Gräfin Sophie und Prinz Edward gemeinsam mit Tochter Louise vor einem Blumenmeer für den verstorbenen Prinz Philip. Erstere beiden sollen bei der Queen hoch im Kurs stehen.

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Queen Elizabeth wird heute 95 – trotzdem wird auf Schloss Windsor nicht gefeiert.

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Obwohl heute, Mittwoch, Elizabeth Alexandra Mary Windsor die durchaus bemerkenswerte Wegmarke von 95 vollendeten Lebensjahren erreicht, wird auf Schloss Windsor nicht gefeiert. Dafür gibt es einen sehr naheliegenden Grund: Der Festtag Königin Elizabeths II fällt in die Periode royaler Trauer um Prinz Philip, ihren Mann in mehr als 73 Ehejahren, der vor zwölf Tagen 99-jährig verstarb. Dass der Queen nicht nach Böllerschüssen und Festtorten zumute ist, lässt sich leicht nachvollziehen.

Hinzu kommt eine grundsätzliche Abweichung vom Leben der Normalsterblichen: Als Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland sowie weiterer 15 Mitgliedsstaaten des Commonwealth von Australien bis Tuvalu genießt Frau Windsor das Privileg eines offiziellen Geburtstags. Er wird am zweiten Samstag im Juni begangen, wenn das wechselhafte Wetter in Südengland normalerweise Sonnenschein beschert anstatt der für Mittwoch angesagten Kühle und Bewölkung.

Der neue Familienpatriarch

Anlass zur Reflexion bieten die würdige Trauerfeier für den Prinzgemahl und der 95. Geburtstag aber allemal, wie ein Blick in die Londoner Medien verrät. Allenthalben ist dort vom Ende einer Ära die Rede. Tatsächlich ist ja auf Thronfolger Prinz Charles nicht nur – vorläufig – der Titel des Herzogs von Edinburgh übergegangen, sondern endgültig auch die Rolle als Familienpatriarch. Dass in Schloss und Familie Philip den Ton angeben würde, war zu Beginn der mittlerweile mehr als 69-jährigen Thronzeit Elizabeths Zugeständnis an ihren Mann gewesen, der all die Jahre in der Öffentlichkeit ein, zwei Schritte hinter ihr bleiben musste.

Die Öffentlichkeit dürfte die Königin in Zukunft noch seltener zu Gesicht bekommen. Auslandsreisen sowie viele offizielle Termine überlässt sie schon bisher ihrem Ältesten. Monarchin aber will die tiefreligiöse Mittneunzigerin bleiben, legte die damalige Prinzessin doch an ihrem 21. Geburtstag 1947 ein öffentliches Gelöbnis vor Gott und der Welt ab: Sie werde "mein ganzes Leben, ob es lang währt oder kurz, dem Dienst an Ihnen und an der großen imperialen Familie widmen". Das gilt.

Neben der Nummer eins der Thronfolge steht beinahe automatisch ein zweiter Mann im Mittelpunkt der Überlegungen all jener, die über die Zukunft der Monarchie spekulieren: die Nummer zwei, Charles' älterer Sohn William (38). Eine gerade außerhalb Großbritanniens gern kolportierte Spekulation, wonach die Krone direkt von der Großmutter auf den Enkel übergehen könne, hält ein erfahrener Royals-Experte für "so gut wie ausgeschlossen". Die Idee ignoriert nicht nur die Raison d'être einer Erbmonarchie, sie geht auch über die erklärten Bedürfnisse des Vaters dreier Kinder im Alter von sieben, fünf und knapp drei Jahren hinweg.

Zwei Frauen sollen bei Modernisierung helfen

Die Tage nach Prinz Philips Tod haben aber auch die zentrale Rolle zweier Frauen bei der Modernisierung der alten Institution hervorgehoben. Anders als die (überwiegend deutschen) Prinzessinnen des 18. und 19. Jahrhundert, die immer wieder frisches Blut und neue Ideen auf die Insel brachten, stammen beide aus der gutbürgerlichen englischen Mittelschicht.

Die PR-Managerin Sophie Rhys-Jones lernte 28-jährig ihren späteren Mann Prinz Edward, den jüngsten Sohn der Queen, kennen und zog alsbald bei ihm im Buckingham-Palast ein. Die 1999 geschlossene Ehe blieb, anders als jene von Edwards älteren Geschwistern, seither intakt. Von Sophie (56) wird berichtet, sie habe seit längerem eine besonders enge Beziehung zu ihren Schwiegereltern gepflegt. Mehrfach besuchte die Gräfin vergangene Woche die trauernde Königin. Die 17-jährige Tochter Louise muss bei ihrem verstorbenen Großvater in hohem Ansehen gestanden haben, jedenfalls erbt sie Philips Ponykutsche.

Prinz Edward hat schon vor Jahren das wohl wichtigste Projekt seines Vaters übernommen, nämlich das Herzog-von-Edinburgh-Abzeichen, für das Jugendliche soziale Dienste leisten oder einige Tage in wilder Natur verbringen. Mehrere Millionen junger Briten haben das System mittlerweile durchlaufen. Nach Charles' Thronbesteigung wird Edward auch den Titel des Herzogs von Edinburgh übernehmen. Innovativ wie sein Vater ist der 57-jährige eher nicht, dafür fleißig, pflichtbewusst und unauffällig – vor allem Letzteres gilt angesichts der Eskapaden seines mit Sexualverbrechern befreundeten Bruders Andrew und des in Kalifornien lebenden Neffen Harry als ausnehmend wichtige Eigenschaft.

Schweigende Kate

Es war die zweite für die Zukunft der Monarchie wichtige Frau, die nach der Trauerfeier am Samstag demonstrativ die zerstrittenen Brüder William und Harry ins Gespräch brachte: Herzogin Kate, Williams kluge Gefährtin seit den gemeinsamen Studententagen in St. Andrews. Nach dem endgültigen Megxit, besiegelt durch das explosive Interview von Harry und seiner Gattin Meghan mit der Talkshow-Celebrity Oprah Winfrey, hat die Herzogin von Cambridge eisern geschwiegen. Hingegen spielte William ausgesuchten Medien ausführliche Mitteilungen seiner Enttäuschung zu.

Solche Eskapaden muss die 39-Jährige ihrem Mann noch austreiben. Vielleicht holt sie sich dafür Tipps von der Jubilarin – den ungeduldigen Philip über die Jahre in Schach zu halten war gewiss eine von Elizabeths Lebensleistungen. (Sebastian Borger aus London, 21.4.2021)