Die Kindheit ist derzeit nicht unbedingt eine unbeschwerte Zeit.

Die Kindheit ist derzeit alles andere als eine unbeschwerte Zeit. Vielen Kindern geht es nicht gut. Sie schlafen schlecht, machen sich Sorgen über die Zukunft und vermissen ihre Freundinnen und Freunde. Was ist nötig, um ihnen zu helfen? Zehn Vorschläge.

1. Kinderrecht auf Sozialkontakte

Ständig nur mit den Geschwistern oder Eltern spielen. Ab und zu Freunde treffen, aber bitte im Freien. Kaum gemeinsame Pausen auf dem Schulhof, wo man mit der besten Freundin tratschen kann. Geburtstagspartys auf Zoom. Die Pandemie ist auf Dauer zehrend und langweilig – vor allem für die Jüngsten in der Bevölkerung. Aber nicht nur das: Immer mehr spüren bereits die psychischen Folgen der Isolation. Denn soziale Kontakte sind für die Entwicklung und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen essenziell. Sie haben laut der UN-Kinderrechtskonvention auch ein Recht darauf.

Doch ohne Lobby werden sie in der Pandemiebekämpfung oft vergessen, wie Erwachsene behandelt oder müssen als Sündenbock für das Infektionsgeschehen herhalten. Bei den geplanten Lockerungen sollten Regeln für sichere soziale Kontakte von Minderjährigen mitgedacht werden, Austausch über Social Media kann das nicht ersetzen. (set)

2. Grundsicherung gegen Kinderarmut

Manche Kinder nennen es Toastbrotzeit, wenn die Eltern am Ende des Monats nicht mehr genug Geld für ausreichend Essen haben. Die Pandemie verschärft die Kinderarmut. Finanzielle Unsicherheit gehört mittlerweile zu den Top-Drei-Themen, über die sich junge Menschen Sorgen machen.

Diese Sorgen könnte ihnen eine Kindergrundsicherung, wie sie die Volkshilfe vorschlägt, nehmen. Jedes Kind und jeder Jugendliche sollte nach dem Vorschlag 200 Euro monatlich bekommen. Kinder aus Familien mit einem Jahreseinkommen von bis zu 20.000 Euro sollten mit 425 Euro zusätzlich unterstützt werden.

Damit wären alle Kinder finanziell abgesichert, egal wie viel ihre Eltern verdienen. Das bedeutet auch gesellschaftliche Teilhabe, wie ins Schwimmbad gehen zu können oder auf Schulausflüge mitzufahren. Kinder tragen die Sorgen ihrer Eltern mit. Das sollten sie aber nicht tun müssen. (ruep)

3. Ausreichend psychologische Hilfe

Wieso schlafe ich so schlecht? Werde ich das Schuljahr schaffen? Könnten sich meine Eltern trennen? Wird das Leben je wieder normal? Die Probleme der Kinder und Jugendlichen sind im vergangenen Jahr existenzieller geworden. Das bemerkt man auch bei der Beratungsstelle Rat auf Draht. Die Leiterin Birgit Satke sagt: "Es geht in den Beratungen nicht mehr so sehr um den Streit mit Freunden, sondern um Zukunftsängste, Überforderung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Depressionen."

All das sind gravierende Probleme, die besprochen und aufgearbeitet werden müssen. Dafür braucht es einerseits ein ausreichendes Angebot an Gratis-Therapieplätzen. Andererseits bräuchte jede Schule einen eigenen Beratungslehrer oder eine eigene Psychologin, die nicht nur stundenweise, sondern jederzeit für die Sorgen der Schüler erreichbar sind. Wenn sie schnell verfügbar ist, wird Hilfe eher in Anspruch genommen. (lib)

4. Organisierte IT-Nachhilfe

Seit mehr als einem Jahr lernen Schülerinnen und Schüler hauptsächlich aus der Distanz. Vieles wurde verbessert, und der Fernunterricht läuft an vielen Schulen bereits sehr routiniert. Dennoch hat noch immer nicht jedes Kind die passende Hardware dafür. Mit dem Schuljahr 2021/22 soll sich das zwar ändern, dann sollen alle Schüler der fünften Schulstufe (im ersten Jahr auch der sechsten Schulstufe) ein mobiles Endgerät erhalten.

Doch der Laptop oder das Tablet sind nur die Grundausstattung. Schüler müssen auch wissen, wie sie mit diesen Geräten umgehen – wie die Programme funktionieren, was zu tun ist, wenn einmal nichts mehr geht, wie man eine ordentliche Struktur aufbaut, damit man seine Dokumente auch wieder findet. Hier gibt es oft noch Lücken, die derzeit von engagierten Lehrkräften geschlossen werden. Auf Dauer funktioniert das aber nicht. Schulen brauchen dafür mehr Kapazitäten. (ost)

5. Schulnoten müssen weg

Selbstständig den Lernstoff erarbeiten, digitale Tools nutzen, Schularbeiten auch einmal spontan schreiben, weil sie zum dritten Mal verschoben wurden. Das alles haben die Schülerinnen und Schüler seit März 2020 gelernt.

Diese Fähigkeiten werden sie in Zukunft auch gebrauchen können. Viele von ihnen schlagen sich gut durch, ohne adäquate digitale Ausstattung, ohne sich auf die Hilfe ihrer arbeitenden Eltern verlassen zu können, mit lärmenden Geschwistern im Hintergrund und überforderten Lehrern auf der anderen Seite des Bildschirms.

