konkrete Pläne etwa für das Pflegesystem oder die Bildung.

Es stellt sich auch die Frage, ob angesichts des starken Aufschwungs derartige Konjunkturpakete überhaupt notwendig seien. Immerhin sollen nach jüngsten Schätzungen des Finanzministeriums die Schulden der Republik heuer auf knapp 90 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Die IV ist eher dafür bekannt, bei Staatsausgaben auf die Bremse zu steigen und ausgeglichene Budgets einzufordern.

Ab 2022 sollte sich die Regierung wieder um ausgeglichene Budgets kümmern, empfiehlt Helmenstein. Der Abbau der zusätzlichen Schulden wegen der Pandemie würde sich ohnehin bis 2030 ziehen. Die Investitionsprämie käme jedoch zum richtigen Zeitpunkt, um den Aufschwung anzuschieben. Weitere Maßnahmen, etwa die von der Regierung angekündigte Senkung der Körperschaftssteuer, solle man auch jetzt angehen, weil sie in der Praxis ohnehin erst in zwei bis vier Jahren greifen. Dann könnten sie den Boom verlängern, hofft man bei der IV.

Dass der staatliche Investitionsschub zu einer Überhitzung der Konjunktur führen könnte, verneint auch Josef Baumgartner, Ökonom beim Wirtschaftsforschungsinstitut. Nach einer derart tiefen Krise sei das Konjunkturpaket angebracht. Allerdings dürfe man sich nicht wundern, wenn ohnehin geplante Investitionen vorgezogen würden und in den Jahren 2023 und 2024 eine Lücke entsteht.

Außerdem würden die Hilfsgelder eher nicht jenen Unternehmen zugute kommen, die am meisten gelitten hätten, sagt Baumgartner. Denn die am härtesten getroffenen Betriebe könnten sich ohnehin keine großen Investitionen leisten. Der Comebackplan trägt damit zu einem Strukturwandel bei, der im Sinne der Ökologisierung und der Digitalisierung durchaus politisch gewollt ist.

Industrie will mitimpfen

Positiv sieht Neumayer den Fortschritt beim Impfen. Nachdem sich Industrievertreter in der Vergangenheit kritisch dazu geäußert hatten, zeigt man sich zufrieden, dass Österreich im EU-Vergleich nunmehr im oberen Drittel liege. Außerdem hätten rund 1.700 Betriebe umfangreich an den Corona-Tests teilgenommen. Im Namen der "ganzen Wirtschaft" bietet Neumayer an, dass diese Unternehmen auch für Impfkampagnen bereitstünden. Vor allem in dünner besiedelten Gegenden könnte das die Immunisierung beschleunigen. Das Gebot der Stunde sei, industrielle Schlüsselkräfte rasch zu impfen. (Leopold Stefan, 20.4.2021)