Fabian und Kerstin arbeiten neben ihrem Masterstudium als biomedizinische Analytiker als Covid-Tester.

Foto: ORF/Neuland Film

Sie wurden vor kurzem geimpft.

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Wolfgang Mückstein wartet vor seinem Kühlschrank auf Impfdosen.

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Hier geht's zur Impfanmeldung beim Wiener Austria Center.

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Wien – "Ketchup-Effekt" oder "Licht am Ende des Tunnels": Mit Bildern wie diesen versucht die Regierung, ihre Impfstrategie positiv zu verkaufen. Tatsache aber ist, dass sich derzeit Millionen Österreicher fragen, wann sie endlich geimpft werden. Im Vergleich zu Ländern wie den USA, Israel oder auch Großbritannien geht die Immunisierung gegen das Coronavirus hierzulande nur langsam voran.

"Das Impfdesaster" nennt der ORF die "Dok 1"-Sendung am Mittwoch, um 20.15 Uhr geht Hanno Settele in ORF 1 gemeinsam mit Experten der Frage nach, wie es so weit kommen konnte, dass eines der reichsten Länder zu wenig Impfstoff hat. Und er spricht auch mit Betroffenen, mit Ärzten und mit Hochrisikopatienten über Unsicherheiten und ihre Resignation.

Am falschen Ort gespart

"Die EU hat zu lange auf den Preis geschielt. Als längst klar war, dass die Verfügbarkeit der Impfstoffe – jedenfalls zu Beginn – der Engpass sein würde, hat man noch immer den Focus auf einen möglichst günstigen Einkauf gelegt. Das war unklug. Außerdem hat man Wochen und Monate durch Verhandlungen zwischen den Mitgliedsländern verloren und zu spät bestellt", so Settele. "Österreich wiederum hat es – bis heute ohne nachvollziehbare Begründung – tatsächlich geschafft, das ihm zustehende Anfangskontingent an Impfstoffen nicht auszunützen. Zwölf EU-Länder haben von allen vier zur Verfügung stehenden Impfstoffen alles und noch mehr bestellt. Österreich ist in dieser Gruppe nicht vertreten. Die Begründung, wonach man 'ja nicht gewusst habe, welcher Impfstoff sich durchsetzen würde', ist nicht stichhaltig: Andere Länder haben voll zugegriffen, sich so gut es ging abgesichert. Wir nicht. Wir haben am falschen Ort gespart."

Lob hingegen gibt es von Settele für Österreichs Teststrategie. "Österreich ist Test-Europameister, vielleicht sogar Test-Weltmeister. Wenn ich mir etwa ansehe, wie unsere deutschen Nachbarn mit diesem Thema kämpfen und wie lange es dort dauert, bis ein flächendeckendes, gescheites System etabliert ist: Bravo, Österreich."

"Rein damit! Bitte. Danke!"

Settele selbst ist übrigens noch nicht geimpft, "ich würde in der Sekunde jeden Impfstoff nehmen, der die EU-Zulassung hat: Rein damit! Bitte. Danke!", sagt er dem STANDARD.

In der Sendung erklärt Settele zusammen mit Fachleuten die Impfstoffbeschaffung, klärt über Lieferketten auf, bespricht auch die Probleme, die aufgrund des föderalen Systems entstehen. Settele: "Ich habe Verständnis dafür, dass man bei neun Bundesländern mit neun verschiedenen Impfgeschwindigkeiten und neun verschiedenen Priorisierungen und neun verschiedenen Impfwebsites und neun verschiedenen Vorgangsweisen durcheinanderkommt und sich irgendwann sagt: 'Habt mich gern.'"

Die Impfbereitschaft generell zu erhöhen werde "wohl nicht mit salbungsvollen Worten erreicht werden können", so Settele, "es wird Druckmittel brauchen: Reisefreiheit, Teilnahme an Veranstaltungen etc. Es wird eine äußerst heftige und unschöne Debatte werden."

Einem Gesetz, wonach sich jeder und jede impfen lassen müsste, steht er skeptisch gegenüber. Settele: "Da schafft man Märtyrer, die dann vom Überwachungsstaat schwafeln und samstags mit Parolen wie 'Gegen Corona' durch die Straßen ziehen. Diese Leute finde ich ja fast schon wieder putzig: gemeinsam mit Neonazis 'gegen Corona' demonstrieren – was soll denn das überhaupt sein? Machen wir morgen eine Demo gegen Krebs, protestieren übermorgen gegen die Grippe und legen tags darauf mit unserem Protest gegen Diabetes die Wiener Ringstraße lahm?"

Sputnik, Mückstein und der leere Kühlschrank

Neben einem Unternehmer, der sich in Moskau mit Sputnik impfen ließ, einem älteren Kärntner im Rollstuhl, der sechzig Kilometer weit für seine Impfung fahren muss, und einem Ehepaar, das dringend auf einen Impftermin wartet, während die gesunde Tochter schon dran war, kommt auch der jetzige Gesundheitsminister Wolfang Mückstein (Grüne) zu Wort. Ihn hat Settele vor rund zehn Tagen noch in seiner Funktion als Arzt interviewt.

Seit Wochen kämpft er dafür, seine Patienten impfen zu dürfen, erzählt Mückstein in der Sendung, denn die Hausärzte würden die Patienten am besten kennen. In seiner Praxis wartet ein Spezialkühlschrank auf Impfstoff. Der ist leer, und diese Leere tut ihm weh. "Der sollte eigentlich gut gefüllt sein. Wir brauchen Impfdosen für unsere Patienten." (Astrid Ebenführer, 21.4.2021)