Dass die Leistung, wenn man sie mit herkömmlichen Methoden misst, nun gesunken sein soll, ist kein Wunder. Die Kinder und Jugendlichen in dieser außergewöhnlichen Situation mit schlechten Noten oder gar mit "Durchfallenlassen" zu bestrafen, ist äußerst ungerecht. Jetzt wäre vielmehr die Chance, das veraltete Notensystem ein für alle Mal abzuschaffen. Es taugt schon lange nicht mehr. (os)

6. Impfungen für Kinder

Zum Glück erkranken bei uns nur vergleichsweise wenige Kinder schwer an Covid-19. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei etwa eins zu 1000, wie Volker Strenger von der Med-Uni Graz, ein Spezialist für Viruserkrankungen bei Kindern, erklärt. In Brasilien hingegen sind schon 1300 Kleinkinder an Corona gestorben, was auch an der schlechten medizinischen Versorgung liegt.

Eine Impfung gegen Covid-19 auch für Kinder könnte solche schweren Verläufe verhindern. Sie würde aber auch helfen, viele Einschränkungen für Kinder im Kindergarten und in der Schule lockern zu können. Bis jetzt können nur Jugendliche ab 16 geimpft werden. Vermutlich werden aber schon im Herbst Impfstoffe für junge Menschen ab zwölf Jahren verfügbar sein. Die Tests dazu sind schon sehr weit fortgeschritten. Und für das erste Halbjahr 2022 wird dann auch damit gerechnet, dass Kinder aller Altersgruppen gegen Covid-19 geimpft werden können. (tasch)

7. Vereins-Mitgliedschaften vergünstigen

Was paktiert und von der Regierung sogar schon angekündigt ist, kann dennoch auf sich warten lassen. Der "Sportscheck" mag das untermauern. Neun Millionen Euro soll er schwer sein und möglichst bald einem Teil der 15.000 Sportvereine helfen, ihre Mitgliederzahlen zu halten und vielleicht sogar neue Mitglieder anzuwerben.

So sollen vor allem Eltern unterstützt werden, die es sich ansonsten nur schwer leisten können, den Nachwuchs im Sportverein anzumelden. Auch steuerlich könnte der Hebel angesetzt werden, im besten Fall ließe sich der Mitgliedsbeitrag in einem Sportverein zur Gänze absetzen, im zweitbesten Fall wenigstens ein Teil davon.

Kinder brauchen Bewegung, der Lockdown samt Schließung von Sportvereinen hat Bewegungshungrige monatelang eingeschränkt. Die allermeisten Infektionen finden indoor statt – höchste Zeit, dass Bewegung im Freien forciert und nicht erschwert wird. (fri)

8. Theaterbühnen für Kinder öffnen

Junge Menschen, insbesondere Kinder, leiden am meisten unter dem Verlust sozialer Kontakte und Erfahrungen, heißt es immer wieder. Das Theater bietet durch sein Identifikationspotenzial und seine Liveness seit jeher die Möglichkeit zu Begegnungen auf Distanz. Niemand im Publikum muss Romeo küssen, und dennoch geschieht es leibhaftig vor einem und mit allem Thrill. Gerade in Zeiten einer Pandemie und der überbordenden Verfrachtung des Lebens ins Digitale wäre es für Kinder wichtig, das Menschsein zu thematisieren und es – wenn auch nur im Spiel – auf die Probe stellen zu können.

Sämtliche Theaterhäuser für junges Publikum haben Sicherheitskonzepte, die einen streng geordneten und den gesundheitlichen Geboten entsprechenden Ablauf eines Theaterbesuchs ermöglichen – zum Teil mit aufgestocktem Personal. Mit einem Theatergutschein pro Kind könnte der Bund ein Signal setzen. (afze)

9. Gratis-Eintritt in den Zoo

Die Möglichkeiten, sich von seinen Sorgen abzulenken, Spaß zu haben, Neues zu erleben, waren in den letzten Monaten rar. Gerade kleine Kinder haben die zahllosen Spaziergänge schon satt und sehnen sich nach Abwechslung. Zoos sind vergleichsweise sichere Ausflugsziele. Im Tiergarten Schönbrunn beispielsweise gilt auf dem gesamten Gelände eine FFP2-Masken-Pflicht für Erwachsene. Es darf auch nur eine gewisse Anzahl an Besucherinnen und Besuchern gleichzeitig rein, so ist ein ausreichender Abstand garantiert.

Das Problem ist nur: Ein Zoobesuch ist meist eine teure Angelegenheit. Gerade für Familien mit mehreren Kindern sind Eintrittspreise von teilweise zehn Euro plus kaum zu berappen. Der Bund könnte daher Gutscheine an alle Kinder vergeben. Damit wäre gleichzeitig auch den Zoos geholfen. Ihnen sind in der Zeit der Lockdowns viele Einnahmen entgangen. (lib)

10. Platz für Treffen im Freien

Din Salzburg treffen sich Jugendliche bereits auf den Dächern der Stadt. Wohl aus Angst, entdeckt zu werden, wenn sie ihre Freunde sehen. Wobei gerade das Treffen im Freien verantwortungsvoller ist, als sich in einem Partykeller zu verschanzen.

Um jungen Leuten genau das zu ermöglichen, braucht es Platz im Freien für Kinder und Jugendliche. Nicht umsonst sind an einem schönen Tag überall die Spielplätze heillos überfüllt. Es fehlt an Raum für ein Zusammenkommen im Freien. Die Städte sollten hier besonders heuer viel flexibler sein.

In Bern, der Hauptstadt der Schweiz, wurden bereits vor der Corona-Pandemie temporäre Straßensperren für den motorisierten Verkehr in Wohnquartieren ermöglicht. Statt parkender Autos finden dort dann Straßenfeste, Spiellandschaften oder Plantschbecken ihren Platz. Das sollten sich österreichische Städte zum Vorbild nehmen, um Raum zu schaffen für Begegnungen. (ruep)