Ein bitterer Moment für Schalke und die Anhänger von S04.

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Gelsenkirchen – Nach dem durch das 0:1 bei Arminia Bielefeld am Dienstag besiegelten Abstieg des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 sind Spieler des Clubs von Anhängern mit Eiern beworfen worden. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit. In der Nacht hätten rund 500 bis 600 Menschen auf die Mannschaft gewartet, die von ihrem Auswärtsspiel in Bielefeld zurückkam. "Die Spieler wurden mit Eiern beworfen und verbal attackiert. Es sind Spieler weggerannt", teilte die ermittelnde Polizei mit.

Der Club hatte bereits zuvor mitgeteilt, dass bei einem "Austausch zwischen Profi-Mannschaft und Fangruppierungen Grenzen überschritten" worden seien. "Bei allem verständlichen Frust und aller nachvollziehbaren Wut über den Abstieg in die 2. Bundesliga: Der Verein wird es niemals akzeptieren, wenn die körperliche Unversehrtheit seiner Spieler und Mitarbeiter gefährdet wird. Genau das ist in der vergangenen Nacht aber durch die Handlungen von Einzelpersonen geschehen", hieß es von Club-Seite.

"Brutal enttäuscht"

Nach dem vierten Abstieg des Clubs aus der Bundesliga versicherte Coach Dimitrios Grammozis, dass sich Schalke in den verbleibenden vier Spielen "vernünftig verabschieden" werde. Danach steht der schwere Gang in die 2. Liga an. Es sei eine "bittere Stunde für alle Schalker" – vor allem für Fans und Mitarbeiter des Clubs. "Deswegen sind wir brutal enttäuscht, dass jetzt die Gewissheit da ist", betonte Grammozis. Ziel sei, eine schlagkräftige Truppe zu haben, auf die die Fans wieder stolz sein können.

13 Punkte und 18:76 Tore

Der 42-Jährige ist der fünfte Schalke-Coach dieser Saison. Nur insgesamt 13 Punkte wurden bisher geholt, beim Torverhältnis von 18:76. "Wir müssen einfach schauen, dass wir Jungs wiedergewinnen für diesen Verein, die auch das Emblem würdig tragen. Dass sie wissen, was Schalke ist. Worauf sie sich hier einlassen", sagte Grammozis. In den sozialen Medien brachten viele Schalke-Anhänger Trauer und Enttäuschung, aber auch Treue zum Revierclub und Zuversicht für bessere Zeiten zum Ausdruck.

Team-Koordinator Gerald Asamoah auf Sky: "Die Frage stellt sich, ob alle verstanden haben, für was für einen Verein sie spielen. Ich kann mir vorstellen, wie viele Schalker Fans zu Hause vor dem Fernseher sitzen und weinen. Wir haben alle enttäuscht. Das Emblem von Schalke zu tragen, bedeutet sehr viel, und die Frage stellt sich, ob alle das verstanden haben. Jeder sollte sich hinterfragen, ob er alles dafür getan hat, den Verein am Leben zu halten."

Hängende Köpfe

Auch die Spieler um Klaas-Jan Huntelaar schlichen mit hängenden Köpfen vom Platz. "Wir trauern mit unseren Fans, unseren Mitgliedern und allen Menschen, die Schalke 04 die Treue halten", sagte Sportvorstand Peter Knäbel. "Wir tun alles, um diesen Verein wieder da hinzubringen, wo er hingehört." Der Österreicher Manuel Prietl, Bielefeld-Legionär, fühlte mit den Verlierern mit: "Mir tut es für Schalke leid. Aber das ist so ein großer Club, dass sie irgendwann wieder in der Bundesliga sind."

Vereinsikone Olaf Thon forderte indes einen "radikalen Schnitt". "Aus diesem Team müssen ganz viele weg, sonst kommen wir aus diesem Strudel nicht mehr heraus. Diese Truppe ist blutleer, da ist nichts mehr rauszuholen." Für die kommende Saison glaubt Thon, als Repräsentant, Abteilungsleiter der Traditionsmannschaft und in der Sponsoren-Acquise tätig, dass es eher nur um einen Mittelfeldplatz gehen werde, meinte aber: "Ich glaube an die Kraft des Tankers Schalke 04".

Alle bisherigen – sportlichen – Abstiege Schalkes im Überblick:

1965: Schalke wurde Letzter. Bei einem DFB-Bundestag wurde aber die Aufstockung der Bundesliga beschlossen und Schalke blieb daher in der Liga. Der Revierclub feierte den Klassenverbleib auf Umwegen wie eine achte Meisterschaft, auf die Schalke bis heute wartet.

1981: 16 Jahre später ist es dann so weit: Erstmals seit 1926 spielt Schalke nicht mehr in der höchsten deutschen Spielklasse. Zuvor hatten finanzielle Probleme zum Verkauf wichtiger Spieler geführt.

1983: Nach dem direkten Wiederaufstieg misslang die Bundesliga-Rückkehr. Schalke musste in die Relegation, in der die Königsblauen an Bayer Uerdingen scheiterten.

1988: Auf Schalke regiert das Chaos. Wegen der hohen Schulden müssen viele Spieler verkauft werden. Der Plan, um Olaf Thon und Ex-Nationalkeeper Toni Schumacher eine erfolgreiche neue Mannschaft aufzubauen, misslingt. Unter Trainer Horst Franz wird Schalke abgeschlagen Letzter. Clubidol Thon wechselt nach München und auch Schumacher hat keine Lust auf Liga zwei. Sein Satz "Ich spiel' doch nicht in Meppen" geht in die deutsche Fußballgeschichte ein.

2021: Nach der Bundesliga-Rückkehr in den 1990er Jahren etablierte sich Schalke in der nationalen und erweiterten europäischen Spitze, 2019 aber rettete sich der Club nach einer verkorksten Saison nur knapp. Nach starker Hinserie 2019/2020 wähnte sich der einstige Champions-League-Dauergast im Jänner 2020 wieder auf dem Weg zurück in Richtung Königsklasse, doch es folgte ein beispielloser Absturz. In den folgenden 15 Monaten gewinnen die Königsblauen genau zwei Bundesligaspiele.

Der nach Rassismus-Vorwürfen und einem Corona-Ausbruch in seiner Fleisch-Fabrik arg umstrittene Aufsichtsratschef und langjährige Club-Patron Clemens Tönnies tritt im Sommer 2020 zurück. Wechselnde Sportvorstände wirtschaften den Kader herunter, der Club ist hoch verschuldet. Insgesamt fünf Trainer in dieser Saison können Schalke nicht vor dem vierten Bundesliga-Abstieg bewahren. (APA/dpa, 21.4.2021)