Wien – Keine fünfzig Minuten dauerte für den neuen Gesundheitsminister die Schonfrist im Nationalrat – da bekam es Wolfgang Mückstein mit FPÖ-Klubchef Herbert Kickl zu tun. Vom Rednerpult aus zerpflückte der Freiheitliche so gut wie alles an dem Newcomer: sein Äußeres, seine Gesinnung, seine Vorhaben, nichts schien tabu. Wegen der Pandemie "hätten wir jetzt einen Statesman gebraucht, einen Dressman haben wir bekommen!", ätzte der Blaue in Richtung des Grünen, und: Mücksteins Vorgänger habe für einen "Salonkommunisten" Platz gemacht.

"Da müssen wir alle zusammenarbeiten, ich werde auch Ihre Unterstützung brauchen!": Minister Mückstein appellierte an die Abgeordneten für mehr Zusammenhalt in der Pandemie.
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Mehrmals mahnte die Zweite Nationalatspräsidentin Doris Bures (SPÖ) am Mittwoch bei Kickl ein, doch die "Würde des Hauses" zu wahren – doch da nahm der bei der parlamentarischen Vorstellung Mücksteins schon dessen Ankündigungen auseinander. Weil der Allgemeinmediziner auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschrecken will, sobald es die Corona-Situation erfordert, warf der FPÖ-Klubchef "dem Herrn Neo-Minister" vor, die Politik des "bedingungslosen Einsperrens" fortzusetzen.

Zudem solle Mückstein der "Impfpropaganda" von Türkis-Grün ein Ende setzen, forderte Kickl, und: Statt des Stechens "im Fließbandmodus" solle er die Leute über die Nebenwirkungen aufklären.

Auf der Regierungsbank musste nicht nur Mückstein, sondern die gesamte türkis-grüne Riege Kickls Ausritte gegen den Neuen zunächst stoisch ertragen – und das, obwohl Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angesichts von Rudolf Anschobers Rücktritt unmittelbar davor darum gebeten hatte, dass es gelte, auch stets "den Menschen" hinter seiner Politik zu sehen.

Mückstein macht FFP2-Schutz vor

Der 46-jährige Mückstein selbst, seit Montag auch als Sozialminister angelobt, nahm Kickls hohngetränkten Vortrag sichtlich gefasst – und stellte sich den Abgeordneten auch gleich einmal als "Vater zweier Töchter" vor. Dazu versicherte er, selbst während seiner Rede mit FFP2-Schutz ausgestattet: "Auch ich will meine Freundschaften wieder pflegen. Auch ich will wieder nach Griechenland fahren." Aber, so warnte Mückstein auch: Die Pandemie sei "lange noch nicht vorbei, das ist trügerisch".

Deswegen gebe es jetzt für die Menschen nur eine Lösung – und die laute "impfen und testen". Durch seiner frühere Arbeit im Neunerhaus und beim Ganslwirt, wo Obdachlose und Drogenkranke betreut werden, sowie in der Gruppenpraxis wisse er außerdem, dass die Corona-Krise die Probleme für die Schwächsten der Gesellschaft noch verschärfe. Kinder hätten mit Schlaflosigkeit zu kämpfen, Mütter mit Verarmung, hielt Mückstein fest – deswegen trete er auch für Psychotherapie auf Krankenschein ein.

Kogler gegen Kickl

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) lobte Mückstein als "den richtigen Mann an der richtigen Stelle" – und vergaß dabei auch nicht, Anschobers Verdienste zu würdigen. Kickl schleuderte Kogler wiederum entgegen, dass der FPÖ-Klubchef und seine Fraktion "vorsätzliche Gesundheitsgefährdung" betrieben, indem sie bis heute das Tragen von Masken im Parlament verweigern. Auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer gab Kickl Saures: "Wenn Sie von Eigenverantwortung sprechen, meinen Sie Rücksichtslosigkeit!"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, deren Fraktion nun ein Maskengebot im Hohen Haus in der Verfassung verankern will, appellierte an Mückstein, den Österreichern einen konkreten Impftermin zu geben: "Das schafft Perspektive und Vertrauen." Und Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger forderte ein: "Jeder, der in die Politik geht, verdient Respekt!" – auch wenn unter Mücksteins Vorgänger "viel schiefgegangen" sei. (Nina Weißensteiner, 21.4.2021)